Mit den ersten Zusatzbeiträgen von mehr als acht Euro dreht sich die Spirale der Beitragserhöhungen für hunderttausende gesetzlich Krankenversicherte weiter. Die BKK für Heilberufe und die Gemeinsame Betriebskrankenkasse Köln (GBK) erheben den Höchstbetrag von einem Prozent des Bruttoeinkommens im Monat. Die BKK Westfalen-Lippe nimmt zwölf Euro. Gesundheitsminister Philipp Rösler (FDP) will in Gesprächen mit Kassenvertretern über mögliche Spargesetze beraten. Experten warnten vor absehbaren Kassen-Pleiten. Insgesamt sind mehr als 70 Millionen Bürger in den gesetzlichen Kassen versichert.
Die BKK für Heilberufe erhebt von ihren 170.000 Mitgliedern rückwirkend zum 1. Januar den maximalen Zusatzbeitrag von einem Prozent. Diesen Schritt kündigte auch die GBK für ihre rund 40.000 Mitglieder an. Dieser Beitrag wird bis zur Bemessungsgrenze erhoben, maximal sind es 37,50 Euro. Zuerst hatte die "Rheinischen Post" darüber berichtet. Die BKK Westfalen-Lippe verlangt von ihren rund 24.000 Mitgliedern zwölf Euro, wie Vorstandschef Willi Tomberge der "Bild"- Zeitung sagte.
Bei der BKK für Heilberufe wird der Aufschlag am 6. April fällig. Vorher können Versicherte kündigen. Körner erläuterte, seine Kasse habe viele jüngere Versicherte und erhalte geringere Zuweisungen aus dem Gesundheitsfonds als Kassen mit vielen älteren, kränkeren Versicherten. GBK-Vorstandschef Helmut Wasserfuhr sagte der dpa hingegen: "Wir machen die Ein-Prozent-Regelung, weil das sozial gerechter ist, als von allen Versicherten acht Euro pauschal zu nehmen - egal, ob Student oder Mitglied mit 400.000 Euro Nettoeinkommen." Tomberge sagte, auch pauschal zwölf Euro zu verlangen sei gerechter als acht Euro. Ab da greift eine Einkommensprüfung. Körner sagte: "Wir wollen nicht behaupten, wir machen das aus sozialen Gründen."
Vor einer Woche hatten große Kassen wie die DAK und die KKH- Allianz angekündigt, acht Euro mehr von ihren insgesamt mehr als fünf Millionen Mitgliedern zu erheben. Andere Kassen wollen folgen. "Viele haben Finanzprobleme", sagte die Sprecherin des Kassen- Spitzenverbands, Ann Marini.
Rösler will mit Kassenvertretern demnächst mögliche Einsparungen auf gesetzlichem Weg ausloten. Je schneller funktionierender Wettbewerb geschaffen werde, desto eher könnten Reserven gehoben werden. Entsprechende Gespräche sind nach Kassenangaben auf kommenden Mittwoch terminiert. Die Versicherten rief Rösler zum Kassenwechsel auf. "Jetzt schon haben genügend Krankenkassen angekündigt, in diesem Jahr keinen Zusatzbeitrag zu nehmen. Also lohnt sich ein solcher Wechsel in jedem Fall", sagte er in Berlin.
Im kommenden Jahr droht nach Expertenansicht einigen Kassen die Pleite. Das Defizit in der Krankenversicherung werde auf 11,4 Milliarden Euro klettern, sagte der Kölner Gesundheitsökonom Eckart Fiedler in Berlin. "Wenn die Politik nicht schnell reagiert, läuft das Ganze in eine Insolvenz vieler Kassen", sagte der Ex-Barmer-Chef. Der Essener Experte Jürgen Wasem pflichtete dem bei. Gesundheits- Staatssekretärin Annette Widmann-Mauz (CDU) sagte, es komme sehr darauf an, "dass wir einkommensunabhängige Arbeitnehmerbeiträge entwickeln". Ein Sozialausgleich sei bei dieser Gesundheitsprämie nötig. Der Vize-Unionsfraktionschef Johannes Singhammer (CSU) blieb skeptisch: "Noch völlig ungelöst" sei, welcher bürokratische Aufwand dafür nötig sei, sagte er im rbb.
Grünen-Chefin Claudia Roth sagte: "Verlierer der Eskapaden des Herrn Rösler sind die Versicherten, die weiter doppelt zahlen dürfen, mit ihren Beiträgen und der kleinen Kopfpauschale."


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