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Nach Fall in EssenKGNW fordert Freiheitsstrafe und stellt Leitfaden vor

Als Reaktion auf die zunehmende körperliche und psychische Gewalt gegen Pflegende und Ärzte fordern Klinikvertreter härtere Strafen – und mindestens sechs Monate Haft. Ein neuer Leitfaden soll Krankenhäuser bei der Prävention unterstützen.

Arzt
WavebreakMediaMicro/stock.adobe.com
Symbolfoto

Nach dem viel diskutierten Gewaltausbruch im Essener Elisabeth-Krankenhaus wird verstärkt debattiert, wie künftig auf derartige Angriffe reagiert werden kann und wie Prävention aussehen könnte. Die Krankenhausgesellschaft Nordrhein-Westfalen (KGNW) etwa fordert harte strafrechtliche Konsequenzen und eine Mindeststrafe für die zunehmenden Angriffe auf Pflegekräfte und Ärzte. Zudem hat sie einen neuen Leitfaden mit Sicherheitsempfehlungen für Beschäftigte in Kliniken vorgestellt.

„Es muss klar sein, dass ein solcher physischer Angriff die Freiheit kosten kann und nicht nur eine Geldstrafe droht“, sagt KGNW-Vizepräsident Matthias Ernst. Die Politik müsse mit einem Mindeststrafmaß von sechs Monaten Haft für körperliche Gewalt gegen Klinikpersonal reagieren.

Es sei nicht nur respektlos, sondern in jeder Hinsicht verachtend, Pfleger oder Ärzte anzugreifen, die Menschen in Not behandeln und helfen wollen, erklärt Ernst. Dass diese in den vergangenen Jahren immer stärker von körperlicher und psychischer Gewalt betroffen seien, sei nicht hinnehmbar.

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Ein strenger, fordernder Ton von Patienten oder ihren Angehörigen gehöre inzwischen schon fast zur Normalität, berichtet Simon Härtel, einer der beiden Pflegedirektoren am Evangelischen Krankenhaus Mülheim an der Ruhr. „Vor 20 Jahren war das nicht so“, sagt er: „Wir sind es unseren Leuten schuldig, dass sie in Ruhe und Sicherheit arbeiten können.“ Deswegen habe man in der Klinik diverse Maßnahmen ergriffen – wie zum Beispiel die Ansprache von Patienten, die früher schon einmal auffällig geworden seien. 

Oft könne schon ein Blauer Brief nach Hause Wirkung zeigen, sagt NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU). Er spricht von einem Egoismus, der um sich greife, einer „Ich-ich-ich-und-sofort“-Mentalität. Der nordrhein-westfälische Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) sieht Angriffe auf die Mitarbeiter des Gesundheitswesens als Angriffe auf das Gemeinwesen. Ein solches Verhalten gehe an die Substanz einer humanen Gesellschaft, so Laumann.

Hilfestellung für Krankenhäuser

Die Zahl der Gewalttaten in Krankenhäusern in Nordrhein-Westfalen ist seit 2017 um mehr als 34 Prozent gestiegen. Im Jahr 2023 summierten sich die Taten auf 1705 Fälle. Das sind vier bis fünf pro Tag. Vor kurzem hatte ein Angriff auf Klinikpersonal in Essen für breite Empörung gesorgt. Dabei war eine junge Ärztin von vorbestraften Männern, die von der Polizei der Clan-Kriminalität zugerechnet werden, schwer verletzt worden. Weitere Klinik-Mitarbeiter erlitten ebenfalls Verletzungen.

Angesichts dieser Entwicklung sei Gewaltprävention sehr wichtig, betont Laumann. Er lobt, dass die KGNW der Initiative „Sicher im Dienst“ beigetreten ist und mit dem zusammen herausgebrachten Leitfaden eine konkrete Hilfestellung für die Krankenhäuser gebe. Die mit Praktikern erarbeitete Broschüre „Gewalt und Gewaltprävention im Krankenhaus“ bündelt laut KGNW wichtige Hinweise. Sie sollen als eine Art Checkliste dabei helfen, in den Krankenhäusern bestehende Konzepte gegebenenfalls zu erweitern oder neue zu erarbeiten, heißt es in einer Mitteilung.

Leitfaden zum Download

Der Leitfaden „Gewalt und Gewaltprävention im Krankenhaus“ wurde an die Krankenhäuser in Nordrhein-Westfalen verschickt und ist auch online verfügbar.

Der Leitfaden biete Empfehlungen und praxisorientierte Maßnahmen, um Gewalt im Krankenhaus vorzubeugen und im Ernstfall adäquat zu reagieren. Er richte sich an alle Krankenhausmitarbeitenden und solle zu einem sicheren Arbeitsumfeld beitragen. Zugleich sollen die Kliniken demnach von der schon großen Erfahrung des Präventionsnetzwerkes von „Sicher im Dienst“ profitieren. Deshalb habe sich die KGNW auch entschieden, dem Netzwerk beizutreten.

Für die Beschäftigten werde es zu einer wachsenden Belastung, dass die Zündschnur bei immer mehr Menschen offensichtlich kürzer werde, sagt KGNW-Vize Ernst. Gewalterfahrungen seien leider alltäglich – sollten aber genau dies nicht bleiben. Deshalb sei das Signal klar, so Ernst: „Wir tolerieren keinerlei Gewalt – in keiner Form.“ Gewaltprävention und der fürsorgliche Umgang mit Gewalterfahrungen bräuchten die Aufmerksamkeit des Managements: „Null Toleranz für Gewalt muss ein essenzieller Teil der Unternehmenskultur sein.“

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