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Geschäftsjahr 2019Investitionsbelastungen des KRH nicht mehr refinanzierbar

Trotz intensiver Gegensteuerung kommt das Klinikum Region Hannover (KRH) zu einem negativen Jahresergebnis 2019. Tiefgreifende Investitionen konnten nicht mehr refinanziert werden. Gesetzliche Rahmenbedingungen hätten die Lage verschärft.

Aufsichtsrats-Chefs und Geschäftsführung des KRH Klinikum Region Hannover
KRH
Michael Born, Geschäftsführer Personal, Hauke Jagau, Regionspräsident und Aufsichtsratsvorsitzender, Barbara Schulte, Geschäftsführerin Finanzen und Infrastruktur, Michael Borges, Stellvertretender Aufsichtsratsvorsitzender, und Dr. Matthias Bracht, Geschäftsführer Medizin des KRH Klinikums Region Hannover (v. l.)

Mit aller Macht hat sich das KRH Klinikum Region Hannover gegen die Effekte des Krankenhauskrisenjahres 2019 und die erschwerten Rahmenbedingungen gestemmt. Zwar konnte das geplante ausgeglichene Konzernjahresergebnis von 199 000 Euro in 2019 wie angekündigt nicht erreicht werden. Es ist aber durch frühzeitig und konsequent eingeleiteten Steuerungsmaßnahmen gelungen, ein deutlich besseres Ergebnis zu erreichen, als noch im Jahresverlauf prognostiziert. Das Konzernergebnis für das Jahr 2019 liegt bei -12,8 Millionen Euro. Vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen, also ohne die Belastungen aus eigenen Investitionen, ist das Ergebnis mit +6,4 Millionen Euro deutlich positiv.  

Die KRH Geschäftsführung mit Michael Born (Personal), Dr. Matthias Bracht (Medizin) und Barbara Schulte (Finanzen und Infrastruktur) bewertet das Jahr 2019 und die aktuelle Lage als außergewöhnlich herausfordernd: „Leider verkehren sich die Zielsetzungen der deutschen Gesundheitspolitik, die Qualität der Versorgung und die Arbeitsbedingungen der Beschäftigten weiter zu verbessern, in ihren realen Wirkungen in das Gegenteil. Statt mehr Pflege am Bett bewirken die Reformen weniger Versorgung mit noch höherem bürokratischem Aufwand und damit noch mehr Belastung für Beschäftigte“, fasst sie die Situation 2019 zusammen.

Sicherstellung der Versorgung

Der Gesetzgeber habe den Fachkräftemangel in 2019 durch die Einführung von verbindlichen Pflegepersonaluntergrenzen in weiten Teilen zusätzlich verschärft. Was politisch als Entlastungsmaßnahme für die Pflegenden und Qualitätsoffensive der Versorgung verkauft wurde, habe in der Realität, aufgrund der nicht verfügbaren zusätzlichen Pflegekräfte, zu einer drastischen Einschränkung der Versorgungsmöglichkeiten der Krankenhäuser geführt. Dieses weniger an Versorgung spürten Bürger und Patienten und es führe bei den Krankenhäusern zu weniger abrechenbarer Leistung und damit zu schlechteren wirtschaftlichen Ergebnissen. Hochrechnungen im Jahresverlauf ergaben für das KRH ein daraus resultierendes Negativergebnis von bis zu 20 Millionen Euro. Die umgehend eingeleiteten Gegensteuerungsmaßnahmen griffen und führten zu dem beschriebenen Jahresergebnis 2019.

„Wir mussten uns der Frage stellen, wie wir die weniger verfügbaren Versorgungsressourcen am besten einsetzen,“ fasst die KRH Geschäftsführung die damalige Ausgangssituation zusammen. „Unsere Antwort als Unternehmen lautete: Wir müssen nach medizinischer Priorität agieren und die Prozesse weiter optimieren.“ In der Summe führte dies zu einem Rückgang der Fallzahlen von 117 000 Fällen im Jahr 2018 auf 113 000 Fälle im Jahr 2019. Gleichzeitig stieg aber die Behandlungsschwere der Patientinnen und Patienten. Der so genannte Case-Mix lag im Jahr 2019 durchschnittlich bei 1,055 Punkten. Im Jahr 2018 hatte er noch bei 1,043 gelegen. In den psychiatrischen Kliniken des KRH konnte die Zahl der Behandlungstage im Vergleich zum Vorjahr um 6000 auf 279 000 gesteigert werden.  

Zunehmende Bürokratisierung

Entgegen aller Beteuerungen der Bundesebene, für Rahmenbedingungen zu sorgen, die die pflegerischen und medizinischen Berufe im Krankenhaus wieder attraktiver machen sollen, war das Jahr 2019 von einer zunehmenden Bürokratisierung und überbordenden Misstrauenskultur der Krankenkassen geprägt. Allein durch Prüfungen des frisch umbenannten Medizinischen Dienstes (früher MDK), gingen dem KRH elf Millionen Euro an Erträgen für erbrachte Leistungen verloren. „Das tragische an dieser Entwicklung ist, dass wir Krankenhäuser gezwungen werden, noch mehr Fachkräfte aus der Medizin und Pflege mit diesen bürokratischen Prozessen zu belasten“, erklärt die KRH Geschäftsführung „Es ist tragisch in zweifacher Hinsicht – zum einen wirkt sich dies negativ auf die Attraktivität der medizinisch-pflegerischen Berufe aus. Zum anderen sind wir gezwungen, dringend benötigte Fachkräfte dem eigentlichen Versorgungsprozess an den Patientinnen und Patienten zu entziehen, um sie für überbürokratisierte Dokumentationsprozesse einzusetzen.“  

Konsequente Umsetzung der Medizinstrategie 2025

Die Verschärfungen der Rahmenbedingungen fördern die weitere Schwerpunktbildung und gezielte Spezialisierung der Leistungsangebote. Dies greift die Medizinstrategie 2025 des KRH auf und verbindet die geforderte Konzentration mit der gleichzeitigen Sicherung einer möglichst wohnortnahen Versorgung in der Region Hannover. So konnten 2019 weitere telemedizinisch betreute Schlaganfalleinheiten an den Standorten Großburgwedel und Gehrden in Betrieb genommen werden. Mit den bereits vorhandenen Einheiten am KRH Klinikum Nordstadt, dem KRH Klinikum Agnes Karll Laatzen und am KRH Klinikum Neustadt am Rübenberge können jetzt an 5 Standorten der KRH akute Schlaganfälle in spezialisierten Einheiten versorgt werden. Am Standort Gehrden konnte ein Zentrum für robotisch unterstützte Operationsverfahren aufgebaut werden. Das KRH Klinikum Mitte mit den Standorten Nordstadt und Siloah wuchs strukturell weiter zusammen. Der Bereich der stationären Versorgung von Krebspatienten ist kontinuierlich gewachsen und analog zur Medizinstrategie für die somatischen Häuser, wurde 2019 eine Psychiatriestrategie für die KRH Psychiatrien in Wunstorf und Langenhagen entwickelt.   

Die Planungen für den zweiten Neubauabschnitt am KRH Klinikum Robert Koch Gehrden konnten erfolgreich weiter vorangetrieben werden und für den Neubau des KRH Klinikums Großburgwedel konnte ein neuer Standort gefunden und das dazugehörende Areal mit Unterstützung der Region Hannover und der Stadt Burgwedel erworben werden. Das Projekt zum Erweiterungsneubau des altersmedizinischen Schwerpunktes am KRH Klinikum Lehrte läuft im Zeitplan.  

Investitionen und Zukunftssicherung

Trotz der schwierigen wirtschaftlichen Lage hat das KRH im Jahre 2019 über 28 Millionen Euro zur Zukunftssicherung der Versorgung in der Region investiert. Ein Großteil davon wurde im Bereich der ständigen Modernisierungen von Stationen, Funktions- und Behandlungsbereichen und in die Medizin- und Gebäudetechnik eingesetzt. Im besonderen Maße wurden aber auch Investitionen getätigt, die den Beschäftigten und ihren Arbeitsbedingungen zu Gute kommen. So wurden fast 1000 elektrisch verstellbare Betten beschafft und die Digitalisierung der Patientendatendokumentation auf weitere Standorte ausgeweitet. Im Moment erfolgt beispielsweise das Ausrollen der mobilen digitalen Vitalparametererfassung und der Spracherkennung auf alle somatischen Häuser des Klinikums Region Hannover.  

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