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NotfallvorsorgeSchutzmaßnahmen gegen Ausfall der Wasserversorgung

Kliniken benötigen eine sichere Wasserver- und Abwasserentsorgung, um ihren Betrieb aufrechtzuerhalten. Das Verbundprojekt Nowater hat untersucht, wie sich Krankenhäuser resilient gegenüber einem Wassermangel machen können.

Wasser
New Africa/stock.adobe.com
Symbolfoto

Eine funktionierende Wasserversorgung ist von entscheidender Bedeutung für den reibungslosen Betrieb eines Krankenhauses. Nicht nur der direkte Verbrauch von Wasser für zum Beispiel Duschen oder Toiletten, sondern auch der Betrieb und die Reinigung medizinischer Geräte hängen davon ab. Ein Ausfall der Wasserver- und Abwasserentsorgung hat daher nicht nur Auswirkungen auf die Patientensicherheit, sondern kann auch zu erheblichen wirtschaftlichen Folgen für Krankenhäuser führen. Trotz dieser Relevanz ist die Notfallvorsorgeplanung für den Fall einer quantitativen oder qualitativen Beeinträchtigung der Wasserversorgung sowie der Abwasserableitung, anders als zum Beispiel ein Stromausfall, bislang nicht verpflichtender Bestandteil der Krankenhausalarm- und Einsatzplanung.

Um die Auswirkungen und das Risiko eines solchen Ausfalls möglichst zu reduzieren, bedarf es nicht nur seitens der Kommunen, sondern auch seitens der Krankenhäuser geeigneter Vorsorgemaßnahmen. Dies trifft insbesondere für den Fall einer Beeinträchtigung des krankenhauseigenen Leitungsnetzes zu. Maßnahmen der Eigenvorsorge sollten dabei einerseits darauf abzielen, das Risiko eines Ausfalls der Wasserversorgung zu minimieren, beispielsweise durch Härtung der Hausinstallation. Andererseits sollten als Teil der Notfallvorsorgeplanung auch organisatorische und technische Maßnahmen zur Krisenbewältigung betrachtet undvorbereitet werden. Es empfiehlt sich, relevante Akteure wie die Kommune, Gesundheitsamt, Feuerwehr und den Wasserversorger sowie den Abwasserentsorger bei der Vorsorgeplanung miteinzubeziehen.

Im Rahmen des vom Bundesministerium für Bildung und Forschung geförderten Forschungsprojekts Nowater, Notfallvorsorgeplanung der Wasserver- und -entsorgung von Einrichtungen des Gesundheitswesens – organisatorische und technische Lösungsstrategien zur Erhöhung der Resilienz (siehe Kasten), wurden Maßnahmen und Methoden entwickelt, um Krankenhausbetreiber bei dieser Vorsorgeplanung zu unterstützen.

Im Rahmen von Nowater arbeiten sieben Verbundpartner und weitere assoziierte Partner gemeinsam an technischen und organisatorischen Lösungsstrategien für das Risikomanagement von Einrichtungen des Gesundheitswesens, insbesondere im Hinblick auf einen Ausfall der Wasserver- und Abwasserentsorgung. Hierzu werden Schutzziele für Krankenhäuser definiert, prioritäre Versorgungsleistungen und Prozesse identifiziert und die für den Betrieb unverzichtbaren Wassernutzungen mit konkreten Bedarfen erfasst. Ein Ziel des Projekts ist die Erarbeitung eines praxisnahen Leitfadens, der den gesamten Bereich des Risiko- und Krisenmanagements zur Sicherstellung der Wasserver- und -entsorgung umfasst und als Entscheidungs- und Planungshilfe zur effektiven Notfallvorsorge und Krisenbewältigung dienen soll. Ein weiteres Ziel ist die Entwicklung eines Demonstrators zur Aufbereitung und Einspeisung von Ersatz- oder Notwasser im Falle eines Ausfalls der leitungsgebundenen Wasserversorgung.

Infos unter go.unibw.de/nowater

Risikoanalyse als Grundlage für die Planungen

Als Grundlage für die Planung und Ableitung von Maßnahmen wird empfohlen, eine Risikoanalyse durchzuführen. Dafür ist in einem ersten Schritt die Erfassung und Beschreibung des Wasserversorgungssystems im Krankenhaus erforderlich:

  • Gibt es eine oder mehrere Übergabestellen im Trinkwassernetz?

  • Wo können bei Bedarf Leitungsteile abgetrennt werden?

  • Lässt sich nachvollziehen, welche Bereiche von welchem Leitungsteil versorgt werden?

Zudem sollte definiert werden, welche Schutzziele angestrebt werden. Diese können von der Abwehr von Gesundheitsschäden für Patienten und Personal über Verzögerung einer Evakuierung des Krankenhauses bis zur Aufrechterhaltung des Regelbetriebs reichen. Es ist entscheidend, die kritischen Prozesse und Anlagen zu identifizieren, die für die Einhaltung der gewählten Schutzziele relevant sind. Dazu können verschiedene medizintechnische Geräte wie Dialyseeinrichtungen zählen, aber auch der Betrieb der Aufbereitungseinheit für Medizinprodukte (AEMP) sowie vorgeschaltete Anlagen zur Vorbehandlung mittels Ionenaustauscher für die Enthärtung und die Vollentsalzung für die Umkehrosmose.

Wieviel Wasser wird für den Krankenhausbetrieb benötigt?

Kenntnisse über den Wasserbedarf des Krankenhauses und der kritischen Bereiche und Anlagen sind für die Planung einer möglichen Ersatzversorgung unerlässlich. Hier bieten Ergebnisse aus Nowater eine Orientierung zur Einschätzung des eigenen Wasserbedarfs.

ObjektCharakteristikaSpezifischer Wasserbedarf

Bettenhaus mit
Intensivstation
und AEMP

340 Betten Normalstation
18 Betten auf Intensivstation
AEMP: 30 000 STE/Jahr
257 Liter/(Bett∙Tag)
525 Liter/(Patient∙Tag)
Psychiatrie

204 Betten, davon 70 Tagesklinik

64 Liter/(Bett∙Tag)
140 Liter/(Patient∙Tag)
AEMPAEMP: 30 000 STE/Jahr
6 Reinigungs- & Desinfektionsgeräte,
1 Containerwaschanlage,
2 Dampf- & 1 Plasmasterilisator
482 Liter/STE
Enthärtetes Wasser:
310 Liter/STE
OP12 OP-Säle,
6800 Operationen/Jahr
201 Liter/OP
3 Liter/min (Schnitt-Naht-Zeit)
Dialyse12 Patienten pro Tag712 Liter/(Patient∙Tag)

Unterschiedliche Handlungsoptionen

Welche Maßnahmen in Betracht kommen und umgesetzt werden können, hängt stark von den individuellen Gegebenheiten eines jeden Krankenhauses ab. So kann das Risiko eines Wasserausfalls durch Redundanzen im Leitungsnetz verringert werden, zum Beispiel mit zwei unabhängigen Übergabestellen aus dem Trinkwassernetz. Eine weitere Maßnahme ist der Anschluss der Druckerhöhungsanlagen an die Notstromversorgung. Auch eine Reduktion des Wasserverbrauchs im Normalbetrieb durch den Einbau von Spararmaturen oder anderen Maßnahmen tragen dazu bei, die Auswirkungen eines Versorgungsausfalls zu mildern.

Um eine Patientengefährdung und Schäden an Anlagen zu vermeiden, sollte eine Ersatzwasserversorgung mit Trinkwasserqualität erfolgen. Zur Aufrechterhaltung des Krankenhausbetriebs oder zum Aufbau einer Ersatz- oder Notwasserversorgung können verschiedene Ressourcen eingesetzt werden. Dazu gehören Transportsysteme, Anlagen zur Wasseraufbereitung und Desinfektion sowie zur Druckerhöhung, um das Wasser in die Krankenhausinstallation einzuspeisen.

Ultrafiltration bei der Wasseraufbereitung

Für die Wasseraufbereitung wird im Projekt Nowater eine Ultrafiltration eingesetzt. Die Membranen bieten mit einer Porenweite von 0,02 Mikrometer einen sicheren Rückhalt von Bakterien und Viren. Für den Transport kommen Tanks mit einem Volumen von 1 oder 10 Kubikmeter zum Einsatz, die über eine Druckerhöhung und Desinfektion verfügen.

Ergebnisse von Nowater bestätigen die grundsätzliche Tauglichkeit der Demonstratoren für eine Not- oder Ersatzwasserversorgung. Die Versuche mit der Ultrafiltrationsanlage zeigen, dass ein stabiler Betrieb mit hohem Rückhalt von partikulären Stoffen gewährleistet werden kann. Durch den zweistufigen Prozess, mit einer ausschließlichen Luft-Wasser- Spülung, womit auf Chemikalien verzichtet werden kann, liegt die Ausbeute bei nahezu 100 Prozent.

Zusätzlich sollten Maßnahmen zur Abwasserentsorgung betrachtet werden. Fällt die Wasserversorgung aus, sind alternative Sanitärmöglichkeiten wie das Aufstellen von mobilen Toiletten sowie der Einsatz von Notfalltoilettenbeuteln eine Option. Ist dagegen nur die Abwasserableitung beeinträchtigt, können Sammelcontainer zur kontrollierten Zwischenspeicherung des Abwassers aufgestellt werden.

Nowater: Notfallvorsorgeplanung der Wasserver- und Abwasserentsorgung von Einrichtungen des Gesundheitswesens – organisatorische und technische Lösungsstrategien zur Erhöhung der Resilienz

Laufzeit: Mai 2020 bis Oktober 2023

Förderung: Bundesministerium für Bildung und Forschung, Programm „Forschung für die zivile Sicherheit“

Projektpartner:

  • Universität der Bundeswehr München
  • Agaplesion Frankfurter Diakonie Kliniken gGmbH
  • Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe 
  • Strecker Wassertechnik GmbH
  • teckons GmbH & Co. KG
  • Technische Hochschule Köln
  • United Nations University – Institute for Environment and Human Security

Die Ergebnisse von Nowater, vor allem der Leitfaden sowie der Demonstrator, werden am 18. Oktober 2023 im Rahmen der Vortragsveranstaltung „Vom Trinkwasser zum Klärschlamm – Vom Notfall zur Energiewende“ an der Universität der Bundeswehr München präsentiert.

Infos unter www.unibw.de/wasserwesen/swa

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