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DigitalRadarWas Sie jetzt über die Reifegradmessung wissen müssen

Die Messung des digitalen Reifegrades ist angelaufen. Bis zum 17. Dezember 2021 haben teilnehmende Krankenhäuser Zeit, einen Fragenkatalog zum Stand der eigenen Digitalisierung zu beantworten. Wir beschreiben, was Sie jetzt über die Teilnahme und Messung wissen müssen.

Digital Transformation
WrightStudio/stock.adobe.com
Symbolfoto

Seit dem 5. Oktober 2021 läuft die Messung der digitalen Reife deutscher Krankenhäuser. Nach Angaben des Konsortiums hatten sich bis Redaktionsschluss mehr als 600 Krankenhäuser für die Messung registriert. Für alle Häuser, die sich noch nicht angemeldet haben, beantwortet kma hier die wichtigsten Fragen, denn die Teilnahme ist Voraussetzung für die Förderung nach dem KHZG.

Warum die Reifegradmessung und wer nimmt die Messung vor?

Im Zuge der Umsetzung des KHZG soll mit der Reifegradmessung der grundsätzliche Stand der Digitalisierung in deutschen Krankenhäusern ermittelt werden. Mit der Umsetzung wurde Ende Mai das neugegründete Konsortium „DigitalRadar“ vom Bundesgesundheitsministerium (BMG) beauftragt. Man werde mit dem DigitalRadar in der Lage sein, Krankenhäusern „fundiert“ und „nachvollziehbar“ ein detailliertes Bild über den Stand ihres „Digitalisierungsprozesses für die wichtigsten Bereiche zu geben“, sagte Prof. Dr. Alexander Geissler, Ordinarius für Management im Gesundheitswesen an der Universität St. Gallen und stellvertretender Projektleiter von DigitalRadar auf der Kickoff-Veranstaltung des Konsortiums Ende September.

Gab es vorab einen Testlauf?

Ja. Bis Ende September nahmen laut Konsortium insgesamt 13 Krankenhäuser an einem Probelauf teil. Dazu zählten unter anderem die Berliner Charité, Helios, das Universitätsklinikum Schleswig-Holstein (UKSH), die Johanniter, das Klinikum Nürnberg oder der Elisabeth Vinzenz Verbund.

Sind alle deutschen Kliniken zu einer Reifegradmessung verpflichtet?

Nein. Grundsätzlich gilt: Für Kliniken, die auf eine KHZG-Förderung verzichten, ist die Teilnahme freiwillig, wird aber vom Konsortium und auch anderen Experten dringend empfohlen. „Damit bekommen Krankenhäuser einen klaren Überblick über den Stand der Digitalisierung in ihrem Haus. Wir bieten auch für diese Häuser das volle Informationsprogramm an“, so Jörg Studzinski von HIMMS Europe auf der Kickoff-Veranstaltung. Für alle Krankenhäuser, die einen Förderantrag nach KHZG stellen, ist die Messung hingegen verpflichtend, sie ist eine Voraussetzung für den KHZG-Antrag beim Bundesamt für Soziale Sicherung (BAS).

Welche Kosten kommen auf die Krankenhäuser zu?

Keine, abgesehen vom Personalbedarf für das Ausfüllen des Fragebogens.

Was ist die methodische Grundlage für die Reifegradmessung?

Das Konsortium hat ein eigenes Reifegradmodell entwickelt. Grundlagen des Modells sind Vorgaben des KHZG, ferner werden Kriterien bekannter HIMMS-Modelle (unter anderem EMRAM) und des KITCON- Modells genutzt. Auch Anregungen und Einschätzungen eines eigenen Expertengremiums, in dem Krankenhäuser, Kassen, Verbände, Forschungsinstitute und auch internationale Experten vertreten sind, flossen mit in das Modell ein.

Welche Fristen gilt es zu beachten?

Offiziell endet die Messung am 17. Dezember 2021. Das Konsortium bittet aber teilnehmende Kliniken, bis spätestens 3. Dezember die Ergebnisse an Digital Radar zu übermitteln, damit genügend Zeit für die Plausibilitätsprüfung beziehungsweise für mögliche Nachfragen bleibt. Die Ergebnisse der Messung aus der jetzt laufenden ersten Phase sollen den Kliniken im ersten Quartal 2022 zugehen.

Wo landen die erfassten Daten?

Digital Radar sammelt und wertet die Daten zwar aus, die Daten gehören aber dem Bundesgesundheitsministerium (BMG). Laut Thomas Süptitz, Leiter des Referats Cybersicherheit und Interoperabilität im BMG, sollen die Krankenhäuser die Daten aber einsehen können. Außerdem sollen die Daten für eine wissenschaftliche Evaluation und Weiterentwicklung des Modells wissenschaftlichen Einrichtungen zur Verfügung gestellt werden.

Dienen die Ergebnisse der Messung möglicherweise der Vorbereitung von späteren möglichen Strafzahlungen bei unzureichender Digitalisierung?

Nein, solchen Gerüchten widersprechen Konsortium, DKG und BMG nachdrücklich. „Es ist ausdrücklich nicht unser Ziel, mit dem Digital Radar eine Verknüpfung mit der Malus-Regelung zu treffen. Das Digital Radar dient nicht der Vorbereitung einer Malus-Regelung, diese bleibt den Verhandlungen der Selbstverwaltungspartner überlassen“, so BMG-Referatsleiter Thomas Süptitz.

Wie meldet sich ein Krankenhaus an?

Die Registrierung für die Erhebung erfolgt über die Website des Digital Radars (www. digitalradar-krankenhaus.de). Mit der Registrierung erhält ein Verantwortlicher im Krankenhaus nach der Registrierung einen Link zu dem Fragenbogen zugesandt.

In welcher Form erfolgt die Reifegradmessung?

Die Messung erfolgt in Form einer Selbstauskunft der Häuser mittels einer Befragung. Insgesamt gilt es 234 Fragen in sieben Hauptkategorien („Dimensionen“) zu beantworten. Zu diesen zählen: Strukturen und Systeme, Resilienz Management und Performance, Organisatorische Steuerung und Management, Klinische Prozesse, Informationsaustausch, Tele- Health und Patientenpartizipation. Jede dieser Hauptkategorien unterteilt sich zudem in weitere Unterkategorien. Die Beantwortung dieser 234 Fragen ist nicht allein Aufgabe für die IT-Abteilung. „Es ist ganz wichtig, die Messung als interdisziplinäre Aufgabe im Haus zu sehen“, mahnt Jörg Studzinski. Auch Management und Verwaltung, das klinische Personal und das Informationsmanagement müssten in die Befragung eingebunden werden.

Wie groß sind die prozentualen Anteile der einzelnen „Dimensionen“ an der gesamten Erhebung?

Allgemeine Angaben, etwa zu Kennzahlen und Software, machen mit 32 Prozent den größten Teil aus. Darauf folgen die klinischen Prozesse mit 24 Prozent, Resilienz-Management und Performance (15 Prozent), Informationsaustausch (11 Prozent) und organisatorische Steuerung (9 Prozent), Tele-Health (5 Prozent) und Patientenpartizipation (4 Prozent).

Sind die Dimensionen inhaltlich gewichtet?

Ja. Wie genau, will das Konsortium jedoch erst mit einiger zeitlicher Verzögerung mitteilen, um eine Beeinflussung des Antwortverhaltens in der ersten Phase zu vermeiden. Jörg Studzinski: „Die Gewichtung der Frage ist für Krankenhäuser zumindest zu Beginn der Befragung nicht erkennbar.“ Er wies auch darauf hin, dass die aktive Nutzung einer digitalen Anwendung wichtig sei. Das blanke Vorhandensein eines Tools ohne konkrete Nutzung wird in der Bewertung nicht belohnt.

Was wird konkret gefragt?

Zum Frageprozess zwei konkrete Beispiele: 1. Innerhalb der Dimension „Klinische Prozesse“ wird in der Unterdimension Medikamentenmanagement danach gefragt, ob die Medikation gleich am Verabreichungsort digital dokumentiert wird und ins KIS einfließt. 2. Am Beispiel IT-Sicherheit erfolgt die Frage, ob es Auffrischungskurse für aktive Nutzer und Nutzerinnen gibt, die auch durchgeführt werden. Bei allen Fragen nennt Digital Radar eine Quelle, woher das Kriterium stammt; hier im Beispiel also KHZG und EMRAM. Auch die primäre Zielgruppe wird genannt.

Wie hoch ist zeitliche Aufwand der Messung?

Aus der Pilotphase liegen dazu erste Ergebnisse vor. Danach betrug der Zeitaufwand für die Beantwortung der Fragen im Durchschnitt zwölf Stunden, der Median lag bei fünfeinhalb Stunden. Zusätzlich waren für die Vorbereitung rund acht Stunden notwendig.

Wie hoch ist der personelle Aufwand beziehungsweise wer sollte an der Messung beteiligt werden?

Das differiert je nach Größe der Klinik und der beteiligten Bereiche. In der Pilotphase waren es im Durchschnitt acht Personen, die daran beteiligt waren – aus IT, Verwaltung und Management, Ärztlicher Dienst und Pflegedienst.

Was passiert bei zu wenigen, falschen oder allgemein beantworteten Fragen beziehungsweise bei „weiß nicht“?

„Es ist extrem wichtig, dass wir eine hohe Rücklaufquote haben“, so Prof. Dr. Volker Amelung, dessen Institut für angewandte Versorgungsforschung (INAV) die Reifegradprüfung neben anderen Instituten wissenschaftlich begleitet und evaluiert. Nur dann lassen sich aus der Evaluation wirklich verwertbare Schlüsse ziehen – und auch die Kliniken selbst profitieren von einer ausreichenden Aussagekraft zur Einordnung des eigenen Digitalisierungsstandes. Das Konsortium selbst gibt Mindestanforderungen für die Datenqualität vor. So müssen mindestens 95 Prozent der Fragen beantwortet werden, die Antwort „weiß nicht“ ist höchstens fünf Mal zulässig. Digital Radar überprüft die Antworten nach Übermittlung auf Vollständigkeit und Plausibilität und setzt sich bei Bedarf mit dem Krankenhaus in Verbindung. Dann bleiben zwei Wochen Zeit, um die Nachfragen zu beantworten. Unzureichende Datenqualität wird sanktioniert, es gibt keinen Score und auch der Zugang zu den Ergebnissen wird blockiert. In schweren Fällen verweigert das Konsortium sogar das Teilnahmezertifikat, das Krankenhäuser, die KHZG-Mittel beantragen, zwingend für den Antrag beim Bundesamt für Soziale Dienste (BAS) benötigen. Peter Gocke, CDO der Berliner Charité, appellierte deshalb im Gespräch mit kma an alle Kliniken, „die Wahrheit zu sagen.“ Sich beim Digitalisierungsstand besser darzustellen als die reale Situation im Haus sei „macht keinen Sinn“, so der IT-Experte. Zumal das spätestens bei der zweiten Datenerhebungsrunde auffallen würde.

Welche Scores werden schließlich ermittelt?

Das Konsortium wird den teilnehmenden Kliniken zwei Scores mitteilen: 1. Den selbst entwickelten „DigitalRadar Score“ mit einer Punkteskala von 0 bis 100 Punkten (höchste Bewertung), zum Vergleich mit deutschen Krankenhäusern. 2. Den auf dem EMRAM-Modell basierenden „EMRAM Indikator Score“, zum internationalen Vergleich.

Wann und in welcher Form werden die Ergebnisse den Krankenhäusern zur Verfügung gestellt?

Nach der Datenauswertung bekommen die Kliniken einen Link zugesandt, wo sie die Ergebnisse online auf einem sogenannten „Dashboard“ aufbereitet studieren können. Im Dashboard können die Zahlen detailliert nach Dimensionen und Subdimensionen im Detail analysiert werden.

Wie geht es weiter?

Die erste Phase der Datenerhebung endet am 17. Dezember 2021, der Zwischenbericht mit den Ergebnissen aus dieser ersten Befragungsrunde soll nach Angaben von Alexander Geissler noch im ersten Quartal 2022 vorliegen. Anschließung erfolgt eine Evaluierung der Ergebnisse bis zum Sommer 2023, gefolgt von einer zweiten Befragungsrunde in der zweiten Jahreshälfte des Jahres 2023.

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