Georg Thieme Verlag KGGeorg Thieme Verlag KG
Georg Thieme Verlag KGGeorg Thieme Verlag KG

OktoberFresenius-Vorstandsvorsitzender Sturm geht, Sen kommt

Stephan Sturm gibt zu Ende September den Fresenius-Vorstandsvorsitz an Michael Sen ab, der kommissarisch auch die Aufgabe als Vorstandsvorsitzender von Fresenius Kabi weiterführen wird bis eine Nachfolgeregelung gefunden ist.

Michael Sen
Fresenius
Michael Sen wird zum 1. Oktober 2022 Vorstandsvorsitzender von Fresenius.

An der Spitze von Fresenius kommt es zum personellen Wechsel: Michael Sen (53) wird zum 1. Oktober 2022 Vorstandsvorsitzender von Fresenius wie der Aufsichtsrat einstimmig entschied. Er folgt auf Stephan Sturm (59), der das Unternehmen nach sechs Jahren als Vorstandsvorsitzender zum 30. September 2022 verlässt. Davor gehörte er dem Vorstand von Fresenius seit Januar 2005 als Finanzvorstand an. Bei Anlegern kam das alles zunächst gut an. Die Fresenius-Aktie stieg am Freitagabend auf der Handelsplattform Tradegate um fast drei Prozent.

Sen ist seit April 2021 im Vorstand von Fresenius verantwortlich für den Unternehmensbereich Fresenius Kabi, der sich auf Flüssigmedizin und biopharmazeutisch hergestellte Nachahmermedikamente konzentriert. Zuvor war der studierte Betriebswirt Mitglied des Vorstands der Siemens AG und dort für das bei Siemens Healthineers gebündelte Gesundheits- sowie das Energiegeschäft verantwortlich. Von 2015 bis 2017 hatte er den Finanzvorstand beim Energiekonzern E.ON SE inne. Schon sein Amtsantritt bei Fresenius sorgte für rege Spekulationen, so wurde Sen bereits damals als möglicher Nachfolger an der Konzernspitze gehandelt. Mit Sen steht bald ein Mann mit ausgewiesener Erfahrung im Abspalten von Unternehmensteilen an der Fresenius-Spitze: Bei Eon organisierte er als Finanzchef die Ausgliederung des Strom- und Gasgeschäfts in das inzwischen wegen der Gaskrise schwer angeschlagene Energie-Unternehmen Uniper . Bei Siemens war er für das Gesundheitsgeschäft und später für den Energiebereich zuständig, die der Münchener Konzern als Siemens Healthineers und Siemens Energy dann an die Börse brachte.

Erwarteter Wechsel in wirtschaftlich turbulenten Zeiten

Der Personalwechsel kommt nicht ganz überraschend: Der scheidende Konzernchef Stephan Sturm hatte nach mehrmaligen Gewinnwarnungen in den vergangenen Jahren erst kürzlich auch die Ziele für das laufende Jahr zurechtstutzen müssen. Dies brachte wohl endgültig auch für den Aufsichtsrat das Fass zum Überlaufen, der Sturm trotz anhaltender Probleme die Treue gehalten hatte. Fresenius machen nach zwei ohnehin schwierigen Pandemiejahren aktuell die stockenden Lieferketten und die steigenden Kosten zu schaffen. Zudem litt die Dialysetochter Fresenius Medical Care (FMC ) unter der hohen Übersterblichkeit von Blutwäsche-Patienten mit Corona, zuletzt kam noch Personalmangel hinzu. Im Frühjahr 2021 läuteten Fresenius und FMC milliardenschwere Umbauprogramme ein, die in den kommenden Jahren zu Ergebnisverbesserungen führen sollen. FMC kündigte dabei einen Abbau von 5000 Stellen an.

Auch an der Börse stehen beide im Dax notierten Unternehmen seit längerem massiv unter Druck. So hat die Fresenius-Aktie seit Mitte 2017 rund zwei Drittel an Wert verloren, das FMC-Papier büßte in derselben Zeit mehr als die Hälfte seines Wertes ein. Doch auch der eingeläutete Sparkurs reichte den Investoren zuletzt nicht. Und neben den Sorgen um die Ergebnisse stieß den Anlegern wohl auch die nicht immer glückliche Kommunikation der Konzernführung auf. In den kommenden Monaten dürften die Investoren nun die weiteren Schritte von Sen und seine Strategie genau verfolgen. Die Erwartungen auch im Konzern selbst dürften hoch sein, ob es dem Manager gelingt, Fresenius wieder in ruhigeres Fahrwasser zu führen.

Bereits unter Sturm hatte der Fresenius-Konzern die Suche nach möglichen Investoren für eine Minderheitsbeteiligung an der Kliniktochter Helios eingeläutet. Ein Börsengang von Helios wurde zuletzt nicht ausgeschlossen. Ähnliches gilt auch für die Servicegesellschaft Vamed. Dagegen sollte Kabi durch Übernahmen weiter gestärkt werden, erste Zukäufe wurden bereits verkündet. In den Fokus könnte mit dem Personalwechsel auch wieder die Fresenius-Beteiligung an FMC von rund einem Drittel rücken, deren Verkauf Sturm mehrfach eine Absage erteilt hatte.

Weitere personelle Veränderungen bereits angekündigt

Im Vorstand wird Sen künftig begleitet von einer ebenfalls neuen Finanzchefin: Die Bestellung von Sara Hennicken zum kommenden Monat hatte der Konzern bereits verkündet. Ebenfalls seit einigen Monaten bekannt ist die neue Chefin von FMC, Carla Kriwet. Die künftige zweite Frau an der Spitze eines Dax-Unternehmens startet am 1. Oktober in den neuen Job. Bereits vor der Pandemie stand seine Amtszeit als Konzernchef jedoch unter keinem guten Stern: So floppte die zunächst als großer Erfolg gefeierte milliardenschwere Übernahme des US-Generikaherstellers Akorn. Fresenius blies den Kauf im Frühjahr 2018 wegen Problemen bei den Amerikanern ab. Es folgte ein unschöner Gerichtsstreit, den Fresenius aber für sich entschied.

Sturms Ruf als „Dealmaker“, den er sich in den Jahren zuvor als Finanzvorstand neben dem früheren Fresenius-Chef und jetzigem Nestle-Lenker Ulf Mark Schneider erworben hatte, war damit angekratzt. Ein erfolgreicher Schritt war indes die Übernahme der spanischen Klinikgesellschaft Quironsalud für 5,8 Milliarden Euro im Jahr 2017 - die bisher größte für den Fresenius-Konzern.

Sortierung
  • Derzeit sind noch keine Kommentare vorhanden. Schreiben Sie den ersten Kommentar!

    Jetzt einloggen