
Das städtische Klinikum, das zweitgrößte Krankenhaus in Rheinland-Pfalz, steht seit Mitte Juni in der Kritik. Damals hatte Geschäftsführer Hans-Friedrich Günther erklärt, er sei nicht bereit, Beschäftigte zu belohnen, die sich nicht impfen lassen. „Wer im Krankenhaus arbeitet und nicht geimpft ist, stellt eine Gefahr dar, die wir unseren Patienten nicht zumuten dürfen und wollen“, sagte Günther.
Neben Probezeitkündigungen wurden auch andere Maßnahmen in Aussicht gestellt. So sollen impfunwilligen Beschäftigten aus allen Bereichen des Klinikums etwa Arbeitszeitveränderungen und Fortbildungen verwehrt bleiben. Die Entscheidung darüber sei ausschließlich für das eigene Haus getroffen worden, heißt es aus dem Klinikum. Mit anderen Klinikleitungen habe sich Günther darüber nicht abgestimmt. In den sozialen Medien folgten teils heftige Angriffe.
Im Fall der jetzt gekündigten Pool-Mitarbeiterin will Verdi „alle Mittel ausnutzen, um das vor Gericht zu bringen“, sagt Gewerkschaftssekretärin Agathe Hohmann zu kma. Die Kollegin jedenfalls sei zu einer Kündigungsschutzklage bereit. Verdi sieht in der Entlassung einen klaren Rechtsverstoß, mit dem die Pflegehelferin benachteiligt und gemaßregelt werde. Einer anderen Beschäftigten, so Hohmann, verweigere das Klinikum die Verlängerung einer befristeten Arbeitszeiterhöhung, und bei einer Mitarbeiterin im therapeutischen Bereich werde die von ihrem Vorgesetzten schon befürwortete Fortbildung nun abgelehnt.
Verdi: „Mittelalterliche Methoden“
Für Hohmann sind das „mittelalterliche Methoden“. Günther greife sich bewusst schwache Mitarbeiter heraus, die befristet und in Teilzeit beschäftigt sind, um seine Ziele durchzusetzen, kritisiert sie. Betroffen seien auch Auszubildende, denen ohne Impfung keine Übernahme angeboten werden solle. Ebenfalls unzulässig erscheint ihr, in Vorstellungsgesprächen nach der Impfung zu fragen. Und mindestens problematisch sei es, Ungeimpfte in getrennte Pausenräume zu verweisen.
Hohmanns Gewerkschaft sei dabei grundsätzlich für die Impfung und empfehle sie auch allen, bei denen medizinisch nichts dagegenspreche. „Doch wir vertreten unsere Mitglieder, ihre Rechte durchzusetzen – und noch gibt es in Deutschland keine Impfpflicht“, betont Hohmann. Jeder müsse selbst entscheiden können, ob er zur Impfung bereit sei. Bundesweit sei Verdi kein anderes Krankenhaus bekannt, in dem ähnlich vorgegangen werde wie in Ludwigshafen.
DKG: „Impfung ist bereits bei der Einstellung relevant“
Auch die Deutsche Krankenhausgesellschaft kenne bislang nur das Beispiel Ludwigshafen, erklärte ein DKG-Sprecher auf kma-Anfrage. Rückmeldungen zufolge könne man bei Krankenhausbeschäftigten heute von einer Durchimpfungsquote von rund 90 Prozent ausgehen. Daher stelle sich die Frage nach dem Umgang mit ungeimpften Beschäftigten nur im Ausnahmefall.
Wie Krankenhäuser mit ungeimpften Beschäftigten verfahren, müsse jeweils anhand der konkreten Bedingungen vor Ort entschieden werden, sagte der Sprecher weiter. Grundsätzlich hätten Krankenhäuser die Aufgabe, alles zu unternehmen, um ihre Patienten zu schützen. Zusätzlich seien auch der Arbeitsschutz, der Selbstschutz und der Schutz der Beschäftigten ein zentrales Anliegen. Krankenhauspersonal sei besonders exponiert, so dass die Impfung bereits bei der Einstellung relevant sei.
Bundesweite Diskussion über Impfpflicht
Für Dr. Markus Mai, Präsident der Landespflegekammer Rheinland-Pfalz, ist das Vorgehen der Ludwigshafener Klinikleitung „im höchsten Maße unsensibel“. Mai sieht einen „unverantwortlichen Impfzwang durch die Hintertür“. Es gelte, die individuelle Selbstbestimmung der einzelnen Mitarbeitenden in Kliniken und Altenheimen zu respektieren. Wer sich nicht impfen lassen möchte, „der darf für diese Entscheidung nicht bestraft werden“, sagt Mai. Vielmehr sollten Klinikleitungen weiter das offene Gespräch mit dem Personal suchen und auf die noch immer angespannte Situation aufmerksam machen.
Mittlerweile wird das Thema Impfpflicht nach Italien, Frankreich und Griechenland auch in der deutschen Gesellschaft intensiv diskutiert. Zumindest als Pflicht für einzelne Berufsgruppen findet sie zunehmend Befürworter. Dabei stellen viele auch die Frage, ob Impfverweigerer unter den Pflegekräften in patientennahen Bereichen noch tragbar sind. Mehrere Experten halten eine interne Versetzung oder, falls das nicht möglich sein sollte, auch eine Freistellung für rechtens.
Hans-Friedrich Günther in Ludwigshafen jedenfalls hat sein Ziel, die Impfquote unter den Mitarbeitenden zu steigern, bereits erreicht. Waren Mitte Juni noch etwa 400 der mehr als 3200 Beschäftigten des 960-Betten-Hauses nicht geimpft, sind es mittlerweile, so heißt es aus dem Klinikum, nur noch weniger als 150.





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