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9. EPatient Survey 2020Corona verhilft Online-Sprechstunde nicht zum Durchbruch

Obwohl sich viele Bürger und Patienten die Nutzung der Video-Sprechstunde vorstellen können, tun es nur wenige. Es fehlt an digitalen Therapieempfehlung seitens der Ärzte und am schnellen Internetzugang der Patienten.

Verbreitungsdynamik häufigster digitaler Gesundheitsanwendungen über die Jahre (Auswahl)
EPatient Analytics GmbH
Verbreitungsdynamik häufigster digitaler Gesundheitsanwendungen über die Jahre (Auswahl)

"Auch Social Distancing hat der Online-Sprechstunde nicht zum erwarteten Durchbruch verholfen.", so Dr. Alexander Schachinger bei der Vorstellung seines aktuellen EPatient Surveys. Die mit 9700 Teilnehmern größte Online-Befragung zum digitalen Patient macht deutlich, dass sich analoge Gewohnheiten auch durch die digitale Disruption nicht einfach überwinden lassen. Die verhaltene Nachfrage zeigt sich auch in den übrigen digitalen Gesundheitsanwendungen im Markt. 

Zwei Drittel der Befragten würden Videosprechstunden nutzen, aber nur zwei Prozent tun es 

Die Nutzung der Online-Videosprechstunde hat sich seit dem vergangenen Jahr von 0,7 auf 2,0 Prozent verdreifacht. Die Anspruchnahme differiert regional und soziostrukturell stark. Online-Sprechstunden werden in strukturstarken Regionen bis zu fünfmal häufiger genutzt als in strukturschwachen Regionen. Die Nutzer der Videosprechstunde sind überwiegend jünger als 40 Jahre und doppelt so oft Akademiker als andere Bildungsschichten. Die Ursache für die regionale Spreizung liegt auf der Hand: Mangelnder Breitbandausbau. Jeder fünfte Nutzer der Online-Sprechstunde gibt an, dass es Übertragungsschwierigkeiten gab.

Hoch war dagegen die Zufriedenheit derer, die ihren Arzt online konsultiert haben. Vier von fünf Nutzern würden es gerne wieder tun. Und auch das Potential für Videosprechstunden ist weiter vorhanden. Gefragt, ob Videosprechstunden denn eine Alternative dazu wären, drei Monate auf einen Arzttermin zu warten, sagten 66 Prozent ja, 19 Prozent waren unschlüssig und nur 17 Prozent würden lieber auf einen Arzttermin warten.

Potential der Early Adopter ist ausgeschöpft, erstmals stagniert der Gesamtmarkt

Marktübliche digitale Gesundheitsanwendungen wie beispielsweise Diagnostik-, Medikamenten- oder Coaching-Apps verzeichneten in den letzten fünf Jahren ein kontinuierliches Wachstum. 2020 ist erstmals bei vielen Anwendungen ein Wachstumsknick zu verzeichnen. Der "Early Adopter"- beziehungsweise Erstnutzermarkt der bekanntesten digitalen Gesundheitsmarken und ihrer Apps ist scheinbar vorerst ohne konsequente Integration in der Versorgung vor Ort ausgeschöpft. Darüber hinaus nutzen die Angebote auch hier primär Akademiker und überdurchschnittlich digital aktive Milieus. Der Trend zur digitalen Zweiklassenmedizin ist absehbar.

Versicherte und Patienten warten auf Hinweise der Kassen, Ärzte und Apotheker

Das Digitale-Versorgung-Gesetz (DVG) ist noch nicht in der Wirklichkeit angekommen. 95 Prozent der Teilnehmer haben noch nie von ihrem Arzt eine digitale Therapieempfehlung erhalten. Gefragt nach dem erwünschten Akteur der Empfehlung steht die Krankenversicherung mit 76 Prozent auf Platz 1, gefolgt vom Arzt mit 59 Prozent und der Apotheke vor Ort mit 23 Prozent. Wer Therapie-Apps nutzt, ist aber zufrieden. Am Beispiel von Medikamenten-Apps, welche nach ihrer Wirkung auf Therapietreue unter den Teilnehmern evaluiert wurden, wurde das Potential wieder deutlich. 84 Prozent gaben an, sie können durch die Medikamenten-App mit ihren Medikamenten “deutlich besser umgehen und sie regelmäßiger einnehmen”.

Patient suchen digitale Versorgungslösungen selbst auf 

Noch immer beschaffen sich die Allermeisten ihre Informationen online selbst, auch wenn der Anteil der Netzsucher von 70 auf 66 Prozent stetig zurückgegangen ist (2019 zu 2020). Werbung in Massenmedien (14 auf 15 Prozent), Empfehlungen von Krankenkassen (16 auf 18 Prozent) und insbesondere von Arzt (9 auf 12 Prozent) und Apotheke vor Ort (3 auf 4 Prozent) nehmen als Verbreitungskanal an Bedeutung zu.  Erste Milieuanalysen von 9700 Datensätzen zeigen, dass über diese nicht-digitalen Kanäle vor Ort bildungsferne Milieus und "analoge" Patienten besser erreicht werden können. Es gilt: Werden Gesundheits-App in der Versorgung vor Ort integriert, können sie die digitale Spaltung überwinden helfen.

Die EPatient Survey 2020 ist Teil der Datenbank zu Markttrends auf dem digitalen Gesundheitsmarkt - dem EPatientAnalytics Dashboard.

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