Eine Pflegekraft betreut drei Covid-19-Patienten
In einigen Häusern wird die Regelversorgung bereits zurückgefahren - nicht wegen der Betten, sondern wegen des Personals. Denn hier droht der eigentliche Engpass, der vermieden werden muss, sagt der Präsident der Deutschen Interdisziplinären Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (Divi), Uwe Janssens. Er geht davon aus, dass bereits jetzt bundesweit 3500 bis 4000 Fachkräfte in der Intensivpflege fehlen. Viele der Zusatzbetten könnten gar nicht belegt werden, weil es das Personal nicht gebe, um die Patienten zu versorgen.
Auf Yeters Station betreut jede Krankenschwester und jeder Pfleger schon jetzt pro Schicht drei Covid-19-Patienten. Sie müssen große Perfusorspritzen mit Arzneien aufziehen, die dann über Schläuche verabreicht werden. Sie bedienen Pumpen und Maschinen, dokumentieren, lagern und pflegen. Das alles in kompletter Schutzmontur. Stunden vergehen bis die kleine Zinkglocke am Stützpunkt in der Mitte des Flurs das Team zusammenruft. Danach geht es weiter. Oft mehr als zehn Stunden am Tag.
Intensivstation ist abgeschirmte Gesellschaft an vorderster Corona-Front
Wieder klingelt das tragbare Telefon, das Yeter am Revers ihres blauen kurzärmeligen Oberteils festgesteckt hat. Dutzende Male am Tag spielt das Gerät die perlende Melodie, mal ist die Pforte dran, mal die Medizintechnik oder der OP. Sehr oft rufen auch Angehörige an, die wegen des Besuchsverbots nicht auf die Station kommen dürfen. Für sie ist auch ein psychosozialer Betreuer da. Er tröstet, er macht Mut, aber nicht selten muss er auch die bittere Nachricht überbringen, dass die Therapie nun abgesetzt werden muss. Denn bei Sterbenden macht die Klinik Ausnahmen vom Besuchsverbot. Allerdings nur für die engsten Angehörigen.
Durch das Verbot soll auch das Risiko von Infektionen so gering wie möglich gehalten werden. Die Station ist eine abgeschirmte Gesellschaft an vorderster Corona-Front. Aus ihr kommt nichts hinaus, das nicht desinfiziert wurde - das gilt für die weißen Medizinersöckchen und die FFP2-Masken, für Schutzbrillen und Papierblöcke genauso wie für Schläuche, Latexhandschuhe und Hosen, für Plastiklatschen und die grünen Häubchen, die die Haare abdecken. "Man muss immer im Hinterkopf haben, dass das Virus überall anhaften kann", sagt Yeter.
Hoffnungsschimmer ist Corona-Impstoff
Ihre Hoffnung am Ende des Tages? Der Impfstoff. "An irgendetwas muss man ja glauben", sagt Ayse Yeter. Sie lächelt tapfer und wird dann schlagartig ernst. Nach Stunden am Bett todkranker Menschen, nach der Arbeit zwischen Dienstplänen und Schläuchen, nach dem Anblick kraftloser Körper macht sie vor allem eines wütend: Die Leichtfertigkeit, mit der Zehntausende nach wie vor dem Virus begegnen. "Die Querdenker, die Skeptiker, die Kritiker. Die sollen mal einen Tag kommen und sich anschauen, was sich hier abspielt."





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