Polternde Auftritte mag der künftige Aufsichtsratschef der Deutschen Bank nicht. Als Finanzvorstand von Europas größtem Versicherer Allianz hat Paul Achleitner seit elf Jahren mit der geschickten Anlage der Versichertengelder dafür gesorgt, dass die Finanzkrise 2008/2009 seinen Arbeitgeber nicht aus der Bahn warf. Schon kurz nach der Jahrtausendwende drehte der heute 55-jährige Österreicher mit am großen Rad der deutschen Wirtschaftsgeschichte - und gibt mit seinen Vorschlägen Hilfestellung beim Rettungsfonds für Euro-Schuldenstaaten. Im kommenden Jahr soll er nach dem Rückzieher von Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann an die Spitze des Aufsichtsrats der größten deutschen Bank rücken.
Für den Manager ging es schon früh steil nach oben: Er studiert in St. Gallen und Havard. Ab 1984 arbeitet er bei der Unternehmensberatung Bain & Company. Später wird er Deutschland-Chef von Goldman Sachs. Im Jahr 2000 holt der damalige Allianz-Chef Henning Schulte-Noelle Achleitner als Finanzchef nach München: Der Investmentbanker soll helfen, die Strukturen der Deutschland-AG aufzubrechen. Ein Vorhaben, das die Allianz beim größten Brocken, der Dresdner Bank, Milliarden kosten wird.
Weil die Fusion des Geldinstituts mit der Deutschen Bank scheitert, übernimmt die Allianz 2001 die Traditionsbank. Doch der Traum vom Allfinanzkonzern platzt in der Finanzkrise, Anfang 2009 gelingt es, das Sorgenkind Dresdner an die Commerzbank weiterzureichen. Grob gerechnet, muss Achleitner dafür 18 Milliarden Euro in den Wind schreiben - und sich als Kapitalvernichter beschimpfen lassen. Weit besser läuft es mit dem Anlagevolumen der Allianz von 457 Milliarden Euro. Die Münchner gelten nach wie vor als sehr finanzstarker Versicherer.
Gerne kokettiert Achleitner damit, dass die Versicherer als langweilig gelten. Keine Zockerei, stattdessen langfristige Gewinne, lautet die Devise. Doch der Schuldenkrise einiger Euro-Staaten konnte sich auch die Allianz nicht entziehen. Monatelang wiederholte Achleitner gebetsmühlenartig seinen Vorschlag, künftig den Euro-Rettungsfonds als Versicherung anzulegen - und damit nicht die kompletten Staatsanleihen angeschlagener Staaten zu garantieren, sondern quasi nur eine "Teilkaskoversicherung". Derzeit sieht es so aus, als hätte Achleitner bei der Politik Gehör gefunden.
Ob er der Richtige für den Aufsichtsrats-Chefposten bei der Deutschen Bank ist, muss der Österreicher noch beweisen. Eine klassische Bank hat er nie geführt, als Kontrolleur sitzt er bisher in den Aufsichtsräten von Daimler, RWE und dem Pharmariesen Bayer. Mit dem Investmentbanking kennt sich Achleitner allerdings aus. Damit könnte er bei der Deutschen Bank ein Gegengewicht zum neuen Co-Chef Anshu Jain werden.


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