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Bergman ClinicsDeutscher Gesundheitsmarkt bietet hohes Wachstumspotenzial

Ende letzten Jahres übernahm Bergman Clinics sechs deutsche Kliniken vom schwedischen Gesundheitskonzern Capio. kma hat mit CEO Hans van der Heijden und dem für Strategieentwicklung zuständigen Ivo Piest über Patientenansprüche, Qualität und Wachstumsziele gesprochen.

Investition
Thananit/stock.adobe.com
Symbolfoto

Welche Ziele verfolgen Sie mit dem Markteintritt in Deutschland?

van der Heijden: Der Eintritt in den deutschen Markt ist im Grunde der nächste logische Schritt im Rahmen unserer Expansionsstrategie. Der deutsche Markt ist für die Bergman-Gruppe extrem attraktiv. Der Antritt in Deutschland ist außerdem Teil unserer auf den Nordwesten Europas konzentrierten Wachstumsstrategie. Ziel ist die Etablierung einer internationalen Plattform für hochspezialisierte medizinische Leistungen.

Deutsche Krankenhausträger klagen mehr als je zuvor über Unterfinanzierung und sinkende Deckungsbeiträge durch ein reformbedürftiges Finanzierungssystem. Ist das ein guter Zeitpunkt für den Markteintritt?

Piest: Der deutsche Gesundheitsmarkt befindet sich im Umbruch. Der Einfluss digitaler Techniken und der zunehmende Trend zur Ambulantisierung werden das medizinische Angebot schneller verändern als noch vor wenigen Jahren angenommen. Die Menschen erwarten zunehmend nicht mehr nur einwandfreie medizinische Qualität, sondern auch guten Service, ein angenehmes Umfeld und eine funktionierende Kommunikation. Auf diese Erwartungen ist unser Angebot zugeschnitten. Wegen unserer starken Fokussierung auf Orthopädie und Gelenkersatz, Gastroenterologie, Gefäßmedizin, Dermatologie, HNO, Augen oder ästhetische Behandlungen bietet uns Deutschland überdies wegen seines recht hohen Altersdurchschnitts gute Wachstumsmöglichkeiten.

Wie lautet ihre Strategie für Deutschland?

Piest: Wir halten kontinuierlich Ausschau nach Übernahmemöglichkeiten im Bereich unseres medizinischen Portfolios. Neben Krankenhäusern sind für uns auch Praxisnetze und MVZ interessant. Wir konzentrieren uns auf eine begrenzte Anzahl von Behandlungen, für die wir ein überdurchschnittliches Maß an Kompetenz und Erfahrung mitbringen. Wir erwarten Wachstum durch eine konsequente Verbindung von ambulanten und stationären Angeboten, der Entwicklung von Nachsorgeangeboten, der direkten Patientenansprache und der Nutzung von Digitalisierungspotenzialen. Hier haben wir einen Wettbewerbsvorteil, weil wir diese Themen von Beginn an als zentralen Bestandteil der Unternehmensstrategie betrachtet haben.

Was verstehen Sie unter Patientenansprache?

van der Heijden: Eine wichtige Grundlage ist die systematische Erhebung und Auswertung von Qualitäts- und Zufriedenheitsdaten. Wenn wir die Erwartungen unserer Patientinnen und Patienten – wir sprechen bei Bergman Clinics ganz bewusst von Klientinnen und Klienten – nicht kennen, dann können wir auch keine Angebote auf ihre Bedürfnisse zuschneiden. Ohne systematische Datenanalyse wäre das Geschäftsmodell der Bergmann Gruppe nicht denkbar. Wir erheben die medizinischen Ergebnisse unserer Behandlungen über Patient Reported Outcome (PRO). Außerdem machen wir Nachsorgeangebote und halten mit unseren Klienten auch nach deren Entlassung aus den Kliniken Kontakt. Wir setzen auf Gastlichkeit, Service und kurze Wartezeiten. Die von Capio übernommenen deutschen Standorte werden derzeit auch mit Blick auf Komfort und Innenausstattung überarbeitet und modernisiert.

Wie lassen sich solche Angebote finanzieren?

van der Heijden: Über Effizienzsteigerungen und über moderne und nachhaltige Prozesse. Bei Logistik, Beschaffung, Dienstleistung und IT-Infrastruktur schlummern im Krankenhauswesen beträchtliche Synergien. Außerdem fokussieren wir unser Angebot sehr konsequent auf medizinische Kernthemen, in denen wir über besondere Routine durch große Fallzahlen verfügen und deshalb überdurchschnittliche Qualität versprechen können. Potenziale sehen wir außerdem auf dem Gebiet der Angebote für Selbstzahler. In diesem Punkt beobachten wir in ein Umdenken. Patientinnen und Patienten sind die Servicewüste bei Gesundheitsleistungen leid. Die Menschen investieren in Gesundheit und Lebensqualität.

Wählen die Patientinnen und Patienten heute ihr Krankenhaus nach anderen Kriterien aus als früher? Werden sie wählerischer?

van der Heijden: Davon bin ich überzeugt. Die Gesundheitskompetenz breiter Teile der Bevölkerung hat nicht zuletzt durch den Einfluss des Internets in den vergangenen Jahren stark zugenommen. Die Menschen informieren sich und entscheiden sich zunehmend bewusst für ein bestimmtes Angebot. Unterstützt wird diese Entwicklung vermutlich noch durch Erfahrungen aus der Pandemie. Für viele Patientinnen und Patienten war die Nähe des Krankenhauses zu ihrem Wohnort vor allem deswegen von großer Bedeutung, weil sie Besuche von ihren Angehörigen bekommen wollten. Wegen der Ansteckungsgefahr waren solche Besuche in den vergangenen Monaten vielfach unmöglich. Dafür rücken andere Kriterien, vor allem die Behandlungsqualität, zunehmend ins Bewusstsein.

Erschienen in kma 3/21  Jetzt kaufen!

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