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Health Innovation Hub„Wir werden drängeln, wo wir es für nötig halten“

Wo werden denn in den nächsten drei Jahren genau die Arbeitsschwerpunkte des Hubs liegen?

Im ersten Jahr wird ein großer Schwerpunkt darauf liegen, die Grundlagen für die Einführung der elektronische Patientenakte zum 1.1.2021 weiter auszugestalten. Damit es vorangeht, müssen dringend Fragen zu Datenformaten, Semantik und Steuerung der Interoperabilität geklärt werden. Wir werden versuchen diejenigen zu unterstützen, die mit der Umsetzung dieser Aufgaben betraut sind. Weitere Schwerpunkte werden das digitale Rezept und die Entwicklung von Schnittstellen zum ambulanten Bereich sein. Gleichzeitig werden wir den hih als Anlaufstelle für digitale Start-ups im Gesundheitsbereich entwickeln. Hier gibt es gerade im Bereich Künstliche Intelligenz ausgesprochen spannende Ideen. Diese wollen wir schneller erkennen und bekannt machen. Letztlich aber geht es uns immer um die Frage, wie wir die medizinische Versorgung für die Patienten, aber auch für Ärzte und Pflegende verbessern können. Dabei denke ich gerne an die Berliner Internistin Irmgard Landgraf, die bereits heute Pflegende und Bewohner von Altersheimen telemedizinisch betreut. Ihre Arbeit wollen wir mit weiteren digitalen Lösungen noch besser unterstützen können.   

Kritiker spötteln, gerade bei Standards für Interoperabilität und Mobilität wäre eine schnelle Festlegung ganz einfach. In vielen anderen Ländern sind IHE und FHIR längst etabliert...

(lacht) Wir beide könnten uns sicher schnell darauf verständigen, dabei würden wir der Komplexität der Situation gerade in Deutschland aber leider nicht Rechnung tragen. Auch die DRGs mussten auf deutsche Verhältnisse adaptiert werden. Um Akzeptanz zu sichern, müssen wir uns bei der digitalen Transformation besonders um die Aspekte Sicherheit und Datenschutz kümmern. So sollte der IHE Standard an die deutschen Datenschutzvorgaben angepasst werden. Ein hoher Datenschutzstandard kann im Übrigen auch ein positives Differenzierungsmerkmal zu anderen Ländern sein. Vielleicht wird unser System dann mal zu einem Exportschlager….  

Die Aussage könnte exakt so von Alexander Beyer, dem Geschäftsführer der gematik, stammen. Wollen Sie nun auch das Geschäft der gematik erledigen?

Nein. Grundsätzlich finde ich aber, dass bei aller Notwendigkeit für Sicherheit und Datenschutz die Funktionalität nicht auf der Strecke bleiben darf. Aus meiner Sicht schränken die Vorgaben der gematik diese Funktionalität und damit den Nutzen zu sehr ein. Die elektronische Patientenakte muss mehr als eine Aneinanderreihung von PDF-Dokumenten werden. Da muss sich was ändern.  

Was muss sich ändern?

Das werden wir mit den Verantwortlichen im BMG beraten, die dann entscheiden.  

Wenn das Anliegen des hih so wichtig ist, warum ist es dann auf drei Jahre beschränkt? 

Als Experiment lebt der Hub von Experten, die mit frischer praktischer Erfahrung, unverstelltem Blick und Offenheit die digitale Transformation im Gesundheitsbereich voranbringen. Routine und Selbstgefälligkeit sind für ein solches Unterfangen eine Gefahr, dazu ist die Entwicklung beim Thema Digitalisierung einfach zu schnell. Drei Jahre sind vollkommen ausreichend, um unser Wissen und unsere Erfahrung an die relevanten Stellen weiterzugeben. Sollte es weiter gehen, sollten unverbrauchte Kräfte übernehmen.

Über den Health Innovation Hub  

Der Health Innovation Hub (hih) ist zunächst auf drei Jahre angelegt, pro Jahr stehen dem elfköpfigen Expertenteam unter Leitung von Prof. Jörg Debatin jeweils 1,8 Millionen Euro zur Verfügung. Der Hub ist keine eigene Behörde. Träger des Hubs ist die BWI GmbH, ein IT-Dienstleister des Bundes, der überwiegend für die Bundeswehr arbeitet. Der hih nutzt deren Expertise, um die Infrastruktur für das Team aufzubauen und zu managen. Sitz des hih ist ein Büro an der Torstraße im Berliner Bezirk Mitte.

Zur Person

Prof. Jörg Debatin (58) hat Humanmedizin studiert und zusätzlich einen Master of Business Administration erworben. Er arbeitete viele Jahre als Radiologe mit Stationen in Heidelberg, Durham (N.C.), Stanford, Zürich und Essen, bevor er im Jahr 2003 als Ärztlicher Direktor und Vorstandsvorsitzender an das Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE) wechselte. In dieser Funktion trug er dort maßgeblich zur konsequenten Digitalisierung des drittgrößten Klinikums Deutschlands bei. 2011 übernahm er den Vorstandsvorsitz der amedes Holding AG, mit deren Verkauf er 2014 als Vice-President zu GE Healthcare wechselte. Hier verantwortete er als CTO die Technologie- und Produktentwicklung. Seit Januar 2019 beschäftigt er sich als Berater vor allem mit den Potenzialen der Digitalisierung und Künstlichen Intelligenz in der Medizin. Im Team des hih fungiert Prof. Debatin als Chairman.

Dieser Beitrag erscheint in der Ausgabe 06/19 der kma Klinik Management aktuell.

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