"Es ist ganz schwer zu sagen, wie hoch der Rückgang ausfallen wird, da wir derzeit nur schätzen können, wie hoch der Umsatzrückgang durch die Patentabläufe sein wird", sagte Andreas Barner, Sprecher der Unternehmensleitung am Dienstag der Finanz-Nachrichtenagentur dpa-AFX. Gleichzeitig sollen die Ausgaben für Forschung und Entwicklung weiter steigen. 2009 investierte der Konzern bei einem Umsatz von 12,72 Milliarden Euro 2,21 Milliarden Euro in die Entwicklung neuer Medikamente. Der nicht börsennotierte, hochprofitable Pharmahersteller, steigerte 2009 das Ergebnis nach Steuern um 24 Prozent auf 1,764 Milliarden Euro.
Der Konzern setzt große Hoffnungen in den Blutverdünner Pradaxa. Die Markteinführung von Pradaxa in einer größeren Anwendung stellte der Manager für Ende 2010 oder 2011 in Aussicht. Das Mittel ist bereits seit 2008 zur Vorbeugung von Thrombosen und Lugenembolien nach Knie- und Hüftgelenk-Operationen auf dem Markt. Analysten trauen dem Mittel einen jährlichen Spitzenumsatz von mehr als 2 Milliarden Euro zu. Boehringer Ingelheim habe fünf aussichtsreiche Medikamente, unter anderem in den Gebieten Schlaganfall-Prävention, Krebs- und Diabetes.
KRITITK AN KURZFRISTIGEN EINSPARPLÄNEN
Kritik übte Barner an den kurzfristigen Einsparplänen von Bundesminister Philipp Rösler (FDP): Die Reform, die in ihrer langfristigen Perspektive durchaus unterstützenswert sei, beinhalte mit der Erhöhung des Zwangsrabattes von 6 auf 16 Prozent ein kurzfristiges Maßnahmenpaket, das für die forschende Pharmaindustrie besonders belastend sei. Eine Erhöhung des Rabattes treffe sowohl Hersteller wie Boehringer Ingelheim, die in Deutschland produzieren, wie auch solche, die ihre Produktion im Ausland hätten.
"Als Industrie müssen wir allerdings in der Lage sein, zu zeigen, dass ein neues Medikament für die Patienten und für die Gesellschaft einen zusätzlichen Nutzen bringt. Wenn wir dies durch ein Dossier nachweisen können, dann besteht die Chance, dass die derzeit sehr emotional geführte Debatte zu einer sachlichen wird." Die Diskussion, wie viel Medikamente wie beispielsweise Mittel gegen Krebserkrankungen kosten dürften, sei ethisch sehr schwierig, müsse aber geführt werden. "Wir können nur so eine Grenze festlegen, was für die gesetzlichen Krankenkassen noch finanzierbar ist. "Die langfristigen Ziele von Herrn Rösler sind durchaus überzeugend", sagte Barner und nannte die geplante Stärkung der Prävention oder die Gesundheitsprämie.
'EINE RENDITE VON 15 BIS 20 PROZENT BRAUCHT MAN SCHON'
Zum 1. August sollen die Hersteller-Rabatte an gesetzliche Krankenkassen von 6 auf 16 Prozent erhöht und der bis Ende 2013 befristete Preisstopp für Medikamente eingeführt werden. Die anderen Maßnahmen des Sparpakets - vor allem die Verpflichtung der Hersteller zu Preisverhandlungen für neue und teure patentgeschützte Präparate - sollen Anfang 2011 in Kraft treten. Die Gesundheitsreform in den USA sei ein Schritt in die richtige Richtung: Kurzfristig werde es zu Belastungen für die Branche kommen. "Langfristig wird sie sich jedoch positiv auswirken, da die Zahl der Menschen, die in den Genuss einer Krankenversicherung kommen, steigt."
Auf 20 bis 30 Prozent Umsatzrendite bringen es Pharmakonzerne im Schnitt und ziehen damit die Begehrlichkeit der Politik auf sich: "Eine Rendite von 15 bis 20 Prozent braucht man schon, um auch mal weniger erfolgreiche Jahre durchzustehen," erklärte Barner. Die Entwicklung von Medikamenten weise hohe Risiken auf, da es die wenigsten Wirkstoffe bis zur Marktreife bringen.
Boehringer Ingelheim bleibe weiter ein unabhängiges Familienunternehmen, sagte Barner. Bei der Familie gehe es nicht um kurzfristige Gewinnmaximierung, sondern darum, das Unternehmen von der vierten auf die fünfte Generation gestärkt voranzubringen. Ein Börsengang werde nicht angestrebt. Boehringer Ingelheim verfüge über eine Liquiditätsreserve von 2,5 Milliarden Euro. "Wir können uns Zukäufe in den Schwellenländern aber auch auf dem Gebiet der Selbstmedikation in den USA vorstellen", umriss der Boehringer-Ingelheim-Chef die Strategie.


Derzeit sind noch keine Kommentare vorhanden. Schreiben Sie den ersten Kommentar!
Jetzt einloggen