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FacharztvermittlungTorpediert die Berliner KV ein Gesetz der Koalition?

Die „Attraktivität” der Servicestellen, die innerhalb von vier Wochen einen Facharzt-Termin vermitteln sollen, sollte für die „Patienten möglichst gering sein”, heißt es wörtlich in einem Schreiben der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) Berlins.

Die Servicestellen zur Vermittlung dringender Facharzttermine sind laut Gesetz ab dem 23. Januar kommenden Jahres vorgesehen und bei den KVs angesiedelt. In dem Rundschreiben macht sich der Vorstand der Berliner KV mehr oder weniger offen dafür stark, das von der großen CDU/SPD-Koalition verabschiedete Gesetz zwar formal umzusetzen, das Vorhaben aber insgesamt zu torpedieren.

In dem Schreiben bezeichnet der Berliner KV-Vorstand die Servicestellen in Berlin als "reines Prestigeprojekt der Regierung". Offenbar will die KV den Gesetzesauftrag nur aus strategschen Gründen erfüllen. Man vertraue darauf, dass sich die Vermittlungsstellen "über kurz oder lang als überflüssig herausstellen". Bis dahin müsse man das "Beste" daraus machen und die "Honorarabflüsse in Richtung Krankenhäuser" so gering wie möglich halten.

Attraktivität der Vermittlungsstellen gering halten
Zur Strategie, die Attraktivität der Vermittlungsstellen möglich niedrig zu halten, gehört offenbar die Absicht, die Patienten bereits am Telefon ausdrücklich auf angeblich wenig einladende Behandlungstermine – "keine freie Arztwahl, keine freie Terminwahl" – hinzuweisen. Zwar sollen alle Fachärzte ab Februar freie Termine nennen ("zwei Termine pro Monat und Arzt müssten ausreichen"), die Meldung ganz bestimmter Facharztpraxen scheinen bei der KV Berlin offenbar besonders willkommen. Wörtlich heißt es in dem Rundschreiben: "Auch und gerade Praxen mit offener Sprechstunde ohne Terminvorgabe würden uns sehr helfen, wenn sie uns (Pseudo-)Termine benennen würden." Und bei der „zumutbaren Entfernung”, die noch nicht geklärt sei, geht die KV davon aus, „dass ganz Berlin zur Vermittlung offen steht”. Damit mutet der Vorstand beispielsweise Patienten aus Köpnenickt einen Facharzttermin quer durch die Stadt im weit entfernten Reinickendorf zu. Hier werden Patienten zu „Geiseln der KV Strategie”, meint ein Kritiker. Das sei „nicht hinnehmbar”. 

Widersprüchliche Ansagen von Kraffel & Co
Geradezu widersprüchlich wird das Schreiben am Ende, wenn der KV-Vorstand darauf drängt, dass die Vermittlung von Facharztterminen durch die Servicestellen trotz allem funktionieren müssten: "Wir dürfen eine weitere Öffnung der Krankenhäuser für die ambulante Versorgung auf keinen Fall unterschützen", schreibt das Vorstandstrio Angelika Prehn, Uwe Kraffel und Burkhard Bratzke. Sollte eine Vermittlung der angeforderten Facharzttermine nicht gelingen, "müssen die KVen die Patienten zur nicht-stationären Versorgung in ein Krankenhaus überweisen", schreibt das Trio.

Ein Kritiker aus der Berliner Gesundheitsszene, der nicht namentlich genannt werden möchte, hält das Schreiben ("Diskriminierung von Patienten") für "skandalös, nicht akzeptabel und ein Fall für die Aufsicht".

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