
Der Streit schwelt schon lange Zeit: Bundesgesundheitsminister Jens Spahn sieht die Selbstverwaltung im Gesundheitswesen als zu unbeweglich an. Bereits 2012 äußerte er, damals noch gesundheitspolitischer Sprecher der Unionsfraktion: „Ich verliere immer mal wieder das Vertrauen in die Lösungsfähigkeit der Selbstverwaltung.“ Nachdem er Gesundheitsminister geworden war, formulierte er es diplomatischer: „Ich bin ein großer Fan der Selbstverwaltung“, sagte Spahn im Frühjahr 2018. „Aber ich bin nur ein Fan einer funktionierenden Selbstverwaltung.“ Es gebe „immer noch viele Debatten, die wir jahrelang in Endlosschleifen geführt, aber nie zu einer Entscheidung gebracht haben“, legte er wenig später nach.
Immer wieder politische Eingriffe in die Selbstverwaltung
Mehrfach hat Spahn deshalb in den letzten zwei Jahren in Belange der Selbstverwaltung eingegriffen: Etliche Male nahm er die Entscheidungsprozesse des Gemeinsamen Bundesausschusses zum Leistungskatalog aufs Korn. Er durchbrach das fast zwei Jahrzehnte lang geltende Prinzip der Fallpauschalen in der Krankenhausvergütung, indem er die Kosten für Pflege herausnahm. Dann setzte er gegen Kassen und Krankenhäuser Personaluntergrenzen in pflegeintensiven Bereichen der Kliniken durch. Er ließ die Regierung die Mehrheit bei der Gematik übernehmen. Er nahm den Krankenkassen den Medizinischen Dienst weg und begrenzte die Zahl erlaubter Prüfungen von Krankenhausabrechnungen durch die Krankenkassen. Niedergelassenen Ärzten verordnete er Praxismindestöffnungszeiten. Und durch einen Umbau der Gremien im GKV-Spitzenverband plant er die Beschneidung der Kompetenzen ehrenamtlicher Selbstverwaltung.
Notwendigkeit der Diskussion
Der Verband der Innungskrankenkassen hat bereits eine eigene Website mit dem Titel „Eingriff in die Selbstverwaltung“ eingerichtet, welche die umstrittenen Maßnahmen auflistet und kritisch würdigt. „Obwohl sich die Regierungsparteien im Koalitionsvertrag für die Stärkung der sozialen Selbstverwaltung ausgesprochen haben, häufen sich die Angriffe auf die soziale und gemeinsame Selbstverwaltung seitens der Politik“, wird dort verlautet. Spahn rüttele „an den Grundfesten des Sozialversicherungssystems“, heißt es aus dem GKV-Spitzenverband.
Das politisch hoch umstrittene Thema „Die Selbstverwaltung im Gesundheitswesen: Garant oder Bremser?“ diskutieren auf dem Hauptstadtkongress Medizin und Gesundheit: Mario Czaja, früherer Gesundheitssenator von Berlin, Dr. Günther Jonitz, Präsident der Ärztekammer Berlin, Sigrid König, Vorständin des BKK Landesverbands Bayern, Dr. Nicolas Krämer, Geschäftsführer des Rheinland Klinikums Neuss, und – als Impulsgeber und Moderator – Prof. Dr. Herbert Rebscher, Geschäftsführer IGV Research.
Ob und wie sich die aktuellen Pläne des Hauptstadtkongresses 2020 durch Covid-19 ändern werden, ist noch nicht näher bekannt.





Derzeit sind noch keine Kommentare vorhanden. Schreiben Sie den ersten Kommentar!
Jetzt einloggen