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Studie kritisiert PharmaunternehmenKein Interesse an Mitteln gegen Tuberkolose

Eine unabhängige Studie hat die Geschäftspraktiken von internationalen Arzneimittelherstellern in Indien auf den Prüfstand gestellt.

Demnach bieten das US-Unternehmen Baxter und die beiden deutschen Unternehmen Bayer und Boehringer in dem Schwellenland zum Teil wirkungslose Medikamente an. Zudem gehe es den Unternehmen nur um den Profit, sagte die Ärztin Christiane Fischer von der industriekritischen BUKO Pharma Kampagne am Mittwoch in Bielefeld bei der Vorstellung der Studie. Zielgruppe seien vor allem die Wohlhabenden. Dringend benötigte und preisgünstige Mittel etwa gegen Malaria oder Tuberkulose würden nicht entwickelt.

Fischer forderte neue Anreize für die Entwicklung von Medikamenten. So könnten staatliche Stellen eine gewisse Summe für die Entwicklung tatsächlich benötigter Medikamente ausschreiben. Die Pharma Kampagne mit Sitz in Bielefeld gehört zur Bundeskoordination Internationalismus (BUKO), ein bundesweiter Dachverband von 130 Dritte Welt Aktions- und Solidaritätsgruppen in Deutschland.

Bayer und Boehringer wiesen die Kritik zurück. Eine Bayer-Sprecherin verwies auf das soziale Engagement des Unternehmens in Schwellenländern. So werde etwa der Kampf der WHO gegen vernachlässigte Tropenkrankheiten unterstützt. Von Baxter lag zunächst keine Stellungnahme vor.

"Für die Studie wurden etwa die Produktpaletten untersucht", erklärte Fischer. Das Angebot wurde unterteilt: in - laut Weltgesundheitsorganisation WHO - unentbehrliche Mittel, in rationale (wirksam und sicher) und in irrationale Mittel. "Das Angebot von Boehringer Ingelheim war zu 70 Prozent irrational." Dazu gehöre etwa ein Medikament gegen Menstruationsbeschwerden. "Das ist sehr beliebt aber leider wirkungslos", sagte Fischer. Es werde nämlich in Tablettenform angeboten. Es wirke aber nur als Ampulle.

Bayer HealthCare Pharmaceuticals habe zwar weniger irrationale Mittel (36 Prozent der Palette), "dafür aber richtige Klopfer", kritisierte Fischer. Dazu gehöre "Bayers Tonic", ein sogenanntes Stärkungsmittel aus Leberextrakt, Hefe, Zucker und 10 Prozent Alkohol.

"Es kostet einen Tageslohn einer durchschnittlichen Arbeiterin, gut 83 Rupien. "Davon könnte man eine indische Familie einen oder zwei Tage lang gut ernähren", sagte Fischer. "Hier wird nicht nur Menschen Geld aus der Tasche gezogen, sondern sie bekommen jeden Tag Alkohol." Es stehe zwar auf der Flasche, dass es nicht für Kinder geeignet ist. "Aber in Indien nehmen eigentlich nur Kinder und Schwangere solche Tonics. Für beide ist dieses Produkt äußerst ungeeignet."

Weitere unrühmliche Beispiele seien die zwei Verhütungspillen "Yasmin" und "Diane 35". Diese Produkte würden ein wesentlich höheres Thrombose-Risiko mit sich bringen, als andere Pillen. Baxter stehe mit "nur" 12,5 Prozent irrationalen Mitteln vergleichsweise gut da.

Bayer betonte, "Tonic" habe in Indien eine ordnungsgemäße Zulassung und sei verschreibungspflichtig. Die Verhütungsmittel "Diane 35" und "Yasmin" seien vor und nach Markteinführung mit Studien überwacht worden. Es gebe keine Hinweise auf ein erhöhtes Thrombose-Risiko.

Die Studie kritisiert auch, dass sich die Unternehmen nicht um vernachlässigte Krankheiten wie Malaria, Tuberkulose oder Denge-Fieber kümmern. Das jüngste Tuberkulose-Mittel etwa stamme von 1965. "Forschung wird dort betrieben, wo Profit winkt." Und da Werbung für verschreibungspflichtige Medikamente in Indien verboten sei, würden manche Unternehmen soziale Netzwerke nutzen und ihre Werbung als Aufklärungskampagne tarnen.

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