
Welche Auswirkungen haben die Planungen der Krankenhausreform auf die Bundesländer und ihre Gesundheitsversorgungsstruktur? Mit einem Simulations-Tool können diese das in verschiedenen Szenarien jetzt vorab testen und sich einen Eindruck verschaffen. Nun melden sich die ersten Bundesländer zur Nutzbarkeit zurück.
Manche Länder wie Niedersachsen sind zufrieden mit dem Instrument und seinen Features und halten die ausgeworfenen Modelle für realistisch. Gesundheitsminister Dr. Andreas Philippi (SPD) hat sein Ministerium bereits mit den Berechnungen beauftragt und zeigte sich nach ersten vorläufigen Ergebnissen vergangene Woche sehr optimistisch, „dass sich auch nach Einführung der Leistungsgruppen eine flächendeckende Versorgung in Niedersachsen ergibt“.
Andere Bundesländer wie Hessen beurteilen die Folgenabschätzung als unzureichend. Das stimmt, zumindest zum Teil. Denn einige Parameter wie Qualitätsvoraussetzungen bildet das Instrument noch nicht ab, weil die Daten schlichtweg noch nicht vorliegen. Auch die abweichenden Erwartungshaltungen der Akteure schlagen sich sicherlich in den unterschiedlichen Reaktionen nieder. Generell kann das Tool jedoch eindeutig mehr, als bislang in der Krankenhausplanung möglich war.
Relevante Planungsdaten auf Knopfdruck
Den Bundesländern liegen nun erstmals bundesweite – über ihre eigenen Landesgrenzen hinausgehende – Daten vor. Damit werden bei den Berechnungen auch nächstgelegene Klinikstandorte berücksichtigt, die in einem anderen Bundesland liegen – was gerade in Grenzregionen relevant ist.
Sie können mit dem Auswirkungstool abschätzen, was passiert, wenn ein Standort wegfällt. Grafisch und schriftlich wird dargestellt, wie sich die Patientenströme auf die umliegenden Standorte verteilen könnten und welche Fahrtzeitenänderungen sich dadurch ergeben. Die Länder können also erkennen, welche Krankenhäuser für die Versorgung relevant und für die Patienten wichtig sind. Sowohl über- als auch unterversorgte Regionen lassen sich mit dem Simulationsinstrument identifizieren; Abweichungen in der Versorgung werden sofort sichtbar.
Damit können die Bundesländer auch das Instrument der Planfallzahlen erstmals anwenden und die Folgen sofort abschätzen: Was passiert, wenn ein Land eine Leistungsgruppe an einem Standort, der eigentlich wegfällt, behält oder einen Standort stärken will?
Ebenso erhalten die Länder auf Knopfdruck Einsicht in die potenzielle Vorhaltepauschale für jeden Klinikstandort. Auch ein Test, wie sich ein Wegfall eines Standortes oder eine Umverteilung der Leistungen auf diesen Teil der Vergütung auswirkt, ist möglich. Zudem können Mindestvorhaltezahlen festgelegt und bei der Berechnung berücksichtigt werden. Das ermöglicht die Erkennung von der Politik als „Gelegenheitsversorger“ bezeichneten Standorte, die in der Planung isoliert werden können. Die Länder sehen, wie viele ihrer Klinikstandorte von dieser Thematik betroffen sind.
Komplexes Tool mit unbekanntem Algorithmus
Das komplexe Auswirkungsanalyse-Tool basiert auf Abrechnungsdatensätzen, die das Institut für das Entgeltsystem im Krankenhaus (InEK) für das Jahr 2023 zur Verfügung gestellt hat. Grundlage sind derzeit noch die 60 somatischen Leistungsgruppen samt hinterlegter Kriterien aus NRW. Zudem werden im KHVVG fünf weitere Leistungsgruppen festgelegt, die hier jedoch nur zum Teil mit einfließen, da bisher nur für die Leistungsgruppe komplexe Traumatologie im InEK-Grouper eine Fallzuordnung erfolgt.
Da der endgültige Grouper noch nicht vorliegt und bisher vom Grouper in Teilen weiter auf Fachabteilungsschlüssel bei der Zuordnung von Patienten auf Leistungsgruppen zurückgegriffen wird, gibt es Unzulänglichkeiten im System. Das bemängeln einige Länder, da die dargestellten Ergebnisse in einigen Leistungsgruppen und an einigen Standorten von der klinischen Versorgungsrealität abweichen. Der endgültige Grouper soll laut BMG im Januar vorliegen. InEK-Chef Frank Heimig sieht die Arbeit daran als ein Work-in-progress-Projekt. Der Algorithmus des Groupers ist im Übrigen nicht bekannt und bleibt – zumindest vorerst – Geheimnis des InEK.
Wenn vom InEK bzw. dem BMG das Problem mit der Zuordnung von Patienten per Leistungsgruppe überwunden werden kann und noch fehlende Daten – wie die Informationen zu den je Standort vorhandenen Facharzt-Vollkräften eingebunden werden – können noch genauere Ergebnisse erzielt werden. Oberender hatte im Frühjahr 2023 die Ausschreibung zur Entwicklungs des Tools gewonnen und arbeitet zur Umsetzung mit dem Tübinger Unternehmen Bindoc zusammen.






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