Gute Geschäfte für die Großen, mangelnde Hilfe für die Kleinen: Die Biotechnologie-Branche hat auch in Europa glänzende Zukunftschancen, dennoch müssen junge Firmengründer immer häufiger aus Kapitalmangel ihre Ideen auf die lange Bank schieben.
"Deutschland ist ein Land der kleinen Life-Science-Firmen", betont Guenther Mohr am Dienstag auf der wichtigsten europäischen Fachmesse Biotechnica in Hannover. Der Wirtschaftsingenieur hat sich mit seiner Firma BusinessXcel darauf spezialisiert, Nachwuchs-Unternehmern bei der Patentierung ihrer Entwicklungen zu helfen - angesichts ausbleibender Anschubfinanzierungen ein möglicher Weg, um die teils immensen Kosten in der "Start-Up-Phase" zu drücken.
Während Konzerne mit großen Forschungskapazitäten eher selten Schwierigkeiten bei der Einführung neuer Produkte und Umsetzung ihrer Geschäftskonzepte haben, müssen vor allem Existenzgründer auch im Nachkrisenjahr 2010 um jeden einzelnen Kredit ringen. "Gerade für die Kleinen ist es aber wichtig, sich im weltweiten Wettbewerb behaupten zu können", meint Mohr. Ein Aufholen gegenüber den USA und Japan gilt unter Experten sonst als unwahrscheinlich.
Der Branchenverband BIO Deutschland sieht das ähnlich. Nach Angaben der Berliner Interessenvertretung der Biotech-Firmen sind die Anbieter neuer Techniken für Gesundheitswirtschaft, Lebensmittel- Produktion und Umweltschutz in der Abschwungsphase zwar von Umsatzeinbrüchen verschont geblieben. Die Niveau von 2008 sei mit rund 2,2 Milliarden Euro konstant gehalten worden, berichtet der Verband unter Berufung auf Analysen der Beratungsgesellschaft Ernst & Young. Bei der Zahl der Beschäftigten gab es sogar einen satten Zuwachs um fünf Prozent auf zuletzt 31 600 Mitarbeiter.
Derlei positive Trends können aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Wachstumsaussichten höchst ungleich verteilt sind. Die Biotech-Industrie mag wegen der gesellschaftlichen Alterung, des Klimawandels und der Nahrungsmittelknappheit in Entwicklungsländern inzwischen als Schlüsselsektor akzeptiert sein - bei der Akquise von Darlehen für kreative Jung-Unternehmer indes hapert es.
Laut Verband betrug das Volumen an "Venture Capital" vor fünf Jahren bundesweit noch mehr als 420 Millionen Euro. Bis 2009 schmolz diese Summe auf 264 Millionen Euro pro Jahr ab. Dabei sind bis zu ein Drittel aller Kleinstfirmen auf wagemutige Investoren angewiesen.
Dass manche wegen fehlender Starthilfe einen Rückzieher gemacht haben, war auf der Biotechnica zu spüren. Nach etwa 650 Ausstellern im Vorjahr kamen diesmal nur rund 500 Unternehmen aus 23 Ländern zum dreitägigen Branchentreffen auf das Messegelände, dem auch EU- Gesundheitskommissar John Dalli und Niedersachsens Sozialministerin Aygül Özkan (CDU) einen Besuch abstatteten. Forscher, die ihre Geistesblitze in Produkte umsetzen, gibt es ungeachtet dessen zuhauf: Die Firma Biozym präsentierte einen "Vollautomaten" zur Erfassung von DNA und komplexen Proteinen, die österreichische Apeiron stellte der medizinischen Expertengemeinde eine Enzymersatz-Therapie vor.
Den Wienern - mittlerweile auch mit dem Pharmariesen Glaxo Smith Kline im Geschäft - gelang der Weg nach oben aus eigener Kraft. "Bei uns lief es ohne "Venture Capital"", erklärt Apeiron-Geschäftsführer Manfred Schuster. Solche Erfolgsgeschichten dürften die Ausnahme bleiben. BIO Deutschland fordert bessere Bedingungen für Gründer und Kapitalgeber, etwa durch Steuererlasse auf investierte Gewinne: "Investoren und Unternehmen warten auf ein politisches Signal."


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