
Der am Montagabend überraschend bekannt gegebene Wechsel an der Spitze der Aufsichtsräte der Universitätskliniken in Rostock und Greifswald soll laut dem Wissenschaftsministerium die Lage beruhigen. „Das sind große Herausforderungen, die in den nächsten Jahren anstehen an den Universitätsmedizinen in Mecklenburg-Vorpommern“, sagte die Ministerin Bettina Martin (SPD) am 8. März 2022 in Schwerin. Statt dem bisherigen Aufsichtsratschef – dem früheren Finanzminister Mathias Brodkorb (SPD) – soll nun der ehemalige Präsident des Landesrechnungshofes, Tilmann Schweisfurth, die Posten an beiden Universitätskliniken übernehmen.
Dr. Tilmann Schweisfurth berät seit 2018 unter anderem die Universitätsmedizinen Greifswald und Rostock. Von Mai 2004 bis April 2016 war er Präsident des Landesrechnungshofes Mecklenburg-Vorpommern. Zuvor war er im Sächsischen Rechnungshof als Rechnungshofdirektor tätig. Seine berufliche Laufbahn begann er nach seiner Promotion 1990 in Konstanz, wo er Verwaltungswissenschaften studiert hat, unter anderem im Bundesministerium der Finanzen, in der European Bank for Reconstruction and Development, im Sächsischen Staatsministerium der Finanzen.
Missmanagement und Verschwendung von Steuermitteln?
Die Situation an den Häusern im Land hatte bereits die Opposition alarmiert. Ein von CDU, Grünen und FDP eingesetzter Untersuchungsausschuss im Landtag soll dem Verdacht des Missmanagements und der Verschwendung von Steuermitteln nachgehen. Laut dem CDU-Fraktionschef Franz-Robert Liskow ist es zudem Aufgabe des Gremiums zu klären, wie groß die Gefahren für die Arztausbildung und die medizinische Versorgung sind.
Die beiden Großkliniken stehen unter der Verantwortung des Landes. Wegen erheblicher Defizite, Personalquerelen und drohender Engpässe in der medizinischen Versorgung waren sie in den vergangenen Jahren immer wieder in die Schlagzeilen geraten. Im September 2021 hatte sich bereits der Bildungsausschuss des Landtags mit der Situation in Rostock befasst, nachdem sich Ärzte des Klinikums mit einem Brief an die Landesregierung gewandt hatten. Darin verwiesen sie auf Versorgungsprobleme in der Kinderklinik und äußerten sich kritisch zu verhängten Sparmaßnahmen.
Brodkorb soll Jahresgehalt als Abfindung erhalten
Martin zufolge steht die Abberufung von Bordkorb nicht im Zusammenhang mit dem Untersuchungsausschuss, er sei kein Bauernopfer. Bereits seit Ende 2021 sei man über eine Vertragsauflösung im Gespräch gewesen. Den Worten der Ministerin nach wird der ehemalige Finanzminister – dessen Vertrag regulär noch bis 2024 gereicht hätte – eine Abfindung in Höhe eines Jahresgehalts erhalten, dies entspricht in der Besoldungsgruppe B5 rund 113 000 Euro.
Brodkorb war zuletzt auch wegen seiner publizistischen Nebentätigkeit für das Magazin „Cicero“ in der Kritik. Eine verdeckte Recherche unter dem Pseudonym „Uschi“, bei der Jahrestagung eines Lesbenverbandes, hatte dem Magazin eine Presserüge eingebracht.
Ärztlicher Vorstand noch unbesetzt
Der neue Aufsichtsratschef Schweisfurth will die Versorgung und die Forschung in den beiden Kliniken für die Zukunft stärken. „Ich möchte, dass wir eine vertrauensvolle Zusammenarbeit erreichen und meinen Teil dazu beitragen, die Unimedizinen aus den Turbulenzen zu führen“, so Schweisfurth. Er sehe seine Aufgabe nicht allein in zusätzlichen Sparanstrengungen und betonte zudem, dass er allein für die Überwachung der jeweiligen Geschäftsführungen verantwortlich sei, der Aufsichtsratschef leite die Kliniken nicht operativ.
In diesem Zusammenhang sieht Schweisfurth die Besetzung der aktuell vakanten Position des ärztlichen Vorstandes in Rostock als eine der drängenden Aufgaben, diese müsse „schnellstmöglich und bestmöglich“ geschlossen werden. Er wies zudem darauf hin, dass er die beiden Kliniken seit 2018 als Berater begleitet habe.
Laut der Wissenschaftsministerin erbringen die Kliniken in Rostock und Greifswald rund ein Viertel der medizinischen Leistungen im Nordosten, sie seien das Rückgrat der Krankenversorgung. Zur Frage wieso Brodkorb die Neuaufstellung der Kliniken nicht weiter begleiten konnte, sagte Martin lediglich, dass man im beidseitigen Einvernehmen entschieden habe, die Zusammenarbeit zu beenden.





Derzeit sind noch keine Kommentare vorhanden. Schreiben Sie den ersten Kommentar!
Jetzt einloggen