
In Gesprächen mit Beschäftigten und Bewerber*innen im Gesundheitswesen begegnet mir immer häufiger dieselbe Sorge: „Wie verlässlich ist das System Krankenhaus noch?“ Noch vor Kurzem konnte ich darauf guten Gewissens positiv antworten, weil Bund und Länder zusätzliche Mittel zugesagt hatten. Das Signal war klar: Die Politik hat verstanden, dass Versorgung nur mit stabiler Finanzierung gelingen kann.
Doch die Entscheidung, zugesagte Mittel wieder infrage zu stellen, verunsichert diejenigen, die das System tragen: Pflegekräfte, Ärzt*innen, Therapeut*innen und alle anderen Mitarbeitenden.
Vertrauen ist kein weicher Faktor
Die Deutsche Krankenhausgesellschaft mit Dr. Gerald Gaß und Prof. Henriette Neumeyer sowie viele andere warnen zu Recht vor einem „kalten Strukturwandel“. Ich sehe eine noch größere Gefahr: den schleichenden Vertrauensverlust in die Zukunftsfähigkeit des Systems. Denn wer nicht weiß, ob Arbeitsplätze und Gehälter dauerhaft sicher sind, verliert Bindung, lange bevor eine Klinik tatsächlich in Schwierigkeiten gerät.
Ich habe eine solche Vertrauenskrise einmal vor Ort erlebt: Als in einer Klinik in Nordrhein-Westfalen durch eine technische Störung administrative Abläufe wie zum Beispiel der Abrechnungsprozess massiv behindert wurden. Zahlreiche Mitarbeitende waren betroffen und damit auch empfindlich das Vertrauen ins Unternehmen. Es hat zwei Jahre gebraucht um das verlorene Vertrauen wieder herzustellen. Und das ist es, was gerade so dringend gebraucht wird: Vertrauen, Verlässlichkeit und Zuversicht, denn das System steht seit Jahren massiv unter Druck.
Die Coronapandemie verursachte für die Beschäftigten in den Kliniken Belastungen, unter den viele bis heute leiden. Unmittelbar danach verunsicherte die Krankenhausreform mit dem Szenario von bis zu einem Drittel weniger Kliniken. Und jetzt beschädigt die Politik das Vertrauen durch Rückzieher bei der zugesagten Finanzierung. Vertrauen lässt sich zurückgewinnen – aber nur durch Verlässlichkeit und echtes Handeln.
Fortschritte nicht gefährden
Das Management hat in vielen Kliniken in den vergangenen Jahren Beachtliches erreicht: bessere Arbeitsbedingungen, verlässlichere Dienstpläne, höhere Besetzungsquoten, neue Konzepte zur Mitarbeitenden-Bindung, mehr Beteiligung und Dialog. Viele Häuser haben bereits hervorragende Zukunftskonzepte, um den Herausforderungen der Reform zu begegnen und Standorte zu sichern oder der sie arbeiten derzeit daran. Gerade in dieser Transformationsphase – mit neuen Führungsstrukturen, Reformdruck und knappen Budgets – wäre es fatal, wenn politische Signale die mühsam aufgebaute Zuversicht wieder zerstören.
Wenn in dieser Phase Finanzierungszusagen wanken, wanken auch Motivation, Innovationskraft und Vertrauen. Die Beschäftigten brauchen jetzt keine weiteren Ankündigungen, sondern Verlässlichkeit – und zwar auf allen Ebenen.
Fazit
Personalmanagement im Turnaround ist bei zeitgleichem Fachkräftemangel eine Operation am offenen Herzen – und die Politik nimmt gerade die Herz-Lungen-Maschine vom Tisch. Wir können Strukturen reformieren, Prozesse digitalisieren und Arbeitsmodelle flexibilisieren. Aber all das gelingt nur, wenn Vertrauen trägt. Verlässlichkeit ist das stärkste Bindemittel im Gesundheitswesen. Wer das Personal mitnimmt, gewinnt Zukunft. Wer Vertrauen verspielt, verliert sie. Vertrauen ist systemrelevant.
Am Ende gilt: Ohne Menschen gibt es keine Medizin und ohne Vertrauen keine Reform.






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