Es gab ja bestimmt auch Einbrüche in dieser Zeit. Wie sind Sie damit umgegangen? Was sind Ihre lessons learned?
Hettich: Es gab große Einbrüche, das muss man natürlich auch ehrlicherweise sagen. Für mich war jedoch von vornherein klar, dass wir einen Champion brauchen, der zum einen den Überblick hat über die Prozesse, der aber auch ein Kreuz hat, Konflikte auszuhalten. Und den Champion haben wir mit Frau Kuhn. Es ist für uns an der Konzernspitze auch klar, dass Frau Kuhn unsere ungeteilte Rückendeckung bei der Aufgabe hat. Zudem muss man von Anfang an wissen, dass der Prozess lange dauert, heftig und ressourcenaufwendig ist. Sie dürfen auch nicht frustriert sein, wenn nicht jeder hurra schreit. Das gehört zu dieser Aufgabe dazu.
Sie müssen sich als Geschäftsführung davor hüten, alles kontrollieren zu wollen, das geht nicht. Daher sollten Sie dringend frühzeitig Mitstreiter finden, sonst verhungern Sie auf der Strecke. Wir fördern unsere künftigen Führungskräfte mit echten Projekten des Unternehmens in einem speziellen EDP (Executive Development Program). Dadurch bekommen die Teilnehmer Führungskompetenzen vermittelt, es entsteht so aber auch unauffällig – jedoch effektiv – eine Vernetzung im Konzern und ein gegenseitiges Verständnis. Die Kraft, die diese Menschen im Unternehmen entfalten, ist durch nichts zu toppen. Das funktioniert in Realität noch besser, als ich es mir am Anfang hätte erträumen lassen. Sie dürfen bei diesem Prozess jedoch keinesfalls die internen Kosten unterschätzen. Wenn Sie die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit einbinden, können Sie entweder den Ausfall durch personellen Ersatz ergänzen oder eben in Kauf nehmen, dass gewisse Tätigkeiten liegen bleiben. Diesen Aufwand tragen Sie mit, und der ist nach meinem Empfinden bestimmt genauso groß wie die externen Kosten.
Kuhn: Das Wichtigste ist, dass man das Thema transparent macht und die Menschen im Unternehmen mitnimmt, denn Sie brauchen bei einem solchen Prozess „Fackelträger“, die dann in den einzelnen Unternehmen als Markenbotschafter agieren. Wenn Sie gelauncht haben, fängt ja erst die eigentliche Arbeit der Transformation an. Dann brauchen Sie – wie bei einem Dominoeffekt –Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die die Botschaften in die einzelnen Häuser und Einrichtungen weitertragen. Wir hatten parallel ein Kommunikations- Markenportal aufgebaut, wo wir immer wieder Ergebnisse von den Workshops, Fotos oder O-Töne eingestellt und fortlaufend kommuniziert haben. Auch wir sind teilweise einen Schritt nach vorne und anschließend wieder drei zurück gegangen. Dann gab es auch immer wieder Teilstrecken, die im stillen Kämmerlein absolviert wurden. Da müssen Sie dann anschließend auch den Mut haben, zu dieser Entscheidung zu stehen und sich dem Diskurs zu stellen.
Frau Kuhn, was muss man mitbringen, um solch ein Mammutprojekt anzustoßen?
Ich selbst bin seit über 16 Jahren im Konzern und ich bin der Überzeugung, dass man das Unternehmen gut kennen muss, dass man weiß, wo die Herausforderungen und Chancen liegen. Für mich war es in der Tat nicht der erste Markengebungsprozess, aber in der Größenordnung war ich auch noch nicht unterwegs. Es hat unendlich viel dazu beigetragen, den Vorstand immer hinter mir zu wissen, denn es war ein unheimlicher finanzieller und ressourcentechnischer Kraftaufwand.
Erschienen in kma 07-08/21 Jetzt kaufen!





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