Der schwäbische Firmenpatriarch Adolf Merckle verspekulierte sich Ende 2008 an der Börse und führte sein Imperium mit 100.000 Mitarbeitern an den Rand des Zusammenbruchs. Weil er dies nicht verkraften konnte, beging er am 5. Januar 2009 Selbstmord.
Ein Jahr danach geht der Verkauf seines Generikaherstellers Ratiopharm nun auf die Zielgerade. Aus dem Rennen um die deutsche Nummer Zwei auf dem Markt für Nachahmermedikamente dürfte nach Aussagen aus Finanzkreisen ein Unternehmen aus der Branche und kein Finanzinvestor als Gewinner hervorgehen. Der Verkauf soll im ersten Quartal 2010 erfolgen.
Merckle sammelte Unternehmen wie andere Leute Briefmarken. Sein Firmenkonglomerat basierte vor allem auf dem Geschäftsmodell, Gewinne zu verlagern und Steuern zu sparen: "Mir ist fremd, etwas aufzugeben", lautete sein Lebensmotto. Sein Sohn, Philipp Daniel Merckle, sagte in einem Interview: Das Reich, das sein Vater aufgebaut hatte, war ein "unüberschaubares Konzerngeflecht" und die "Verschachtelung hatte durchaus Prinzip". Wenn die Wirtschaft um ihn herum in der Krise steckte, nutzte Merckle die Gunst der Stunde und baute sein Imperium durch Zukäufe weiter aus.
Doch in der Finanzkrise wollten die mehr als 30 Gläubigerbanken Merckle schließlich nur noch einen Kredit gewähren, wenn er sich von einigen Firmenteilen trennt - darunter auch das Herzstück Ratiopharm. Merckle unterzeichnete nach zähen Verhandlungen eine Kreditstundung. Aber die Ohnmacht, nicht mehr die Kontrolle über sein Firmengeflecht zu haben, war wohl größer als die Hoffnung auf Rettung. Anfang 2009 wurde Adolf Merckle unweit seines Heimatortes Blaubeuren von einem Zug erfasst. Mit dem Freitod des "Paten aus Blaubeuren" wurden schicksalhafte Aspekte der Finanzkrise deutlich.
Der älteste Merckle-Sohn Ludwig wurde Alleinerbe und kam zuletzt bei der Entschuldung schneller voran, als es viele für möglich gehalten haben. Die Finanzverbindlichkeiten liegen, so wird angenommen, mittlerweile bei deutlich weniger als drei Milliarden Euro. Zum Höhepunkt der Finanzschwierigkeiten der Dachgesellschaften VEM und Spohn Cement hatten sich Schulden in Höhe von rund fünf Milliarden Euro angehäuft.
Vor allem mit dem Verkauf der Beteiligung am hoch verschuldeten Baustoffhersteller HeidelbergCement von knapp 80 Prozent auf rund 25 Prozent verschaffte sich Merckle größeren finanziellen Spielraum. Eine Kapitalerhöhung brachte HeidelbergCement einen milliardenschweren Geldregen. Die Nettoverschuldung lag Ende November bei 8,6 Milliarden Euro. Der Schuldenberg stammt überwiegend aus dem 14 Milliarden Euro teuren Kauf des britischen Mitbewerbers Hanson.
Derweil lichten sich die Reihen der Interessenten für Ratiopharm: Die Beteiligungsfirmen Kohlberg Kravis & Roberts (KKR), TPG und Permira sind aus dem Rennen bereits ausgeschieden. Auch die amerikanische Investmentbank Goldman Sachs, die zusammen mit dem Finanzinvestor Advent ein Gebot abgegeben hatte, ist nach Aussagen aus Finanzkreisen nicht mehr im Boot.
Als Finanzinvestor war zuletzt lediglich noch die schwedische Beteiligungsfirma EQT dabei. Aus dem Umfeld eines gescheiterten Bieters war zu hören, dass der Blick in die Bücher das Mindestgebot von 2,3 Milliarden Euro zum Erreichen der nächsten Bieterrunde nicht gerechtfertigt habe. Unter den strategischen Investoren aus der Pharmabranche werden neben dem weltgrößten Generikahersteller Teva Pharmaceuticals aus Israel, der französische Pharmakonzern Sanofi- Aventis, der US-Generikahersteller Mylan und vereinzelt auch Pfizer genannt.


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