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Klinikum OldenburgVorwürfe wegen erhöhter Sterberate bei Bauchspeicheldrüsen-Operationen

Das Klinikum Oldenburg steht bundesweit im Fokus, weil dort im Jahr 2000 die Mordserie des Pflegers Niels Högel begonnen haben soll. Nun geht es um die Sterberate bei Bauchspeicheldrüsen-Operationen. Ist sie deutlich höher als an vergleichbaren Kliniken?

Foto: Klinikum Oldenburg

Das Klinikum Oldenburg kommt nicht zur Ruhe: Nach den langwierigen Ermittlungen gegen den Patientenmörder Niels Högel geht es nun um die Sterberate bei Bauchspeicheldrüsen-Operationen. Das Klinikum wies am Wochenende Vorwürfe zurück, nach denen in Oldenburg überdurchschnittlich viele Menschen während oder nach solchen Operationen gestorben seien.

«Einige Fakten sind sehr manipulativ dargestellt worden», teilte Vorstand Dirk Tenzer mit. Die Klinik erklärte, seit April 2017 habe es 39 Bauchspeicheldrüsen-Operationen gegeben. 9 Patienten seien während ihres Krankenhausaufenthalts gestorben. Die Sterberate von 23 Prozent sei «im auffälligen, aber keinesfalls im außergewöhnlichen Bereich». Die Art der Operation habe hohe Komplikationsraten. Die Vorwürfe seien dem Klinikum seit Februar bekannt und würden aufgearbeitet, seien aber nicht nachvollziehbar und «nicht haltbar».

Angeblich sechs Patienten bei 20 Bauchspeicheldrüsen-Operationen gestorben

Die Oldenburger Klinik ist eine von neun in Niedersachsen und insgesamt 99 in Deutschland, die bisher von der Deutschen Krebsgesellschaft für Bauchspeicheldrüsen-Operationen zertifiziert waren. Inzwischen arbeiten aber zwei früher tätige Chirurgen nicht mehr in Oldenburg. Deswegen stellte die Klinik bei der Krebsgesellschaft den Antrag, die Zertifizierung ruhen zu lassen. Für Patienten bedeutet das: Die Klinik darf solche OPs weiter vornehmen, es fehlt aber ein wichtiges Qualitätssiegel.

Der NDR hatte unter Bezug auf einen ehemaligen Mitarbeiter des Klinikums berichtet, zwischen April 2017 und Februar 2018 seien 6 Patienten bei 20 Eingriffen dieser Art gestorben - das wäre eine Sterberate von 30 Prozent. Ein Hamburger Experte für solche Operationen sagte dem NDR, bundesweit sei bei diesen Eingriffen mit Sterbe- und Komplikationsraten zwischen 16 und 19 Prozent zu rechnen.

Massive Einmischung der örtlichen Politik sei nicht immer hilfreich

Der Generalsekretär der Deutschen Krebsgesellschaft, Johannes Bruns, sagte der Deutschen Presse-Agentur am Sonntag, die Oldenburger Klinik sei zuletzt im November vergangenen Jahres als sogenanntes Pankreaskarzinom-Zentrum zertifiziert worden. Dabei sei der Verlauf der Operationen im Jahr 2016 ausgewertet worden. Das Ergebnis sei «mehr oder weniger eigentlich unauffällig» gewesen.

Das Klinikum brauche nun vor allem eine vernünftige Steuerung. Es gebe dort offensichtlich ein Kommunikations- und ein Leitungsproblem. «Die einen leiten fachlich, die anderen formal - und das muss zusammenpassen», so Bruns. Die massive Einmischung der örtlichen Politik sei auffällig und nicht immer hilfreich. «Das ist eine ungute Mischung da im Moment.»

Nach Mordserie des Pflegers Högel steht Klinikum im Fokus

Wie die «Nordwest-Zeitung» berichtete, soll erstmals 2015 ein Oberarzt in Oldenburg auf die aus seiner Sicht zu hohe Sterberate bei diesen Operationen intern hingewiesen haben. Ein anderer Arzt habe dann unabhängig davon im Februar dieses Jahres einen Bericht dazu verfasst. Beide Mediziner seien inzwischen nicht mehr in der Klinik beschäftigt.

Das Klinikum steht bundesweit im Fokus, weil dort im Februar 2000 nach Ansicht der Staatsanwaltschaft die Mordserie des Pflegers Niels Högel begann. Auf interne Hinweise, dass ungewöhnlich viele Patienten während seiner Schichten starben, reagierte die Klinik aus heutiger Sicht falsch: Erst wurde der Pfleger auf eine andere Station versetzt, schließlich mit einem guten Zeugnis weggelobt.

Högel soll zwischen 2000 und 2005 mehr als 100 Patienten an den Kliniken Oldenburg und Delmenhorst ermordet haben. Für sechs Taten musste er sich bereits vor Gericht verantworten und sitzt lebenslang in Haft. Im Oktober startet ein neuer Prozess gegen ihn: Diesmal geht es um 98 Morde.

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