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AufschwungViel Glanz bei Top-Konzernen

Mit Riesenschritten lassen die meisten Dax-Konzerne die Krise hinter sich: Umsätze und Gewinne schnellten im vergangenen Quartal in die Höhe. Dabei gibt es so viel Glanz und so wenig Schatten, dass sich selbst Experten die Augen reiben.

Die Schwergewichte der deutschen Wirtschaft strotzen vor Kraft: Sie steigerten ihren Gewinn von Juli bis September um rund 57 Prozent. Zusammen verdienten sie 11,8 Milliarden Euro, wie aus einer Berechnung der Nachrichtenagentur dpa hervorgeht. Seit Beginn des Jahres 2010 verbuchten die Top-Konzerne sogar einen Gewinnanstieg um 73 Prozent, wie die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Ernst & Young am Donnerstag ermittelte.

Das Plus beim Gesamtgewinn der Top-Unternehmen liegt sogar bei 113 Prozent, wenn man die Deutsche Bank mit ihrem Milliardenverlust herausrechnet. Dieser war von Abschreibungen auf die Postbank- Beteiligung verursacht worden. Ohne die Deutsche Bank haben die Konzerne ihren Gesamtgewinn also mehr als verdoppelt.

Den prozentual größten Gewinnsprung schaffte MAN: Der Maschinenbauer steigerte seinen Verdienst um märchenhafte 2900 Prozent - allerdings auf niedrigem Niveau, nämlich von 6 auf 180 Millionen Euro. In einer ganz anderen Liga spielt da Daimler: Die Stuttgarter verdienten im dritten Quartal 1,6 Milliarden Euro, das war ein Plus von sagenhaften 2775 Prozent. Außer der Deutschen Bank verdiente nur Eon im abgelaufenen Quartal weniger als im Vorjahreszeitraum - alle anderen Dax-Konzerne legten zu. Außer diesen beiden Konzernen musste einzig Siemens einen Quartalsverlust ausweisen, vor allem wegen einer Abschreibung in Milliardenhöhe. Insgesamt legte Siemens im abgelaufenen Geschäftsjahr aber Rekordzahlen vor und verbuchte einen Milliardengewinn.

Bei den meisten Dax-Konzernen stiegen die Gewinne weitaus kräftiger als die Umsätze: Hier legten die Konzerne um 17 Prozent zu. Zusammen erlösten die Dax-Unternehmen 231 Milliarden Euro, nach 198 Milliarden im Vorjahresquartal.

"Es ist erstaunlich, wie deutlich die Umsatzschätzungen in diesem Quartal geschlagen und übertroffen wurden", kommentierte Andreas Hürkamp, Aktienmarktstratege der Commerzbank. "Viele Investoren hatten eigentlich erwartet, dass nach den beiden guten ersten Quartalen im dritten mehr Gegenwind bläst." Doch das Gegenteil sei passiert - und das, obwohl die Konjunktur in den USA und auch in der Eurozone insgesamt weiter schlecht laufe: "Das ist wirklich sensationell."

Eine wichtige Erklärung für das Phänomen: "Ein Großteil des Gewinnwachstums kommt aus den neuen Wachstumsregionen, den Märkten in Asien und Lateinamerika." Der dortige Boom habe es ermöglicht, dass exportstarke Unternehmen wieder an ihre Vorkrisenumsätze anknüpfen konnten. "Eigentlich dachte man, dass der Aufholprozess noch bis 2012 dauern würde - aber nein: Bei den Umsätzen sind viele Konzerne schon Ende 2010 auf Vorkrisenniveau angekommen."

Wer dagegen stark von der Konjunktur in den USA und der Eurozone abhänge, liege meist noch deutlich hinter den 2007er-Zahlen zurück: Die Versorger gehörten in diese Gruppe, auch Bauunternehmen, zählt Hürkamp auf. Auch die Banken hätten angesichts schlechter Nachrichten aus den USA und einigen Euro-Mitgliedsstaaten Probleme bei der Gewinn- und Kursentwicklung. "Doch wer an den globalen Konsumenten hängt - wie der Auto-, Chemie und Industriesektor - ist beim Gesamtumsatz größtenteils schon wieder auf Vorkrisenniveau angekommen."

Beim Umsatz schafften 27 Konzerne Steigerungen - Spitzenreiter hier: Der Düngemittelhersteller K+S mit 51 Prozent. Am bescheidensten fiel das Plus beim Handelskonzern Metro mit fünf Prozent aus. Einzig die Telekom musste einen Umsatzrückgang verkraften.

Ihre Beschäftigtenzahl steigern die Größen der deutschen Wirtschaft trotz des Booms insgesamt nur minimal: Bei den 28 Konzernen sind derzeit zusammen 3,48 Millionen Menschen beschäftigt, rund ein Prozent mehr als 2009. Nimmt man ältere Angaben von Infineon und ThyssenKrupp hinzu, kommt man auf 3,68 Millionen Beschäftigte bei Dax-Konzernen.

Gewinnsprünge gingen auch 2010 vielfach mit Personalabbau einher: 15 von 28 Dax-Konzernen bauten Stellen ab. Prozentual schrumpfte die Mitarbeiterzahl bei der Commerzbank am stärksten (minus acht Prozent), bei dem fusionierten Institut arbeiteten rund 4850 Menschen weniger als ein Jahr zuvor. Dagegen steigerte der Pharmariese Merck seine Mitarbeiterzahl - vor allem dank des Zukaufs der US-Firma Millipore - um 23 Prozent. Auch K+S legte um 23 Prozent zu. Die meisten Beschäftigten unter den Dax-Konzernen hat die Deutsche Post (rund 421 000 Mitarbeiter), es folgen Siemens (405 000) und VW (390 000).

Berücksichtigt in den dpa-Berechnungen wurden die Quartalsbilanzen der 28 Dax-Konzerne, die ihr Zahlen bis Donnerstag vorgelegt haben, Infineon folgt am 16. November und ThyssenKrupp am 30. Die fünf Finanz- und Versicherungskonzerne im Dax sind aus der Umsatzberechnung ausgenommen.

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