Eine verseuchte Babysalbe, ein wirkungsloses Antidepressivum, ein falsches Mittel in der Packung - über Jahre hinweg herrschten chaotische Zustände in einer inzwischen geschlossenen Fabrik von GlaxoSmithKline. Schlampereien in der Produktion schienen an der Tagesordnung. Dafür wird der britische Pharmakonzern nun zur Rechenschaft gezogen.
Glaxo muss in den Vereinigten Staaten 750 Millionen Dollar (540 Mio Euro) zahlen. Das US-Justizministerium sieht es als erwiesen an, dass das Unternehmen verunreinigte oder mit falschen Inhaltsstoffen versehene Medikamente verkauft hat. Sechs Jahre lang hatten die Behörden ermittelt, am Ende einigten sich die beiden Seiten auf einen Vergleich.
Glaxosmithkline räumte ein, die Produktion im Werk Cidra in Puerto Rico sei mangelhaft gewesen. Eine Entschuldigung an die Patienten blieb aber aus. Stattdessen freute sich Chefjustiziar Elpidio "PD" Villarreal, dass das schon so lange laufende Verfahren endlich vom Tisch sei. Er versicherte, dass es sich um einen Einzelfall gehandelt habe.
Die Schlampereien in der Fabrik, die Staatsanwalt Tony West auflistete, klingen unglaublich: Mal wurden die Medikamente während der Produktion verunreinigt, mal wurden sie durcheinandergebracht und in falsche Flaschen abgefüllt, mal stimmten die Inhaltsstoffe nicht. West warnte vor "ernsthaften Konsequenzen" für die Patienten. Inwieweit Menschen am Ende geschädigt wurden, blieb aber offen.
Im vergangenen Jahr machte Glaxosmithkline die Fabrik schließlich dicht - offiziell, weil die dort hergestellten Medikamente nicht mehr gefragt waren. Auch das wegen erhöhter Herzinfarktgefahr ins Gerede gekommene, in Deutschland vom 1. November an verbotene Diabetesmittel Avandia wurde in Cidra hergestellt. Insgesamt liefen dort rund 20 Präparate vom Band. Cidra gehörte zeitweise zu den größten Werken von Glaxosmithkline.
Eine ehemalige Qualitätsmanagerin hatte den Konzern nach Angaben ihrer Anwälte schon 2002 auf die Probleme hingewiesen - und sogar die Schließung empfohlen. Sie war demnach aber auf taube Ohren im Management gestoßen. Als sie nicht aufhörte, die Missstände anzuprangern, wurde sie nach Angaben ihrer Anwälte schließlich gefeuert. Daraufhin wandte sie sich 2004 an die US-Behörden.
Der Tipp rechnete sich jetzt: Als Informantin steht ihr nach amerikanischem Recht eine saftige Belohnung zu. Die Frau kassiert alleine von der Regierung in Washington 96 Millionen Dollar - laut "New York Times" die höchste Summe, die ein sogenannter "Whistleblower" jemals einstreichen konnte. Hinzu kommen weitere Millionen aus den Bundesstaaten.
GlaxoSmithKline seinerseits hat bereits für die Millionenstrafe vorgesorgt und zur Jahresmitte ausreichend Geld beiseitegelegt. Das ließ damals den Gewinn einbrechen. Der Vergleich werde sich nun nicht weiter auf das Ergebnis auswirken, beruhigte das Unternehmen seine Investoren.


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