
Dem bevölkerungsreichsten Bundesland Nordrhein-Westfalen (NRW) steht eine tiefgreifende Krankenhausreform im bevor. Ihre Grundzüge wurden nun von Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) und Vertretern von Krankenhäusern, Ärztekammern und Krankenkassen vorgestellt. Im Fokus stehen mehr Bedarfs-, mehr Qualitäts- und Patientenorientierung.
Künftig soll nicht mehr die Bettenzahl das zentrale Planungsinstrument sein. Vielmehr wird zur Ermittlung des stationären Bedarfs die jährliche Fallzahl je medizinischer Leistung, etwa bei Hüft- und Knie-Prothesen, Organtransplantationen oder Geburtshilfe herangezogen. NRW wird das erste Bundesland mit einem solchen Modell, das die Krankenhausstruktur künftig differenziert über Leistungsbereiche und Leistungsgruppen organisiert.
Kooperation statt Konkurenz
In einigen Regionen in NRW gebe es eine Überversorgung und einen Konkurrenzkampf zwischen Kliniken, ländliche Regionen seien dagegen teils unterversorgt, sagte Laumann. Die flächendeckende Versorgung müsse aber weiterhin gesichert sein. Die Krankenhausgesellschaft NRW schließt nicht aus, dass der neue Plan «im konkreten Einzelfall» zu Schließungen einzelner Abteilungen oder Standorte führen könnte.
Dem Präsidenten der Ärztekammer Westfalen-Lippe, Dr. Hans-Albert Gehle, ist dabei Kooperation zwischen Kliniken wichtig. Er begrüßt, dass die künftige Krankenhausplanung detaillierter sein soll als bisher. „Sinnvolle Spezialisierung in gemeinsamer Absprache statt alle machen Alles! Genau dieses ist im Sinne der Patienten. Der neue Krankenhausplan bietet eine Grundlage dafür, wohnortnahe Grundversorgung auf der einen Seite und sinnvolle Spezialisierung auf der anderen Seite gerade auf regionaler Ebene wieder in Einklang zu bringen.“
Für über 90 Prozent der Bevölkerung soll in NRW ein Krankenhaus innerhalb von 20 Autominuten erreichbar sein. Der Plan schreibt auch vor, dass Intensivmedizin flächendeckend vorgehalten werden muss. „Die heute verlässliche, wohnortnahe und qualitativ hochwertige Gesundheitsversorgung abzusichern, muss das Ziel bleiben“, sagt der Präsident der Krankenhausgesellschaft Nordrhein-Westfalen (KGNW), Jochen Brink. In den neuen Krankenhausplan fließen auch die Erfahrungen der Corona-Pandemie ein. Künftig werden Abteilungen für Lungenheilkunde, die in der Pandemie eine wichtige Rolle spielten, wieder im Krankenhausplan verankert.
Auch die Frage der fehlenden Pflegekräfte wird in der Planung angesprochen: „Bereits seit Jahren fehlen Pflegekräfte in den Krankenhäusern. Das geht zu Lasten der Patienten. Um die weiterhin knappen Personalressourcen stärker in der Pflege einzusetzen, ist es erforderlich, die Versorgungangebote da, wo es möglich ist, an den Krankenhäusern zu bündeln. Die Krankenhausplanung in Nordrhein-Westfalen muss deshalb klare Weichenstellungen vornehmen“, so Dirk Ruiss, Leiter der vdek-Landesvertretung Nordrhein-Westfalen.
Konkret weist der Plan Leistungsbereiche und Leistungsgruppen aus, die die medizinischen Fachgebiete wie etwa Allgemeine Innere Medizin, Kardiologie, Onkologie oder Orthopädie abbilden, sowie auch konkrete Unterdisziplinen wie zum Beispiel Stammzellentransplantation oder Hüft- und Wirbelsäulen-OPs. Für jede Disziplin werden einheitliche und überprüfbare Qualitätsvorgaben vorgegeben.
Die regionale Planung für die Reform soll Anfang 2022 beginnen.
Hintergrund
Mit dem neuen Krankenhausplan soll eine differenzierte Planungssystematik eingeführt werden, die effektive Steuerung, Transparenz und Qualität verbindet. Es werden künftig sogenannte Leistungsbereiche und Leistungsgruppen ausgewiesen, die die medizinischen Fachgebiete und Unterdisziplinen abbilden. Das neue Planungssystem führt einheitliche und überprüfbare Qualitätsvorgaben je Versorgungsangebot für alle Krankenhäuser ein.


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