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Boehringer IngelheimEntscheidung über neues Diabetesmittel steht an

Bei Deutschlands zweitgrößtem Pharmakonzern Boehringer Ingelheim steht Anfang 2012 eine wichtige Entscheidung für einen der zukünftigen Wachstumstreiber an.

Im ersten Quartal soll der Bayer-Konkurrent erfahren, wie sein neues Diabetesmittel Trajenta bewertet wird, und welchen Preis er in Deutschland dafür verlangen darf. Er erwarte Ende Januar oder Anfang Februar die Bewertung für Trajenta vom Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit (Iqwig), sagte Wolfram Carius, Mitglied der Unternehmensleitung von Boehringer Ingelheim den Nachrichtenagenturen dpa und dpa-AFX. Die Entscheidung hat Signalwirkung für die Pharmabranche insgesamt. Der deutsche Arzneimittelmarkt ist mit rund 32 Milliarden Euro der größte Europas und damit nach den USA und Japan der weltweit drittgrößte.

Nach der Bewertung des Iqwig entscheidet der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) binnen drei Monaten, ob er einen Zusatznutzen anerkennt. Wenn nicht, landet das Präparat in einer Arzneimittelgruppe mit Festbetrag. Falls ja, handelt der Hersteller mit dem Spitzenverband der gesetzlichen Krankenkassen (GKV) einen Preis aus. Im Streitfall entscheidet ein Schiedsgericht. Boehringer Ingelheim und ihr Partner Lilly verzichten bisher darauf, Trajenta in Deutschland auf den Markt zu bringen. Erst soll die Entscheidung des Ausschusses abgewartet werden, sagte Carius. Er befürchtet, dass ein niedriger Preis hierzulande das Preisniveau im Ausland drückt.

Seit Anfang 2011 greift das Gesetz zur Neuordnung des Arzneimittelmarktes (Amnog). Die Bundesregierung will damit mehrere Milliarden Euro sparen. Carius, der auch Vorstandsmitglied des Branchenverbandes vfa ist, fordert eine Änderung: "Wir sind nicht gegen eine kritische Kosten-Nutzen-Bewertung. Allerdings sollen neue Produkte, die einen Fortschritt bringen, nicht mit Mitteln verglichen werden, die schon Jahrzehnte auf dem Markt sind." Wenn Boehringer für Trajenta zehn Prozent mehr bekomme als für ein Nachahmermittel, dann seien nicht mal die Herstellungs-, geschweige denn die Forschungs- und Entwicklungskosten gedeckt.

Trajenta und der Gerinnungshemmer Pradaxa sollen dem Pharmakonzern einen neuen Wachstumsschub bringen. Analysten trauen beiden Medikamenten einen jährlichen Umsatz von jeweils mehr als einer Milliarde US-Dollar und somit den in der Branche begehrten Blockbuster-Status zu. Bei Pradaxa könnte es bereits Anfang 2013 so weit sein, erwartet Carius. Im internen Umsatzranking nimmt der Gerinnungshemmer mit erwarteten Erlösen von 450 Millionen Euro für 2011 bereits den vierten Platz hinter Spiriva (Atemwegserkrankungen), Micardis (Bluthochdruck) und Combivent (Atemwegserkrankungen) ein. Wegen Todesfällen von Patienten war Pradaxa zuletzt ins Gerede gekommen. Zulassungsbehörden und Mediziner haben aber bestätigt, dass der Nutzen die Risiken übertreffe.

Das Amnog soll verhindern, dass Pharmafirmen neue Mittel zu hohen Preisen auf den Markt bringen, die im Vergleich mit bisherigen Therapien keinen echten Zusatznutzen bieten. Zum 1. August 2010 wurde zudem der Zwangsrabatt für verschreibungspflichtige Arzneimittel von sechs auf 16 Prozent erhöht. Er gilt für Arzneimittel ohne Preisobergrenze (Festbetrag). Flankierend wurden die Arzneimittelpreise bis Ende 2013 auf dem Stand vom 1. August 2009 eingefroren. Bislang durften die Unternehmen hierzulande die Preise selbst festsetzen und sich von den Krankenkassen erstatten lassen. Unter anderem dieser aufgestockte Zwangsrabatt beschere Boehringer einen Umsatzverlust von 55 Millionen Euro in Deutschland, sagte Carius. Der Gesamtumsatz auf dem heimischen Markt betrage 2011 voraussichtlich rund 750 bis 760 Millionen Euro.

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