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NormalisierungKliniken dürfen wieder mehr planbare Eingriffe durchführen

Die Corona-Pandemie fordert deutsche Kliniken weniger heraus als befürchtet. Deswegen öffnet Rheinland-Pfalz nun die Behandlungsmöglichkeiten. Gesundheitsminister Spahn hält das bundesweit für sinnvoll.

Chirurgie
Xixinxing/stock.adobe.com
Symbolfoto

Rheinland-Pfalz lockert die Corona-Regelungen für Krankenhäuser und erlaubt wieder mehr planbare Behandlungen im normalen Tagesgeschäft. Eine entsprechende Landesverordnung tritt am heutigen Mittwoch, den 29. April, in Kraft, wie das Gesundheitsministerium in Mainz am Dienstag mitteilte. Zum einen sollen dadurch die Wartezeiten auf planbare Eingriffe für die Patienten verringert werden. Zum anderen solle die Auslastung der Krankenhäuser verbessert und die wirtschaftliche Grundlage der Kliniken im Bundesland gestärkt werden, erklärte Ministerin Sabine Bätzing-Lichtenthäler (SPD). Die Krankenhäuser müssten aber weiter in der Lage sein, einen möglichen stärkeren Anstieg der Covid-19-Erkrankungen zu bewältigen und insbesondere intensivpflichtige Patienten unmittelbar zu behandeln.

Die Zahl der mit dem neuartigen Coronavirus infizierten Patienten war nach Angaben des Ministeriums zuletzt „relativ gering“. Dadurch blieb ein Großteil der stationären Behandlungskapazitäten ungenutzt. Derzeit sind von 909 invasiven Beatmungsbetten nur 64 belegt. Durch das Verschieben von Operationen, um Kapazitäten für Corona-Patienten freizuhalten, stehen Betten leer. Damit sind Einnahmenverluste für die Häuser verbunden.

„Langsam und vorsichtig“

Zuvor hatte bereits die Krankenhausgesellschaft mitgeteilt, dass die Kliniken in Rheinland-Pfalz wieder in der Lage seien, „langsam und vorsichtig“ zum Normalbetrieb zurückzukehren. Verschobene Operationen könnten nachgeholt werden, denn die Krankenhäuser seien fähig, kurzfristig wieder freie Kapazitäten zu schaffen, wenn es mehr Corona-Patienten gebe, sagte der Vorsitzende der Krankenhausgesellschaft, Bernd Decker, am Dienstag in einer Videoschalte des Gesundheitsausschusses des Landtags. Die Verschiebung nicht so dringender Operationen gehe finanziell nicht zu Lasten der Krankenhäuser, hieß es in Mainz. Das Land habe daher beim Bund seit 16. März Ausgleichszahlungen in Höhe von insgesamt 160 Millionen Euro beantragt.

Der Präsident der Pflegekammer, Markus Mai, forderte in der Anhörung regelhafte Tests der Mitarbeiter, Bewohner und Patienten. Die Tests würden zwar ausgeweitet und die Kriterien seien nach den Empfehlungen des Robert Koch-Instituts auch verändert worden, sagte die Ministerin daraufhin. „Massentests ohne jeglichen Anlass sind aber nicht zielführend.“ Die Landesregierung werde in der kommenden Woche ein Test-Konzept insbesondere für besonders gefährdete Menschen vorstellen.

Spahns Öffnungskonzept

In den deutschen Kliniken sollen nach wochenlanger Notpause wegen der Corona-Krise wieder mehr Operationen und andere wichtige Behandlungen starten. Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) legte am Dienstag Empfehlungen an die Länder vor, damit ab Mai weniger Kapazitäten für Corona-Patienten freigehalten werden müssen. Die Deutsche Krankenhausgesellschaft begrüßte eine solche schrittweise Öffnung, mahnte aber eine praktikable Umsetzung an. Kliniken hatten mit Sorge beobachtet, dass zuletzt etwa auch weniger Patienten wegen Herzinfarkten oder Schlaganfällen kamen. Spahn sagte in Hannover, es gelte weiterhin Vorsorge zu betreiben, aber auch einen neuen Alltag für die Kliniken zu definieren.

Er hatte angesichts einer langsameren Virus-Ausbreitung Mitte April bereits Schritte zu einem Normalbetrieb angekündigt. Eine dauerhafte Priorisierung nur einer bestimmten Patientengruppe unter Ausschluss anderer Gruppen sei wegen des Gleichheitsgrundsatzes nicht zu rechtfertigen, heißt es nun in einem Konzeptpapier. Die Grünen mahnten aber ausreichende Kapazitäten für eine mögliche weitere Infektionswelle an. Die Linke warnte vor einem Normalbetrieb in Kliniken auf dem Rücken der Beschäftigten.

72 Stunden Reaktionszeit

Bis auf weiteres sollen Kliniken noch 25 Prozent ihrer Intensivbetten für Corona-Patienten freihalten - zuletzt waren es generell bis zu 50 Prozent. Die OP-Kapazität kann demnach im ersten Schritt zu 70 Prozent für nicht direkt zwingende Eingriffe geöffnet werden. Die Kliniken sollten aber in der Lage sein, „je nach Pandemieverlauf innerhalb von 72 Stunden weitere Intensiv- und Beatmungskapazitäten zu organisieren“, heißt es in dem Papier. Die Häuser sollen dann weitere Planungen erarbeiten, wie die allgemeine OP-Kapazität alle zwei Wochen schrittweise weiter erhöht werden kann. Dabei sollen sie aber die aktuelle Infektionslage im Blick behalten.

In jedem Krankenhaus soll ein Team aus Ärzten aller Disziplinen, Anästhesisten und der Pflege über die vorzunehmenden OPs entscheiden - diese Planung sollte von Woche zu Woche erfolgen, heißt es in Spahns Konzept. Empfohlen wird außerdem, vor der Aufnahme im Krankenhaus jeden Patienten auf das Coronavirus zu testen und auch auf ein Infektionsrisiko im Krankenhaus hinzuweisen. Den Ländern wird empfohlen - wenn noch nicht vorhanden - regionale Konzepte für die Versorgung zu entwickeln. Dafür könnte es möglich sein, Krankenhäuser zu benennen, in denen vorrangig Corona-Patienten behandelt werden.

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