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KongressberichtGWK 2021 – Endlich wieder persönlich netzwerken

Der Gesundheitswirtschaftskongress 2021 war das, was sich viele seit langem zurückgewünscht haben: ein Ort der persönlichen Begegnung in der Gesundheitswirtschaft. Ein Bericht von Tobias Krick, Co-Founder von Healthcare Innovations.

Tobias Krick
Privat
Tobias Krick, Co-Founder und CEO von Healthcare Innvoations.

Hamburg, 21.09.21, 10:01 – Hotel Grand Elysee: Prof. Heinz Lohmann eröffnet den Gesundheitswirtschaftskongress 2021 und allen 350 Gästen im Saal sind die gemischten Gefühle anzumerken. Mundschutz und Abstand sind weiterhin Pflicht im Ballsaal des Hotels, aber eines wird klar: der Kongress könnte so etwas wie einen Neuanfang, einen Auftakt darstellen, um wieder positiv in die Zukunft zu blicken. Direkt zu Beginn betont Dr. Silke Heinemann, Leiterin der Behörde für Gesundheit in Hamburg, in ihrem Grußwort, was sie sich wünschen würde. Selten gab es einen solchen Zusammenhalt im Gesundheitswesen wie in den letzten anderthalb Jahren, selten eine so klare, gemeinsame Zielvorstellung. Diese Geschlossenheit mit aus dieser Zeit zu nehmen, wäre wünschenswert.

Aber auch die kommenden Herausforderungen der Zukunft wurden direkt zu Anfang klar benannt: Der Klimawandel und die Folgen für unsere Gesundheit, der sich ausweitende Fachkräftemangel, falsche Anreizstrukturen, die Finanzlage im Krankenhaus- und Pflegesektor, Prävention und Krisenvorsorge und viele weitere Themen. Dass wir bei diesen Themen ein großes Diskussionspotenzial haben und nicht immer Geschlossenheit und Einigkeit herrscht, wurde dann beim Auftaktpanel zwischen Kassen-, Pharma-, Pflege und Krankenhausvertretung sowie weiteren Positionen deutlich. In einem waren sich jedoch auch hier die Akteure einig: Corona wird in einigen Bereichen als wichtiger Treiber angesehen, insbesondere beim Thema Digitalisierung.

Wichtige Themen

Der Kongress nahm sich vieler Themen an und kann daher natürlich nicht in einem kurzen Beitrag vollständig erfasst werden. Der folgende Abschnitt synthetisiert daher vier Schlüsselthemen die sowohl auf den Panels als auch in vielen Seitengesprächen diskutiert wurden.  

Digitalisierung

Ein Kernthema auf nahezu jedem Panel war die digitale Transformation, die in den kommenden Jahren in vielen Bereichen des Gesundheitswesens sichtbar und spürbar sein wird. Die Diskussionen zu diesem Thema bewegen sich immer im Spannungsfeld zwischen dem Wunsch nach mehr sinnvoller, arbeitserleichternder und nutzenstiftender Digitalisierung und den befürchteten Aufwänden (insbesondere monetär). Vergessen wird dabei oft ein Thema, welches auf einem Panel mit dem Titel „Amazonisierung der Medizin: Patienten werden auch Konsumenten“ angeschnitten wurde. Patientinnen und Patienten beginnen immer mehr die gleichen Ansprüche, die sie bereits an serviceorientierte Unternehmen wie Amazon stellen, ebenso im Gesundheitsbereich einzufordern. Tradierte Gesundheitsanbieter, die dies nicht als Weckruf für mehr Convenience-Orientierung durch digitale Angebote für Patient*innen verstehen, könnten in den nächsten Jahren durch die Big Tech Unternehmen Google, Apple und Co.  ernstzunehmende Konkurrenten erhalten.

Die meisten Teilnehmer*innen waren sich zudem einig, dass wir den potenziellen Nutzen von erzeugten Daten im Gesundheitswesen noch zu wenig sinnstiftend einsetzen und uns in ewigen Datenschutzdiskussionen die Zeit davon läuft im internationalen Vergleich. Die Bestrebungen des Gesetzgebers die Digitalisierung zu treiben, wurden ebenso konträr diskutiert. Wie viel Staatseingriff ist zu viel? Was sollten wir lieber dem Markt überlassen? Hier herrscht keine Einigkeit. Die meisten Kongressgäste wünschen sich für die digitale Transformation jedoch eine Kombination aus zwischenmenschlichen und digitalen Angeboten. Wer diesen Spagat schafft, hat hier gute Chancen etwas Sinnvolles zu tun.

Fachkräfte und Arbeitsbedingungen

Sinn suchen auch junge Menschen und Fachkräfte im Gesundheitswesen. Insbesondere der Fachkräftemangel in der Pflege, aber auch beim ärztlichen Personal beschäftigt viele Gäste des Kongresses. Während die einen der Meinung sind, dass wir genügend Fachkräfte haben, diese nur aufgrund der zu hohen Anzahl an Krankenhäusern falsch verteilt sind, berichten andere von ihren täglichen Schwierigkeiten alle Schichten zu besetzen. Die Konsequenz lautet dann manchmal: aufgrund der Pflegepersonaluntergrenze können vorhandene Betten nicht belegt werden.

Auch die Arbeitsbedingungen beschäftigt die Teilnehmenden. Wird das spannende Healthcare Start-up mir zukünftig meine wichtigen Fachkräfte wegnehmen, weil die Arbeitsbedingungen und die Atmosphäre dort deutlich angenehmer sind? Die Frage müsste man eigentlich umkehren. Was können Kliniken und Pflegeeinrichtungen tun, um ihre Mitarbeitenden zu halten? Feelgood-Manager fällt hier als Begriff auf einem Podium. Aber ist das wirklich schon alles? Was ist denn mit der vorhandenen Führungskraft? Brauchen wir die Feelgood-Manager vielleicht auch als Ausgleich, weil wir im System einige „Feelbad-Manager“ haben? Gesundheitsmanagement soll außerdem helfen, sagen die anderen, und effizientere Planung, damit man sicher sein kann, dass man das Wochenende nicht spontan einspringen muss. Personen aus der direkten Versorgung sind sich jedoch einig. Es hilft eigentlich vor allem eine Sache: mehr Personal.

Krankenhausfinanzierung

Der am häufigsten verwendete Satz auf dem Kongress: „Wir haben zu wenig Geld“. Krankenhausvertreter*innen berichten von zu geringen Mitteln für die Betriebskosten aus den DRGs und die Notwendigkeit für die Bereitstellung von mehr Investitionsmitteln. Das Geld müsse aber auch gezielter eingesetzt werden. Ambulante Versorgung in Krankenhäusern und die Telemedizin werden als Zukunftschance gesehen. Jedoch würde eine langfristige Strategie, mittels eines verlässlichen und planbaren Pakts zur Krankenhausfinanzierung erheblich zur Problemlösung beitragen. Strohfeuer wie die KHZG Finanzierung, die zwar Zukunftsinvestitionen in die Digitalisierung ermöglichen, jedoch zu kurz gedacht sind, würden nicht ausreichen. Hier reicht zudem voraussichtlich die Zeit nicht, um die ehrgeizigen Digitalisierungsziele umzusetzen: schlichtweg zu wenig Personal.

Bundestagswahl 2021

Alle Akteure blicken gespannt auf die bevorstehende Wahl. Das Gesundheitswesen ist nun mal auf die richtungsweisenden Entscheidungen der Politik angewiesen und am Ende schaut dann doch möglicherweise jeder Sektor zunächst auf sich selbst.

Stimmung und Fazit

Die Stimmung auf dem Gesundheitswirtschaftskongress war sehr positiv, teilweise sogar euphorisch. Die Freude und Dankbarkeit über das Wiedersehen überwogen die vielen altbekannten und neu entstandenen Kontroversen. Neue Kontakte wurden geknüpft, alte Bekanntschaften gepflegt, gemeinsam gegessen und gelacht. Fast als wäre es normal. Alle trägt die Hoffnung, dass wir die Pandemie nun bald hinter uns lassen können und in ein neues Normal zurückkehren. Die Frage ist nur: wie viel besser wird das neue Normal im Verhältnis zum alten? Wie viel haben wir gelernt? Wie gut werden wir zusammenarbeiten? Es liegt an uns diese Fragen mit unserem Handeln zu beantworten.

Hier können Sie sich mit Tobias Krick auf LinkedIn vernetzen.

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