Georg Thieme Verlag KGGeorg Thieme Verlag KG
Georg Thieme Verlag KGGeorg Thieme Verlag KG

TI-Messenger & Co.Klinik-Apps für Kommunikation und Prozessunterstützung

Über den TI-Messenger der Gematik soll zukünftig das gesamte Gesundheitswesen miteinander kommunizieren. Auch andere Hersteller liefern Apps für das Krankenhaus. Wann sie flächendeckend zum Standard gehören, bleibt abzuwarten.

Healthcare-App
tadamichi/stock.adobe.com
Symbolfoto

Der Umgang mit Smartphones beginnt heutzutage schon im Kindesalter. Laut Daten des Statistischen Bundesamtes nutzen mehr als die Hälfte der 6- bis 9-jährigen Kinder bereits ein Smartphone, bei den 10- bis 12-Jährigen sind es mehr als 90 Prozent. Im Jahr 2022 besaßen demnach 98,1 Prozent der Privathaushalte in Deutschland mindestens ein Smartphone.

Der Markt der Gesundheits-Apps für den Privatgebrauch ist dementsprechend riesig. Der Umsatz betrug im Jahr 2017 bereits 2,11 Milliarden Euro, im Jahr 2025 sollen es 9,85 Milliarden Euro sein. Unter ihnen finden sich in Deutschland seit zwei Jahren sogar Apps auf Rezept (DiGA). Sie werden als Medizinprodukte von einem Arzt verschrieben und den Patienten von ihren Krankenkassen in der Regel vollständig erstattet. Für digitale Anwendungen zur häuslichen Pflege (DiPA) hat das Gesundheitsministerium im Januar 2022 ebenfalls eine solche gesetzliche Grundlage geschaffen.

Auch Krankenhäuser wollen die Vorteile von mobilen Anwendungen für ihre interne und externe Kommunikation nutzen. Demensprechend entwickeln immer mehr Hersteller Apps, die diese Bedürfnisse erfüllen. Solche Applikationen für Mobilgeräte, die nicht für den Privatgebrauch, sondern speziell auf das Krankenhausumfeld zugeschnitten sind, lassen sich zunächst in zwei Gruppen unterteilen: Jene für die interne Kommunikation und Organisation der Klinikmitarbeitenden innerhalb eines Krankenhauses sowie Apps, die von Patientinnen und Patienten genutzt werden können, um mit Krankenhäusern zu interagieren.

Mobiler KIS-Zugang

In Sachen Kommunikation und Organisation würden Instant-Messaging-Dienste wie etwa Whatsapp prinzipiell sehr viele Möglichkeiten abdecken können – angefangen beim Informations- und Datenaustausch bis hin zur Videokommunikation. Unter der Hand ist zu erfahren, dass gerade Whatsapp – trotz der Tatsache, dass die Benutzung dieses Dienstes in deutschen Krankenhäusern verboten ist – hier nach wie vor die meistgenutzte Anwendung ist.

Gerade KIS-Apps werden jetzt einen dramatischen Boom erleben, weil das exakt den Fördertatbestand drei des Krankenhauszukunftsgesetzes erfüllt.

Allerdings existieren bereits zahlreiche Alternativen, die auf spezielle Berufsgruppen und Fachbereiche im Krankenhaus zugeschnitten sind und im Gegensatz dazu qua Verschlüsselung eine sichere und vor Cyberangriffen geschütztere Kommunikationsmöglichkeit bieten. Unter ihnen sind Apps zur Unterstützung der mobilen Visite, für den Zugang zum Krankenhausinformationssystem (KIS) und zu Behandlungsdaten aktuell am weitesten verbreitet. „Heute bietet praktisch jeder große KIS-Anbieter eine mobile Lösung für den gesamten klinischen Dienst an – für die Ärzteschaft, für die Pflegekräfte manchmal sogar auch für die Physiotherapie. Darauf laufen zwar nicht alle Funktionen, die ein Pflegearbeitsplatz oder ein Arztarbeitsplatz am PC hat, aber damit werden dedizierte Funktionalitäten oder Prozesse wie etwa die Visite oder Behandlungsdokumentation unterstützt. Gerade sie werden jetzt einen dramatischen Boom erleben, weil das exakt den Fördertatbestand drei des Krankenhauszukunftsgesetzes (KHZG) erfüllt“, prognostiziert Bernhard Calmer, Vorstandsmitglied des Bundesverbandes Gesundheits-IT (bvitg) und Geschäftsführer der CGM Clinical Europe GmbH.

Instant-Messenger

Auch Messengerdienste wie etwa die der Siilo Holding oder des Anbieters Elsevier wurden speziell für das Gesundheitswesen entwickelt. Sie bieten Ärzten die Möglichkeit, sich mit Kollegen zu verbinden, schwierige Fälle zu besprechen, evidenzbasiertes Fachwissen zu erhalten und sicher Patientendaten auszutauschen. Allein der Messengerdienst Siilo zählte bereits im Sommer letzten Jahres mehr als 400 deutsche Kliniken, Praxen, Fachgesellschaften und Verbände zu seinen Nutzern. „Ich glaube aber, dass die Zukunft dieser derzeit auf dem Markt befindlichen Whatsapp-Alternativen, wenn ich das sehr freundlich formuliere, endlich ist. Denn sie werden durch den TI-Messenger TIM substituiert“, so Bernhard Calmer. Fehlende Interoperabilität und keine einheitlichen Sicherheits-Zertifizierungen sowie Vorgaben zur Authentisierung zwischen den derzeitigen Messenger-Anbietern sind das Problem. Im Zuge des Digitale-Versorgung-und-Pflege-Modernisierungs-Gesetzes (DVPMG) wurde nun der Weg für eine anbieter- und sektorenübergreifende Kommunikation zwischen allen Leistungserbringern freigemacht. Für alle, die die Sicherheiten bieten.

Ich glaube, dass die Zukunft dieser derzeit auf dem Markt befindlichen Whatsapp-Alternativen endlich ist. Denn sie werden durch den TI-Messenger TIM substituiert.

Mit dem TI-Messenger (TIM) wird im Auftrag der Gematik derzeit ein Sofortnachrichtendienst entwickelt, der als App für Smartphones, Tablets und Desktops angeboten werden soll. Über den TIM sollen zukünftig sämtliche Akteure und Institutionen des Gesundheitswesens miteinander kommunizieren können. Auch der Austausch von Dokumenten, Dateien, Bildern, und Audiodateien jeder Größe in Einzel- oder Gruppenchats soll möglich sein. Als Anwendung innerhalb der Telematikinfrastruktur (TI) wird hier eine Ende-zu-Ende-Verschlüsselung sichergestellt. Auf der Grundlage eines Standard-Protokolls werden sogar verschiedene – aber untereinander interoperable – TI-Messenger auf dem Markt existieren, denn Anbieter können auch eigene Lösungen entwickeln. Jeder TIM-Nutzer wird seinen Anbieter somit frei wählen können. Bereits in diesem Jahr könnten Ärzte, Pflegekräfte, Psychotherapeuten, Zahnärzte, Krankenhäuser und Apotheken sie nutzen, denn die Gematik erwartet die ersten zugelassenen TI-Messenger-Dienste ab dem zweiten Quartal 2023.

Kliniklogistik und Self-Services

Für die Unterstützung der Krankenhauslogistikprozesse bieten Hersteller mittlerweile ebenfalls diverse Anwendungen. So hat das Berliner Unternehmen Simplinic für das klinische Servicepersonal spezielle Trackingsysteme auf Bluetooth-Basis entwickelt, die deren tägliche Routine auch mit Hilfe von Apps unterstützt. Neben dem Bettenmanagement etwa für die Entlassreinigung und den Patiententransport können Krankenhäuser mit Hilfe solcher Systeme auch ihren Medizingerätebestand in Echtzeit orten, verwalten und optimieren. Trotz des wachsenden Marktes sind sie allerdings derzeit offenbar noch eher Nischenprodukte. „Eine flächendeckende Verbreitung sieht anders aus. Es gibt zwar immer mehr Early Adapter, also erste Kliniken, die sie ausprobieren, weil sie neugierig sind. Aber was etwa ein durchgestochenes, wirklich umfangreiches Bettenmanagement angeht, sind das Stand heute wenige Krankenhäuser in Deutschland, die das einsetzen“, verrät Bernhard Calmer.

In Zukunft dürfte sich das allerdings ändern, so der Experte: „Genauso wie jedes Industrieunternehmen seine internen Prozesse weiterentwickelt, werden das auch die Kliniken tun. Daher werden sich auch diese Prozesse zunehmend zu Self-Services entwickeln“, erwartet Calmer. Beispiele für diesen Trend sind etwa die Universitätsmedizin Rostock, das Klinikum Wolfsburg oder das Universitätsklinikum Würzburg. Hier wurden sogenannte Flex-Pools eingerichtet, über die Pflegekräfte ihre Arbeitszeiten nach eigenen Wünschen bestimmen können. Der große Vorteil ist hier, dass Mitarbeiter so das Gefühl bekommen, aktiver an ihrer Dienstplanung zu partizipieren. „Gerade im Krankenhaus haben wir, wie in der Fertigungsindustrie, viele Mitarbeiter, die keine dedizierten Laptops oder Desktops haben – daher werden für diese Art des Verfahrens immer mehr Apps entwickelt“, führt Bernhard Calmer aus. Beispiele sind hier unter anderem die Apps Beekeeper, CGM Sozial, Workday oder auch Atoss Medical Solution.

Interaktion mit dem Krankenhaus

Patienten-Apps, die genutzt werden können, um mit Kliniken zu interagieren und darüber etwa Terminbuchungen, Informationen zu ihren Operationsterminen, Aufklärungsunterlagen oder Informationen zur Nachsorge im Zuge des Entlassmanagements zu erhalten, bilden die zweite Gruppe der mobilen Anwendungen im Klinikumfeld. Die App „Mein.Vivantes“ etwa bietet Patienten die Möglichkeit, auf Ihre Gesundheitsdaten bei Vivantes zugreifen zu können. Im Fokus steht dabei der Austausch von Informationen und Dokumenten sowie die Terminübersicht.

Auch andere Klinikverbünde wie Asklepios, Helios und einzelne Krankenhäuser wie das Klinikum St. Georg in Leipzig nutzen solche Apps – etwa Clickdoc, Doctolib, Samedi oder Timerbee. „Die Patientenkommunikation und Interaktion mit dem Krankenhaus ist derzeit allerdings ausgesprochen dünn, was Apps angeht, insbesondere die flächendeckende Verbreitung. Was aus meiner Sicht am schnellsten und am effektivsten funktionieren wird – mit der steigenden Anzahl der Patientenprotale – ist die Terminbuchung. Besonders in den Ambulanzen und MVZs, die im Zuge der geplanten Krankenhausreform entstehen werden. Das lässt sich nur mit Hilfe eines übergeordneten Terminkalenders organisieren“, erwartet Bernhard Calmer.

Wann solche Apps zur internen und externen Kommunikation in deutschen Krankenhäusern flächendeckend zum Standard gehören, bleibt abzuwarten. Denn genau wie bei den Digitalisierungsbemühungen generell, gelte es laut des Experten auch hier, zunächst eine Transformationsphase zu überwinden. Schließlich ist die Nutzung aller Apps, auch der TI-Messenger, optional, man wird also nicht dazu verpflichtet. Daher müssen Kliniken derzeit die digitalen Möglichkeiten, die etwa eine Terminbuchungs-App liefert, zusätzlich auch noch analog anbieten – was zunächst einen personellen Mehraufwand bedeutet. „Man muss die Klinikmitarbeiter und Patienten mitnehmen und sie dafür begeistern“, rät Bernhard Calmer hier.

2023. Thieme. All rights reserved.
Sortierung
  • Derzeit sind noch keine Kommentare vorhanden. Schreiben Sie den ersten Kommentar!

    Jetzt einloggen

Doctolib GmbH

Doctolib Hospital – Mit Digitalisierung zu mehr Effizienz und Erfolg! 

Die Technologie von Doctolib schafft einen…

ID GmbH & Co. KGaA

Als Unternehmen mit 40-jähriger Erfahrung in der medizinischen Prozess- und Abrechnungsdokumentation haben wir einen…

Philips GmbH Market DACH

Philips vernetzt Daten, Technologien und Menschen

Die Medizin macht täglich Fortschritte. Damit steigen auch die…