
Wird das Thema Diskriminierung im Gesundheitswesen übersehen? Für Ferda Ataman ist das keine Frage: „Wenn sich Menschen gegen Diskriminierung wehren wollen, finden sie oft keine Ansprechperson und bekommen keine Hilfe“, sagt die Unabhängige Bundesbeauftragte für Antidiskriminierung. Die Folgen für diskriminierte Patienten seien gravierend: „Sie dürfen nicht im Stich gelassen werden“, fordert Ataman.
Anlass ihres deutlichen Appells ist die Studie „Diagnose Diskriminierung. Beratungs- und Beschwerdemöglichkeiten bei Diskriminierungserfahrungen im Gesundheitswesen“. Sie belege erstmals, dass, wer Diskriminierung im Gesundheitswesen erlebe, in Deutschland oft auf sich allein gestellt sei, teilt die Antidiskriminierungsstelle des Bundes mit. Ataman hat die Ergebnisse am 22. April an Bundesgesundheitsminister Prof. Dr. Karl Lauterbach übergeben.
Ansprechpersonen sind schwer zu finden
Im Rahmen der Studie seien erstmals die Beratungs- und Beschwerdemöglichkeiten im Gesundheitsbereich umfassend untersucht worden, so die Antidiskriminierungsstelle. Im Fokus stand demnach die Frage, was passiert, wenn sich Menschen nach einer Diskriminierung im Krankenhaus, in einer Arztpraxis oder Apotheke an eine Anlaufstelle wenden.
Dazu seien Benachteiligungen aufgrund von Alter, Behinderung, Geschlecht, sexueller Identität, Religion und Weltanschauung sowie rassistische und antisemitische Diskriminierung nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) untersucht worden. Zudem seien Diskriminierungserfahrungen aufgrund des Körpergewichts und sozialen Status betrachtet worden.
Was wir jetzt brauchen, ist eine zentrale Anlaufstelle für Menschen, die Diskriminierung erleben.
Ergebnis: Nur wenige Anlauf- und Beratungsstellen seien auf Diskriminierung spezialisiert, und Ansprechpersonen für Diskriminierung im Gesundheitswesen seien schwer zu finden. Für diskriminierte Menschen seien die Beschwerdewege oft intransparent und ineffektiv, mahnt die Antidiskriminierungsstelle. Anlaufstellen informierten in der Regel nicht darüber, ob sie auch für Diskriminierungserfahrungen zuständig sind, und selbst für Experten sei die Landschaft an verschiedenen Beratungs- und Beschwerdestellen schwer durchschaubar: Gesundheitsämter, Krankenkassen, Patientenbeauftragte – oft sei unklar, wer für was zuständig ist. „Was wir jetzt brauchen, ist eine zentrale Anlaufstelle für Menschen, die Diskriminierung erleben, wo sie Informationen bekommen und erfahren, was sie tun können“, forderte Ataman.
Lauterbach gegen Benachteiligung von Patientengruppen
Bei Karl Lauterbach fand Ataman offenbar Gehör: „Diskriminierung wird gerade in Situationen von Krankheit und Schwäche als besonders verletzend erlebt. Das können wir nicht hinnehmen“, erklärte der Minister: „Hier müssen auch im Konfliktfall vor Ort kompetente Berater helfen.“
Auch wenn es vorbildliche Angebote und einige Vorreiter im Gesundheitswesen gebe: Die Situation für Menschen, die Diskriminierung erleben, müsse sich dennoch umfassend verbessern, mahnt Ataman und gibt mit Blick auf die Studienergebnisse verschiedene Handlungsempfehlungen:
- Das Beratungsangebot sollte in allen Praxen, Krankenhäusern und anderen Einrichtungen des Gesundheitswesens sichtbar sein.
- Zudem müssten Anlaufstellen ihren Umgang mit Diskriminierung professionalisieren und Diskriminierungsfälle künftig systematisch erfassen und auswerten.
- Die rechtlichen Möglichkeiten, sich nach einer Diskriminierung zu wehren, müssten verbessert werden.
- Und der Schutz vor Diskriminierung müsse konkret auch auf Behandlungsverträge ausgeweitet werden, damit Betroffene Schadensersatz einklagen könnten.
Lauterbach sagte, es gebe schon das Problem, dass sich Menschen mit Sprachbarrieren im Gesundheitssystem oft nicht auskennen. Generell hätten Menschen mit Suchterfahrungen oft Probleme, in der Psychotherapie versorgt zu werden. Zudem gebe es Diskriminierung von Menschen mit Behinderungen und auf der Grundlage der Herkunft von Menschen.





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