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Klinik-SpezialisierungNRW Krankenhausplan blickt nicht mehr zentral auf Bettenanzahl

Die Kliniken in Nordrhein-Westfalen sollen sich künftig auf bestimmte Leistungen spezialisieren. So sieht es die Krankenhausplanung vor, die von Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) und Krankenhäuser- sowie Ärztekammervertretern am 20.8.2021 vorstellt wurde.

Eingang Krankenhaus
Robert Kneschke/stock.adobe.com
Symbolfoto

Dem bevölkerungsreichsten Bundesland Nordrhein-Westfalen (NRW) steht eine tiefgreifende Krankenhausreform im bevor. Ihre Grundzüge wurden nun von Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) und Vertretern von Krankenhäusern, Ärztekammern und Krankenkassen vorgestellt. Im Fokus stehen mehr Bedarfs-, mehr Qualitäts- und Patientenorientierung.

Künftig soll nicht mehr die Bettenzahl das zentrale Planungsinstrument sein. Vielmehr wird zur Ermittlung des stationären Bedarfs die jährliche Fallzahl je medizinischer Leistung, etwa bei Hüft- und Knie-Prothesen, Organtransplantationen oder Geburtshilfe herangezogen. NRW wird das erste Bundesland mit einem solchen Modell, das die Krankenhausstruktur künftig differenziert über Leistungsbereiche und Leistungsgruppen organisiert.

Kooperation statt Konkurenz

In einigen Regionen in NRW gebe es eine Überversorgung und einen Konkurrenzkampf zwischen Kliniken, ländliche Regionen seien dagegen teils unterversorgt, sagte Laumann. Die flächendeckende Versorgung müsse aber weiterhin gesichert sein. Die Krankenhausgesellschaft NRW schließt nicht aus, dass der neue Plan «im konkreten Einzelfall» zu Schließungen einzelner Abteilungen oder Standorte führen könnte.

Dem Präsidenten der Ärztekammer Westfalen-Lippe, Dr. Hans-Albert Gehle, ist dabei Kooperation zwischen Kliniken wichtig. Er begrüßt, dass die künftige Krankenhausplanung detaillierter sein soll als bisher. „Sinnvolle Spezialisierung in gemeinsamer Absprache statt alle machen Alles! Genau dieses ist im Sinne der Patienten. Der neue Krankenhausplan bietet eine Grundlage dafür, wohnortnahe Grundversorgung auf der einen Seite und sinnvolle Spezialisierung auf der anderen Seite gerade auf regionaler Ebene wieder in Einklang zu bringen.“

Für über 90 Prozent der Bevölkerung soll in NRW ein Krankenhaus innerhalb von 20 Autominuten erreichbar sein. Der Plan schreibt auch vor, dass Intensivmedizin flächendeckend vorgehalten werden muss. „Die heute verlässliche, wohnortnahe und qualitativ hochwertige Gesundheitsversorgung abzusichern, muss das Ziel bleiben“, sagt der Präsident der Krankenhausgesellschaft Nordrhein-Westfalen (KGNW), Jochen Brink. In den neuen Krankenhausplan fließen auch die Erfahrungen der Corona-Pandemie ein. Künftig werden Abteilungen für Lungenheilkunde, die in der Pandemie eine wichtige Rolle spielten, wieder im Krankenhausplan verankert.

Auch die Frage der fehlenden Pflegekräfte wird in der Planung angesprochen: „Bereits seit Jahren fehlen Pflegekräfte in den Krankenhäusern. Das geht zu Lasten der Patienten. Um die weiterhin knappen Personalressourcen stärker in der Pflege einzusetzen, ist es erforderlich, die Versorgungangebote da, wo es möglich ist, an den Krankenhäusern zu bündeln. Die Krankenhausplanung in Nordrhein-Westfalen muss deshalb klare Weichenstellungen vornehmen“, so Dirk Ruiss, Leiter der vdek-Landesvertretung Nordrhein-Westfalen.

Konkret weist der Plan Leistungsbereiche und Leistungsgruppen aus, die die medizinischen Fachgebiete wie etwa Allgemeine Innere Medizin, Kardiologie, Onkologie oder Orthopädie abbilden, sowie auch konkrete Unterdisziplinen wie zum Beispiel Stammzellentransplantation oder Hüft- und Wirbelsäulen-OPs. Für jede Disziplin werden einheitliche und überprüfbare Qualitätsvorgaben vorgegeben.

Die regionale Planung für die Reform soll Anfang 2022 beginnen.

Hintergrund

Mit dem neuen Krankenhausplan soll eine differenzierte Planungssystematik eingeführt werden, die effektive Steuerung, Transparenz und Qualität verbindet. Es werden künftig sogenannte Leistungsbereiche und Leistungsgruppen ausgewiesen, die die medizinischen Fachgebiete und Unterdisziplinen abbilden. Das neue Planungssystem führt einheitliche und überprüfbare Qualitätsvorgaben je Versorgungsangebot für alle Krankenhäuser ein.

Die Krankenhausplanung wird nicht mehr wie bislang vorrangig die „starre Plangröße Bett” zu Grunde legen, sondern von den tatsächlichen Fallzahlen in den verschiedenen Leistungsbereichen ausgehen. Damit orientiert sich die Krankenhausplanung stärker als bisher am tatsächlichen Versorgungsgeschehen.
 
In den neuen Krankenhausplan fließen zudem auch die Erfahrungen der Corona-Pandemie ein: Der Plan schreibt die flächendeckende Vorhaltung der Intensivmedizin fest. Künftig werden außerdem auch Abteilungen für Lungenheilkunde, die in der Pandemie eine besondere Rolle gespielt haben, wieder im Krankenhausplan ausgewiesen.
 
Die finale Beratung des neuen Krankenhausplans im Landesausschuss für Krankenhausplanung wird in den nächsten Wochen erfolgen. Im Anschluss wird der Entwurf des neuen Plans im Herbst im Landtag dem Ausschuss für Arbeit, Gesundheit und Soziales vorgelegt. Anschließend kann der neue Krankenhausplan in Kraft treten, woraufhin die Landesregierung das Ziel verfolgt, dann Anfang nächsten Jahres auch die nötigen regionalen Planungsverfahren anstoßen zu können.

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