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Empfehlung aus BrüsselCDU empört über EU-Wunsch zu Organspende-Reform

Rund 12.000 Menschen warten in Deutschland auf ein Spenderorgan. Die Koalition peilt Verbesserungen an. Nun heizt eine eindeutige Empfehlung aus Brüssel die Debatte an.

Angesichts des eklatanten Mangels an Spenderorganen zeichnet sich eine ethisch heikle Grundsatzentscheidung über eine Reform in diesem Bereich ab. EU-Gesundheitskommissar John Dalli dringt darauf, dass Deutschland seinen Ärzten erlaubt, Hirntoten Organe zu entnehmen, wenn die Betroffenen zu Lebzeiten nicht widersprochen haben. In der Unionsfraktion zeigte man sich angesichts der fortgeschrittenen Debatte in Deutschland zu dem Thema empört über die Empfehlung.

"Ich habe es satt, dass sich die EU-Kommission ständig in innere Angelegenheiten Deutschlands einmischt", sagte der CDU- Gesundheitsexperte Jens Spahn am Mittwoch in Berlin. "Die Äußerungen haben praktisch keine Relevanz", sagte er der Nachrichtenagentur dpa. Nicht umsonst bemühten sich die Fraktionsvorsitzenden von Union, SPD und FDP um eine Lösung im möglichst breiten Konsens. Nach der Nierenspende des SPD-Fraktionschefs Frank-Walter Steinmeier an seine Frau im August hatte die Debatte an Fahrt aufgenommen.

Dalli sagte der "Welt": "Jedes Land entscheidet in dieser Frage selbst. Aber es wäre gut, wenn auch in Deutschland über eine Änderung der Zustimmungsregel bei Organtransplantationen nachgedacht würde." Heute muss man in Deutschland anders als in anderen EU-Ländern vorher seine Bereitschaft zur Organspende erklären - per Spendeausweis oder mit Aussagen gegenüber Angehörigen. Sie können Klinikärzte dann über den Willen des Gestorbenen aufklären. Diese Zustimmungsregel sei eine "hohe Hürde", sagte Dalli.

Zunächst sollten im kommenden Jahr die Bedingungen für Organspende erleichtert werden, kündigte Spahn an. Dazu zählten mehr Informationen für die Menschen, möglicherweise Erklärungen zur Spendebereitschaft etwa im Führerschein oder Personalausweis statt nur per Extra-Ausweis sowie durch mehr Augenmerk auf das Thema in den Krankenhäusern. "Wir wollen Transplantationsbeauftragte in den Kliniken", sagte die FDP-Expertin Ulrike Flach der dpa. Zu klären sei noch deren Finanzierung.

Voraussichtlich in einem zweiten Schritt solle 2011 über die strittige Kernfrage beraten werden, ob es bei der Zustimmungsregel bleibt oder auch Deutschland die Widerspruchsregel bekommen solle, erläuterte Flach. "Das ist eine Gewissensentscheidung." Voraussichtlich solle der Bundestag ohne Fraktionszwang entscheiden, nachdem die ebenfalls im Bereich der Medizin-Ethik angesiedelte Frage der Präimplantationsdiagnostik (PID) entschieden ist. Auch in der Debatte um ein Verbot oder eine ausdrückliche Zulassung der Gentests an Embryonen bei der PID soll ohne Fraktionszwang entschieden werden.

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