Auf 50 Millionen Euro bezifferte der Sprecher der Unternehmensleitung, Prof. Andreas Barner, die jährlichen Ausfälle im Gespräch mit den Nachrichtenagenturen dpa und dpa-AFX. "Die interessante Frage wird für uns sein: Wie können wir das auffangen, ohne Stellen abzubauen?" Das Unternehmen wolle dies vermeiden.
Barner bekräftigte, dass der Umsatz (2009: 12,72 Milliarden Euro) im laufenden Geschäftsjahr stagniert. Grund ist, dass der Patentschutz für das Prostatamittel Flomax und einige kleinere Produkte in den USA ausläuft. Das Betriebsergebnis (2009: 2,23 Milliarden Euro) soll wegen höherer Ausgaben für Forschung und Entwicklung rückläufig sein. Für 2011 werde wieder "deutliches Wachstum" erwartet, betonte Barner. Dabei sollen neue Produkte wie der Blutverdünner Pradaxa helfen. Bis 2009 war das 125 Jahre alte Familienunternehmen zehn Jahre lang stärker als der Markt gewachsen. Es gehört zu den 15 größten Pharmakonzernen der Welt.
Mit dem Pharma-Sparpaket will der Bund den Anstieg bei den Ausgaben für Arzneimittel dämpfen. So stiegen die Zwangsrabatte, die Hersteller für neue und teure Medikamente einräumen müssen, zum 1. August von 6 auf 16 Prozent. Die Preise werden bis 2013 eingefroren.
Im Gegensatz zu anderen EU-Ländern wie Spanien und Griechenland belaste die Bundesrepublik mit ihren Maßnahmen neuere Pharmaprodukte, merkte Barner an, stellte aber auch fest, dass Sparmaßnahmen selbst nicht unerwartet seien. Dies sei jedoch "ein erheblicher Einschnitt" für die forschende Pharmaindustrie und "kein ideales Zeichen" für ein Land, das auf Forschung setze. "Das wird sicherlich ausländische Unternehmen, die sich überlegen, in Deutschland einen Forschungsstandort aufzubauen, nicht gerade ermuntern, jedenfalls im Augenblick."
Mit Blick auf den 50-Millionen-Euro-Ausfall sagte er, wenn irgend möglich, wolle das Unternehmen einen Stellenabbau vermeiden. Die Summe sei aber hoch, "wir müssen uns sehr genau überlegen, wie wir darauf reagieren". Er wies jedoch darauf hin, dass Boehringer Ingelheim in Deutschland zwar die Hälfte seiner weltweiten Investitionen tätigt und ein Drittel seiner Mitarbeiter beschäftigt, dort aber nur sechs Prozent seines Umsatzes macht. Das Unternehmen könne Einbußen in Deutschland deshalb mit Aktivitäten in anderen Ländern ausgleichen. "Das ist eine Möglichkeit, die viele Unternehmen nicht haben."
Auf die Frage, ob das Unternehmen wegen der Gesundheitspolitik über eine Verlagerung von Aktivitäten ins Ausland nachdenke, sagte Barner: "Ich halte nichts davon, zu drohen." Boehringer habe sich immer zum Standort Deutschland bekannt und hoffe, dass es - abgesehen von den akuten Sparplänen - ein "zukunftfestes Gesundheitssystem" geben werde. Mit dem Blick auf die erwarteten Ausfälle wegen auslaufender Patente sagte Barner, er sei zuversichtlich, dass das Unternehmen seinen Plan umsetzen könne, dies ohne Entlassungen abzufedern. Vom Ende der Patente sind bis zu 1800 Mitarbeiter, für die sich Aufgaben verändern, betroffen.
Für Wachstum soll 2011 auch das bei der chronischen obstruktiven Lungenerkrankung eingesetzte Atemwegspräparat Spiriva sorgen, das 2009 weltweit auf Erlöse von 2,4 Milliarden Euro kam. Eine wichtige Komponente des Wachstums sei auch der Blutverdünner Pradaxa. "Wir sind zuversichtlich, dass wir Ende 2010 oder Anfang 2011 die Zulassung zur Verhinderung eines Schlaganfalls in den ersten Ländern erhalten", sagte Barner. Analysten trauen dem Mittel, das bereits seit 2008 in einer kleineren Anwendung auf dem Markt ist, einen jährlichen Spitzenumsatz von mehr als zwei Milliarden Euro zu. Der Bayer-Konzern entwickelt derzeit das Konkurrenzprodukt Xarelto, kommt damit aber vermutlich später auf den Markt als Boehringer.


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