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TransplantationsskandalKrankenhaus hat Anspruch auf Vergütung

Der Vergütungsanspruch der Göttinger Universitätsklinik bleibt trotz falscher Angaben an Eurotransplant bestehen. Das entschied am Dienstag das Bundessozialgericht.

Justizia
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Der Göttinger Transplantationsskandal beschäftigt die Gerichte weiterhin. Am Dienstag (7. März 2023) entschied der 1. Senat des Bundessozialgerichts, dass der Vergütungsanspruch des Krankenhauses für eine medizinisch erforderliche Transplantation eines im vorgesehenen Verfahren zugeteilten Organs nicht dadurch entfällt, dass das Krankenhaus falsche Angaben zur Dringlichkeit der Transplantation an Eurotransplant gemeldet hat.

Die Revision der Krankenkasse war ohne Erfolg. Im entschiedenen Fall steht fest, dass die Organtransplantationen medizinisch indiziert waren und einwandfrei durchgeführt wurden. Verletzt wurden die Regelungen zur Meldung der für die Organzuteilung erforderlichen Angaben. Diesen Regelungen kommt aber keine Vergütungsrelevanz zu. Die Vorschriften über die Organverteilung und die damit verbundenen Meldepflichten haben keine qualitätssichernde Zielrichtung. Sie dienen der Herstellung von Verteilungsgerechtigkeit. Ihre Einhaltung ist keine Voraussetzung der Leistungserbringung zulasten der gesetzlichen Krankenversicherung.

Der Senat verkennt nicht, dass das Vertrauen in ein gerechtes Verteilungssystem für Spenderorgane durch Manipulationen nachhaltig beschädigt wird. Für die Voraussetzungen eines Vergütungsanspruchs spielen diese Gerechtigkeitserwägungen nach dem hier maßgeblichen Recht aber keine Rolle. Zur Sanktionierung von Falschmeldungen gegenüber Eurotransplant hat der Gesetzgeber in der Folge des Transplantationsskandals 2013 einen Straftatbestand geschaffen. Weiterhin ist aber weder die Transplantation des im Zusammenhang mit einer Falschmeldung zugeteilten Organes verboten, noch der Vergütungsanspruch ausdrücklich ausgeschlossen.

Der Senat musste nicht entscheiden, ob die Regelungen zur Organvermittlung verfassungsgemäß und damit rechtlich verbindlich sind. 

Hintergrund

Am Göttinger Uniklinikum wurden zwei Versicherten der klagenden Krankenkasse in den Jahren 2010 und 2011 jeweils Spenderlebern transplantiert. Die Eingriffe waren medizinisch indiziert und wurden nach den Regeln der ärztlichen Kunst durchgeführt. Für die stationären Aufenthalte stellte das Krankenhaus der Krankenkasse insgesamt 157 159,31 Euro (108 598,11 Euro und 48 561,20 Euro) in Rechnung, welche die Krankenkasse zunächst vollständig beglich. Nach einem anonymen Hinweis im Juli 2011 erstattete die Beklagte Strafanzeige gegen einen seinerzeit in der Transplantationschirurgie beschäftigten leitenden Oberarzt. Im Zuge der staatsanwaltlichen Ermittlungen stellte sich heraus, dass verantwortliche Mitarbeiter des Krankenhauses falsche Meldungen an Eurotransplant, die zentrale Vermittlungsstelle für Organspenden, vorgenommen hatten.

Das Sozialgericht hat die Beklagte zur Rückzahlung von 157 159,31 Euro nebst Zinsen verurteilt. Das Landessozialgericht hat das Urteil des Sozialgerichts aufgehoben und die Klage der Krankenkasse abgewiesen. Die ordnungsgemäße Meldung der Daten an Eurotransplant sei keine formale oder inhaltliche Voraussetzung der Entstehung eines Vergütungsanspruchs für die stationäre Krankenhausbehandlung eines Transplantationspatienten. Auch die Erforderlichkeit der stationären Leistungen entfalle bei Falschmeldungen nicht. Ein Verstoß gegen die Meldepflichten habe keinen Einfluss auf die Eignung und Qualität der erbrachten Transplantationen. Die Falschangaben hätten sich lediglich auf das Ausmaß der Dringlichkeit bezogen, nicht auf das Erfordernis einer Transplantation als solcher.

Mit ihrer Revision rügt die Krankenkasse die Verletzung von § 39 Absatz 1 SGB V in Verbindung mit § 13 Absatz 3 Satz 3 Transplantationsgesetz.

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