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WettlaufPfizer präsentiert Milliarden-Offerte vor Ratiopharm-Führungsteam

Im Bieterwettbewerb um den Ulmer Generikahersteller Ratiopharm wird Pfizer heute für seine Milliardenofferte werben.

"Pfizer hat und Actavis Anfang nächster Woche Gelegenheit, die Strategie und das Zukunftskonzept für Ratiopharm vorzustellen", sagte eine mit der Transaktion vertraute Quelle am Donnerstag dpa-AFX. An dem Treffen würden 40 bis 50 Führungskräfte von Ratiopharm sowie Betriebsratsvertreter teilnehmen. Im Rennen um die Nummer zwei in Deutschland sind neben dem weltgrößten Generikahersteller Teva Pharmaceutical und Pfizer auch die isländische Actavis. Alle drei hätten Gebote von um die 3 Milliarden Euro abgegeben, sagten zwei andere Insider und bestätigten damit dpa-AFX Meldungen vom 26. Februar.

Am vergangenen Donnerstag hatte Teva seinen Strategieplan für die nächsten Jahre erläutert. Alle jetzt noch verbliebenen Bieter hätten Standortgarantien gegeben. Falls die Offerten am Ende annähernd gleich wären, würden Fragen zur Arbeitsplatzsicherung sowie zur Weiterentwicklung der einzelnen Geschäftsbereiche von Ratiopharm über den Zuschlag entscheiden. Die Ratiopharm-Gruppe besteht aus zum Teil selbstständig agierenden Einheiten wie CT Arzneimittel oder der erst 2000 erworbenen kanadischen Technilab-Gruppe. Zudem ist Ratiopharm auf dem Gebiet von Biosimilars aktiv. Sowohl Ratiopharm wie auch Actavis, Pfizer und Teva lehnten einen Kommentar ab. Ratiopharm will den Verkauf im ersten Quartal abschließen, bestätigte ein Ratiopharm-Sprecher frühere Aussagen.


Pfizer würde sich hohen Marktanteil sichern
Durch die Übernahme von Ratiopharm würde sich Pfizer im für den Konzern noch recht jungen Generikageschäft auf einen Schlag einen hohen Marktanteil sichern. Morgan Stanley-Analyst David Risinger beziffert den Marktanteil von Ratiopharm am deutschen Generikamarkt auf 20,6 Prozent (2008). Mittlerweile dürfte er deutlich höher liegen. Nach Angaben von Sal. Oppenheim kommt Pfizer weltweit auf 1,7 Prozent am Generikamarkt, während der Branchenführer Teva rund 14 Prozent hält und Ratiopharm zuletzt auf 3,6 Prozent kam. Pfizer verliert seit einiger Zeit durch die Generikakonkurrenz Umsatz und versucht, mit Kostensenkungen und Zukäufen gegenzusteuern. Für den Pharmariesen würde Ratiopharm sofort einen positiven Ergebnisbeitrag haben, schreibt Risinger. Die Ulmer könnten nach seinen Schätzungen jährlich mehr als 400 Millionen Euro zum Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (EBITDA) beitragen.

2012 erwartet Pfizer einen Umsatz von 66 bis 68,5 Milliarden Dollar. Für das laufende Geschäftsjahr hatte Konzernchef Jeff Kindler zuletzt Erlöse von 67 bis 69 Milliarden Dollar prognostiziert. 2011 verliert der Blutfettsenker Lipitor von Pfizer sein lukratives Patent. Das Mittel war 2009 ungeachtet eines Umsatzrückgangs auf 11,4 Milliarden Dollar das umsatzstärkste Medikament weltweit. Pfizer hatte 2009 die Milliardenübernahme des Konkurrenten Wyeth für 68 Milliarden US-Dollar (52 Milliarden Euro) unter Dach und Fach gebracht.

Ratiopharm mit Ehrgeizigen Zielen
In den nächsten fünf Jahren verlieren Medikamente mit einem Volumen von weltweit 150 Milliarden Dollar ihren Patentschutz. Ratiopharm-Geschäftsführer Oliver Windholz hat sich daher ehrgeizige Ziele gesetzt: Bis 2014 soll der Umsatz jährlich um durchschnittlich acht Prozent auf 2,4 Milliarden Euro steigen. Der operative Gewinn soll auf 530 Millionen Euro klettern, was einem durchschnittlichen Anstieg von 20 Prozent entspricht. Ab 2010 habe seine Gruppe die beste Abdeckung mit Rabattverträgen der Branche in Deutschland. Aufwärts gehen soll es vor allem in Italien, Portugal, Frankreich, Spanien und Finnland, wo der Generikamarkt noch nicht weit entwickelt ist.

Ratiopharm erzielte 2009 einen Umsatz von 1,6 Milliarden Euro und einen Gewinn vor Steuern, Zinsen und Abschreibungen von 300 Millionen Euro. Ein Kaufpreis von 3 Milliarden Euro wäre damit das 1,9-fache des Umsatzes und etwas weniger als der Aufschlag, der in der Vergangenheit bei vergleichbaren Übernahmen im Generikageschäft bezahlt wurde.

Der älteste Sohn des Anfang 2009 verstorbenen Adolf Merckle, Ludwig Merckle, muss Ratiopharm verkaufen, um Bankschulden zu tilgen. Im Juni 2009 hatten die mehr als 30 Gläubigerbanken mit der VEM Vermögensverwaltung, die als Konzernobergesellschaft der Ratiopharm-Gruppe fungiert, das Stillhalteabkommen bis Ende 2010 verlängert. Merckle kam in den vergangenen Monaten bei der Entschuldung seiner Unternehmensgruppe schneller voran, als es viele Experten für möglich gehalten haben. Die Finanzverbindlichkeiten lagen zuletzt bei deutlich weniger als 3 Milliarden Euro. Vor allem mit der Verringerung seiner Beteiligung am Baustoffhersteller Heidelcement auf zuletzt 24,4 Prozent hat sich Ludwig Merckle großen finanziellen Spielraum verschafft.

Der Auftritt von Actavis Anfang der kommenden Woche lenkt den Blick auf die Deutsche Bank, die angeblich mit 4 Milliarden Euro der größte Gläubiger des verschuldeten Unternehmens ist. "Die Deutsche Bank würde einen Verkauf von Ratiopharm an Actavis sehr begrüßen", hieß es in Finanzkreisen.

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