Angesichts deutlich gesunkener Arzneiausgaben hat die Pharmaindustrie die Bundesregierung zu einer Abkehr von ihrem Kostendämpfungskurs aufgerufen. Die Krankenkassen wiesen die Forderung vehement zurück. "Ein Zwangsrabatt kann nur in einer Notsituation einmalig helfen", sagte die Geschäftsführerin des Verbands der forschenden Pharmaunternehmen (vfa), Birgit Fischer, am Donnerstag in Berlin. Es bestehe die Gefahr, dass "Innovationen" blockiert würden.
Die Arzneiausgaben waren im ersten Halbjahr um 6,3 Prozent gesunken. Die Koalition hatte die Reform mit Preisstopp und erhöhtem Zwangsrabatt für verschreibungspflichtige Medikamente ohne Preisobergrenze wegen eines drohenden Elf-Milliarden-Defizits beschlossen. Fischer mahnte, es dürfe nicht nur auf die Kosten geschaut werden. Hintergrund ist, dass im kommenden Jahr nun auch Preisverhandlungen zwischen den Kassen und den Pharmaherstellern beginnen sollen. Grundlage soll eine frühe Kosten-Nutzenbewertungen neuer Medikamente sein.
Doch seit Monaten verhandeln Kassen und Industrie bisher ergebnislos über die Kriterien der Verhandlungen. Fischer forderte "politische Begleitung und Moderation". Es dürfe nicht sein, dass Innovationen blockiert werden, mahnte Fischer bei der Vorstellung des Arzneimittel-Atlas 2011 des Forschungsinstituts IGES. Der Spitzenverband der Kassen entgegnete, die Verhandlungen liefen konstruktiv und würden im kommenden Monat fortgesetzt. "Es ist das alte Lied - kaum leistet die Pharmaindustrie einen kleinen Beitrag, wird gleich wieder nach dem Gesetzgeber gerufen", sagte Sprecher Florian Lanz.
Der Vorstandschef der Barmer GEK, Christoph Straub, sagte, bei den neuen, teuren Arzneimitteln verlaufe die Dynamik ungebremst. "Das Schreckgespenst einer verminderten Verfügbarkeit oder gar Innovationsblockade ist völlig fehl am Platz."


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