
Laut Gewerkschaft Verdi wurde eine rechtswidrige, einseitige Dienstverpflichtung ausgesprochen, bei Streikteilnahme mit Kündigung gedroht und eine Streikbruchprämie ausgelobt. Verdi verurteilte die Maßnahmen als illegale Einschüchterungsversuche. Jens Havemann, Verdi-Sprecher: „Die einseitig von Asklepios erlassene Notdienstverpflichtung ist unzulässig! Das Streikrecht gilt für jeden Beschäftigten! Wenn die Gewerkschaft zum Streik aufruft, ist das Weisungsrecht des Arbeitgebers außer Kraft gesetzt. Die Anweisung von Asklepios ist somit unzulässig. Keiner muss der Anweisung folgen!“
Asklepios teilt mit, das die Notdienstverpflichtung eingehalten wurde, und eine grundlegende Versorgung jederzeit sichergestellt war. Die Streiktage seien ruhig und geordnet verlaufen, am Freitag hätten weniger Mitarbeiter teilgenommen als am Mittwoch.
Zur früheren Kritik von Verdi nahm jetzt Klinikgeschäftsführer Sebastian von der Haar Stellung: „Selbstverständlich haben wir stets alle gesetzlichen vorgegebenen Streik-Abläufe als Arbeitgeber eingehalten, Verdi hatte unsere Notdienstvereinbarung aber zuvor nicht akzeptiert. Daher mussten wir eine Notdienstverpflichtung erlassen, um die Patientensicherheit weiter zu gewährleisten.“ Und weiter: „Betonen möchten wir, dass sich unsere Notdienstverpflichtung bis auf die Intensivstation sowie der Therapie in der Reha mit der von Verdi deckte.“
Jens Havemann: „Die Verdi Streikleitung hat am vergangenen Freitag mit ärztlich Verantwortlichen und den Therapieleitungen eine Notdienstbesetzung abgestimmt und vereinbart. Diese ist verantwortungsvoll und sichert die Patientenversorgung. Die Geschäftsführung will dieser nicht zustimmen, weil die Kostenträger mit wirtschaftlichen Konsequenzen drohen. Hinweise oder Vorgaben der Kostenträger zu einer Patientengefährdung gibt es nicht. Es geht Asklepios allein ums Geld!“
Als „Skandal erster Güte“ wurde der Versuch von Asklepios bezeichnet, die Beschäftigten in ihren Grundrechten einzuschränken: Die Androhung von rechtlichen Konsequenzen bis hin zu einer fristlosen Kündigung widerspräche dem Grundgesetz und sei deshalb völlig haltlos, so Havemann.
Sebastian von der Haar zu den arbeitsrechtlichen Androhungen bei der Streikteilnahme: „Dies entspricht nicht der Wahrheit. Wir halten uns an das geltende Streikrecht und sehen den Streik als solchen als legitimes und hohes Gut in unserem Land an. Die Signale der Mitarbeiter nehmen wir sehr wohl wahr und sind in vielen Gesprächen mit ihnen, um unsere Sicht zu erläutern. Aus den oben genannten Punkten haben wir zum Wohle der Patienten die Notdienstverpflichtung ausgesprochen. Ver.di kann alles fordern und trägt hierbei keine Konsequenz und schon gar nicht die Verantwortung für die Patientenversorgung. Diese liegt organisatorisch bei uns als Geschäftsführung, im Alltag bei unseren Kollegen auf Station. Daher sind wir in der Pflicht, die Versorgung sicherzustellen und haben daher eine Notdienstbesetzung in Absprache zwischen therapeutischer, pflegerischer und ärztlicher Leitung erstellt und die entsprechende Verpflichtung erlassen. Einen Bruch durch Nichterscheinen sehen wir als Patientengefährdung an, dies müssen wir entsprechend ahnden. Dies unterscheidet sich
nicht wesentlich von einem nicht entschuldigten Fehlen im Alltag ohne Streiksituation.“
Die Klinikgeschäftsführung stehe für Gespräche mit dem Betriebsrat jederzeit bereit.
Was ist geplant?
Die Streiks bei Asklepios in Seesen gehen diese Woche weiter. Die Gewerkschaft Verdi hat die Beschäftigten für Mittwoch und Freitag erneut aufgerufen, ganztägig die Arbeit nieder zu legen. Da Asklepios seine Blockadehaltung weiter fortsetzt, sind die Beschäftigten zu diesem Schritt gezwungen, heißt es in der Pressemitteilung der Gewerkschaft. Verdi rechnet erneut mit einer hohen Streikteilnahme.
Am Mittwoch versammeln sich die Beschäftigten zu einem Demonstrationszug durch die Innenstadt mit anschließender Kundgebung auf dem Rathausvorplatz. Die Kundgebung wird ca. um 10:45 Uhr beginnen. Themen werden unter anderem die von Asklepios geplante Ausgründung des Therapiebereichs, die wirtschaftlichen Auswirkungen des Streiks und Streikvorbereitungen in anderen Kliniken des Konzerns sein.
Streit um Notdienstvereinbarung
Aufgrund der wirtschaftlichen Auswirkungen reagiert Asklepios aggressiv auf die Streikankündigung. Im Gegensatz zu vorherigen Streiks ist der Konzern nicht bereit, eine verantwortliche Notdienstvereinbarung mit der Gewerkschaft Verdi abzuschließen. Die Verdi-Streikleitung (im Wesentlichen bestehend aus langjährigem pflegerischen Fachpersonal aus der Klinik) hatte schon am Freitag mit ärztlich Verantwortlichen und den Therapieleitungen eine verantwortliche Besetzung für die Streiktage besprochen, abgestimmt und vereinbart. Die Geschäftsführung kritisierte aber diese geplante Besetzung scharf - aufgrund der wirtschaftlichen Folgen für die Klinik.
Vorwurf Asklepios: Streikablauf nicht eingehalten
Strittig ist zwischen Streikleitung und Asklepios die Mindestbesetzung sowohl in Therapiebereichen als auch auf der Intensivstation. Asklepios beruft sich dabei auf angebliche gesetzliche Mindestbesetzungen. Havemann dazu: „Bei den gesetzlichen Vorgaben handelt es sich um zu erreichende Durchschnittswerte. Die in der von uns vorgeschlagenen Notdienstvereinbarung festgesetzte Besetzung wird regelmäßig genauso von der Klinik umgesetzt. Asklepios lässt im Normallfall also regelmäßig eine solche Besetzung zu, deswegen muss sie auch im Notdienst beim Streik ausreichen! In der Vergangenheit wurde diese Besetzung in Notdienstvereinbarungen auch akzeptiert.“
Zudem stellt Asklepios in den Raum, dass Verdi angeblich im letzten Streik den Ablauf nicht eingehalten habe und aufgrund dessen nur durch massiven Einsatz der Kollegen vor Ort eine Patientengefährdung verhindert werden konnte. Auch dieser Vorwurf geht laut Verdi völlig ins Leere. In der Streikauswertung stellte sich heraus, dass Asklepios offensichtlich nicht notwendige Vorkehrungen getroffen hatte, um z.B. explizit zum Ersatz-Notdienst eingeteilte Beschäftigte im Notfall auch zu erreichen. Havemann: „Dafür, dass aufgrund dieses Versäumnisses von Asklepios zusätzliche Risiken entstanden sind, kann nun wirklich nicht Verdi verantwortlich gemacht werden.“





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