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ÄrztetagWarum Montgomery Entmachtung droht

Eigentlich haben die Ärzte Wichtigeres zu tun. Mehr Hilfe für kranke Flüchtlinge, bessere Führung der Patienten durch den Gesundheitsdschungel, Zurückdrängen ökonomischer Zwänge - die offiziellen Themen bei der Ärztewoche, die ab dem heutigen Montag (23.05.16) in Hamburg stattfindet, betreffen Millionen Menschen. Doch heftiger Streit überschattet alles andere. Was ist bei Deutschlands Medizinern los?

Aktuell läuft die Affäre bei der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) auf eine Entscheidung zu. Es dürfte bei den Medizinern also noch ordentlich Dampf im Kessel sein, wenn Gröhe zur Eröffnung des 119. Ärztetags nach Hamburg kommt. Ausgerichtet wird der von der Bundesärztekammer. Dort muss der Chef die Entmachtung fürchten. Ärztepräsident Frank Ulrich Montgomery dürfte sich Abwahlanträgen zu erwehren haben.

"Einen personellen Neuanfang" fordert Dirk Heinrich, Vorsitzender des Spitzenverbandes der Fachärzte. Die Montgomery-Gegner werfen dem Hanseaten Selbstherrlichkeit bei einer für die Ärzte zentralen Frage vor. Es geht darum, was sie für die Behandlung von Privatpatienten abrechnen können. Seit fünf Jahren verhandeln Bundesärztekammer und private Krankenversicherung über eine neue Gebührenordnung - kurz: GOÄ. Die Verhandlungen endeten im Frühjahr vorerst im Desaster.

Misstrauen wächst
Beendet werden sollten eigentlich die oft chaotischen Zustände bei Abrechnungen für Privatpatienten. Denn seit 1982 hat sich bei der GOÄ nicht mehr viel geändert - viele neuere Methoden sind dort gar nicht aufgenommen. Also müssen Ärzte oft ganz andere Leistungen angeben, die vom Aufwand her vergleichbar sein sollen. Die Folge: viele Rechtsstreitigkeiten rund um die Milliarden für die Ärzte.

Doch bei vielen Medizinern wuchs immer mehr das Misstrauen gegen ihre Verhandlungsführer. Im März folgte der Crash. Der damalige Verantwortliche der Ärztekammer stimmte selbst gegen die neue GOÄ, das Projekt war vorerst gescheitert. Fach- und Hausarztverbände kritisierten Chaos in der Bundesärztekammer. Sie warfen Montgomery vor, keinerlei Rücksprache mit ihnen gehalten zu haben.

Immer wieder GOÄ
Viel Wut hat sich angestaut. Die einen Mediziner fürchten, sie sollen durch das neue Regelwerk quasi zu reinen Kassenärzten degradiert werden. Andere meinen, bestimmte Gruppen würden durch eine neue Gebührenordnung besser gestellt als sie. Jedenfalls hat der neue GOÄ-Verantwortliche der Ärztekammer, Klaus Reinhard, nun angekündigt, die Sache werde nun erstmal mit allen Ärzteverbänden diskutiert. Bis nach der Bundestagswahl soll der Politik ein Vorschlag vorgelegt werden. Der neue Kurs besänftigte manche Montgomery-Kritiker.

Montgomery, früher Chef der Ärztegewerkschaft Marburger Bund, hat zudem noch so viele Anhänger, dass es die nötige Dreiviertelmehrheit für seine Abberufung auf dem Ärztetag kaum geben dürfte. "Aber", so sagt ein Kritiker, "der Denkzettel soll so groß sein, dass er bei der nächsten Wahl nicht wieder antritt." Harmonie klingt anders. Oder, wie KBV-Chef Gassen erklärt: "Ärzte haben eine gewisse Streitkultur. Sie lassen sich ungern etwas sagen."

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