Zwölf von der Finanz-Nachrichtenagentur dpa-AFX befragte Analysten trauen dem Darmstädter Dax-Unternehmen von Juli bis September ein Umsatzwachstum von fast 30 Prozent und einen Gewinnanstieg um ein Fünftel zu. Allerdings gehen die Branchenexperten davon aus, dass Merck im dritten Quartal im lukrativen Geschäft mit Flüssigkristallen (Liquid Crystals) wegen hoher Lagerbestände bei den Kunden den Rekorderlös aus dem zweiten Quartal nicht ganz erreicht hat.
Neben dem Ausblick und der Entwicklung der Chemiesparte dürfte bei der Zahlenvorlage am heutigen Dienstag (26. Oktober) der Fokus auf der erstmaligen Konsolidierung des US-Biotechzulieferers Millipore sowie der zuletzt nicht mit Erfolgsnachrichten glänzenden Pharmasparte liegen.
Ende September hatte der Ausschuss für Humanarzneimittel (CHMP) der europäischen Arzneimittelbehörde EMA keine Empfehlung für die Zulassung der Multiple-Sklerose-Tablette Cladribin abgegeben und den Merck-Kurs damit um mehr als zehn Prozent nach unten geschickt. Cladribin gilt als wichtigste Neuentwicklung für das Arzneimittelgeschäft von Merck. Für den weltweit größten Pharmamarkt, die USA, entscheidet die Gesundheitsbehörde FDA im laufenden vierten Quartal, ob das Mittel auf den Markt kommen darf. Branchenexperte Markus Mayer von der UniCredit sieht deshalb das größte Risiko für die Kursentwicklung von Merck in der Pharma-Pipeline.
Im Schnitt erwarten die Analysten für die Merck-Gruppe im dritten Quartal einen Umsatzanstieg auf 2,5 Milliarden Euro (Vorjahr: 1,94 Mrd Euro). Das operative Ergebnis dürfte sich von 222,2 Millionen auf 335,25 Millionen Euro verbessert haben, während für das Ergebnis nach Fremdanteilen mit einem Anstieg auf 174,23 Millionen Euro (VJ: 144,4 Mio) gerechnet wird. Merck hatte die Übernahme von Millipore für 5,2 Milliarden Euro Mitte Juli abgeschlossen.
Das Geschäft mit Flüssigkristallen hatte im Vorjahr noch unter der schwachen Nachfrage während der Wirtschaftskrise gelitten. Im zweiten Quartal hatte die Fußballweltmeisterschaft den Umsatz der Kristalle "made in Darmstadt" um 50 Prozent steigen lassen. Cornelia Thomas und Oliver Kämmerer von der WestLB erwarten jedoch für das dritte Quartal einen anhaltenden Preisdruck für LCD-Bildschirme und haben daher ihr Merck-Kursziel von 61 auf 59 Euro gesenkt. Flüssigkristalle werden in Flachbildschirmen, Handys und Notebooks eingesetzt. In seinem Chemiegeschäft bietet Merck Spezialprodukte für die Elektronik-, Farb-, Kosmetik-, Lebensmittel-, Pharma- und Biotech-Industrie.
Merck-Chef Karl-Ludwig Kley hat seine Prognose für das Gesamtjahr wegen der brummenden Chemienachfrage im Juli zum zweiten Mal in diesem Jahr nach oben geschraubt. Einschließlich Millipore wird für Merck 2010 ein Wachstum der Gesamterlöse von 21 Prozent auf 9,4 Milliarden Euro in Aussicht gestellt. Das operative Ergebnis soll um 90 Prozent zulegen. "Wir halten die Prognose für erreichbar und gehen davon aus, dass Merck diese bestätigen wird", schreiben die DZ-Bank-Analysten Elmar Kraus und Thomas Maul.
Für die größte Sparte, Merck Serono mit den Kernmedikamenten Rebif zur Behandlung Multipler Sklerose und dem Krebsmittel Erbitux, erwartet Analyst Martin Possienke von Equinet einen Umsatzzuwachs von 7 Prozent auf 1,41 Milliarden Euro. Im Schnitt rechnen die Analysten für Erbitux mit einem Umsatzplus von fast 20 Prozent. Bis 2012 soll das Krebspräparat Blockbusterstatus erreicht haben, also einen Umsatz von einer Milliarde Dollar oder mehr. 2011 und 2012 dürfte sich das Wachstum von Merck Serono nach Einschätzung mancher Analysten jedoch abschwächen. Die Bank of America Merrill Lynch rechnet in den kommenden zwei Jahren mit einem Umsatzzuwachs im niedrigen einstelligen Prozentbereich. Im Pharmabereich hat sich Merck auf verschreibungspflichtige Medikamente (Merck Serono) und rezeptfreie Arzneimittel (Consumer Health Care) spezialisiert.


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