
Sie haben eine Studie über Gebäudedienstleistungen im Gesundheitsmarkt erstellt. Welche Bedeutung haben Krankenhäuser für das Facility-Management?
Ball: Gebäudedienstleistungen für Krankenhäuser erstrecken sich von der Lüftungswartung über den Gebäudeunterhalt und die OP-Reinigung bis zu Logistik, Catering und Grünanlagenpflege. Laut unserer aktuellen Studie gibt es in Deutschland 60 bis 70 Unternehmen, deren Umsatz mit dem Gesundheitsmarkt im Durchschnitt bei 12 Prozent lag. Es handelt sich um den fünftgrößten Markt für die Gebäudedienstleistungsbranche. Im vergangenen Jahr belegten die Krankenhäuser und Pflegeheime sogar Platz vier in unserem Ranking.
Wie wird sich der Personalmangel auf die Gebäudedienstleistungen in den kommenden zehn Jahren auswirken?
Schröter: Ich habe mich davon verabschiedet, Zehnjahrespläne aufzustellen und zu glauben, dass ich weiß, wie die Welt im Jahr 2034 aussieht. Man kann durch den demografischen Faktor in den jeweiligen Regionen zumindest für die nächsten fünf Jahre den eigenen Personalbedarf abschätzen und das, was nachkommt. Ich schätze, dass es in zehn Jahren in Pflegeheimen, die nicht in Metropolregionen liegen, keine eigenen Küchen mehr geben wird. Die Einrichtungen bekommen keine Köche mehr, weil das Interesse an diesem Ausbildungsberuf massiv zurückgegangen ist.
Für Pflegeheime in der Peripherie wird es zunehmend schwerer, das Küchenteam noch zu besetzen. Je spezieller der Beruf, desto schwieriger gestaltet sich die Personalsuche. Es ist auch nicht möglich, beliebig Mitarbeiter aus anderen Ländern zu akquirieren. Menschen aus dem Ausland haben meist keine Lust, in die deutsche Peripherie zu ziehen. Sie bevorzugen die Metropolen, wo es das Personalproblem in dieser Form nicht gibt.
Zur Person

Thomas Ball ist seit 2020 Partner beim Marktforschungs- und Beratungsunternehmen Lünendonk & Hossenfelder. Zuvor betreute er als Senior Consultant die Marktsegmente Instandhaltung sowie Personaldienstleistung. Darüber hinaus war er für die Weiterentwicklung des Geschäfts mit Facility-Management-Unternehmen verantwortlich.
Was raten Sie den Krankenhäusern?
Schröter: Einem Klinikbetreiber oder Pflegeheimbetreiber, der beispielsweise zwölf Einrichtungen in mehreren Kleinstädten innerhalb einer Region betreibt, empfehlen wir den Bau einer Großküche in der nächstgelegenen Großstadt, die logistisch gut angebunden ist. Dort findet sich noch das Personal für eine Küche. Die Einrichtungen werden dann zentral mit dem Essen beliefert. Deshalb lautet unsere Empfehlung bei Bauprojekten, keine Produktionsküchen mehr zu planen.
Wie werden Technik und Digitalisierung die Anforderungen an Gebäudedienstleistungen verändern?
Ball: Auf vielen Krankenhäusern lastet ein Kosten- und Kapazitätsdruck. Wir erwarten, dass Leistungen zumindest ein Stück weit vom Kernpersonal zu den Gebäudedienstleistern verlagert werden. Interessant sind zum Beispiel die Reinigungsroboter. Im Frühjahr haben auf der Leitmesse für Gebäudereinigung, der Interclean in Amsterdam, über 30 internationale Hersteller ihre Reinigungsroboter präsentiert. Die Leiter Gebäudewirtschaft in den Krankenhäusern haben kaum die Kapazität, sich mit dieser Marktentwicklung intensiv zu befassen. Wer sich hier weiterentwickeln und auch auf das Thema Personalmangel reagieren möchte, benötigt eine hohe Fachkompetenz. Das ist ein wesentlicher Treiber dafür, dass der Dienstleistungsmarkt hier strukturell relativ gut aufgestellt ist.
Wie sinnvoll sind Saugroboter für Krankenhäuser?
Schröter: Der Business Case zu einem Saugroboter ist so kompliziert und so individuell auf das jeweilige Objekt anzuwenden, dass sich aktuell nicht sagen lässt, ob ein Einsatz sich rechnet oder sinnvoll ist. Rein betriebswirtschaftlich gesehen eignen sich Saugroboter bislang nicht zum Rationalisieren, weil es passieren kann, dass sie mehrmals im Monat ausfallen. Das ist ein Problem, weil der gesamte Dienstplan darauf abgestimmt ist. Sie eignen sich aber als Ergänzung bei Personalmangel. Innerhalb der nächsten fünf bis zehn Jahre wird die Technik jedoch so ausgereift, günstiger und langlebiger sein, dass sie sich auch zum Rationalisieren eignet und sie sich in der Fläche durchsetzen wird.
Zur Person

Dominik Schröter ist seit 2021 Geschäftsführender Gesellschafter der Weidemann-Gruppe GmbH. Bereits seit 2010 ist er in unterschiedlichen Funktionen in der Weidemann-Gruppe GmbH tätig gewesen. Die Weidemann-Gruppe GmbH ist 1993 in Magdeburg gegründet worden und hat sich zu einem der größten Beteiligungsunternehmen im Gesundheitsmarkt für den tertiären Bereich entwickelt.
Sind die Krankenhäuser baulich für den Einsatz von Saugrobotern ausgelegt?
Schröter: Es gibt heute bereits Fälle, in denen es funktioniert. Beispielsweise im Erdgeschoss von Klinikkomplexen mit großen, langen und relativ leeren Fluren. Natürlich wird auch hier noch eine Ersatzmaschine benötigt, um einen Ausfall zu kompensieren. Ich beschäftige mich gerade intensiv mit diesem Thema, das so komplex ist, dass die kaufmännische Leitung einer Klinik das nicht nebenher mitmachen kann.
Wenn eine größere Sanierung von Stationen oder Krankenhausbereichen ansteht, muss man wissen, worauf zu achten ist. Marktrelevant ist inzwischen das Servicenetz. Benötigt wird eine vernetzte Infrastruktur im Gebäude. Außerdem sollte – ähnlich wie beim autonomen Fahren – nicht nur die Technik, sondern auch die Software betrachtet werden. Es gibt bereits Modelle, die digital mit Aufzügen kommunizieren. Diese Saugroboter rufen eigenständig Aufzüge herbei, um in ein anderes Stockwerk zu fahren. Dabei müssen dann auch Sicherheitsthemen beachtet werden. Aber das ist alles lösbar.
Wie verändert sich der Markt in den kommenden Jahren?
Schröter: Wir gehen davon aus, dass sowohl der Akutklinik- als auch der Pflegemarkt kleiner werden wird. In zwei bis drei Jahren gibt es vermutlich deutlich weniger Krankenhäuser und Pflegeheime als heute. Vor allem im Pflegemarkt nehmen seit vergangenem Sommer die Insolvenzen überhand. Dadurch wird zwar der Kuchen insgesamt kleiner. Es besteht aber ein betriebswirtschaftlicher Druck und auch die Bereitschaft in den Kliniken und Pflegeheimen, alle Gebäudedienstleistungen – es gibt ungefähr 40 Dienstleistungssparten – out- oder inzusourcen. Wie unsere Studie zeigt, geht der Trend hin zu Servicegesellschaften.
Welchen Vorteil bieten Servicegesellschaften?
Ball: Bei diesem Modell bilden Auftraggeber und Auftragnehmer ein gemeinsames Dienstleistungsunternehmen. Die Haustechnik zum Beispiel hat eine Personalkostenquote von 80 Prozent. Wenn diese an einen Spezialdienstleister outgesourct wird, bezahlt der Träger auf diese 80 Prozent die Mehrwertsteuer in Höhe von 19 Prozent. Bei der gemeinsamen Servicegesellschaft entfällt diese Mehrwertsteuer. Da der Krankenhausträger beteiligt ist, wird die Leistung transparenter. Zusätzlich zum Umsatzsteuereffekt kommt noch ein Margeneffekt hinzu.
Schröter: Das Ganze hat dazu geführt, dass es Firmen gibt, die sich darauf spezialisiert haben, alle Dienstleistungen in einer Servicegesellschaft zu bündeln und zu managen. Der Markt ist aktuell stark in Bewegung, obwohl er kleiner wird.
Wie sinnvoll ist integriertes Facility-Management?
Ball: Integriertes Facility-Management bedeutet, dass es einen Ansprechpartner gibt, der breit aufgestellt ist und verschiedene Themen abbilden kann. Das Unternehmen hat unterschiedliche Profile, in denen es besonders stark ist. Ein größeres Unternehmen schließt üblicherweise mit jedem Dienstleister einen Vertrag ab. Kommen an verschiedenen Standorten unterschiedliche Dienstleister und unterschiedliche Gewerke zum Einsatz, kann die Zahl der Verträge schnell auf 20 bis 40 steigen. Allein das Vertragsmanagement, die Abstimmung mit dem Dienstleister, die Justierung der Leistungserbringung erzeugt einen Aufwand, der zu zusätzlichen Stellen in der Verwaltung führt. Facility-Management reduziert diesen Aufwand.
Besteht nicht die Gefahr, dass es durch integriertes Facility-Management zu einer Konzentration im Dienstleistungsbereich kommt?
Schröter: Im positiven wie im negativen Sinn. Wenn bestimmte Gewerke bei einem Dienstleister gebündelt werden, führt dies auch zu Synergien. Liegen zum Beispiel die Bettenlogistik und die Hauswirtschaft in den Händen eines Dienstleisters, hat dieser ein Interesse daran, Synergien zu nutzen. Dann gibt es einen Informationsaustausch zwischen den Gewerken, der mit verschiedenen Dienstleistern so nicht stattfindet. Ein weitaus wichtiger Vorteil für das Krankenhaus: Die Verwaltung muss nicht konstant den Markt abfragen, weil regelmäßig Verträge mit den Dienstleistern ablaufen. Auch das Führen von Bietergesprächen und Vertragsverhandlungen sind Aufwände, die in der Vollkostenrechnung zu berücksichtigen sind.


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