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Korruption im GesundheitswesenStrafrechtliche Risiken im Krankenhaussektor

Vor knapp zwei Jahren trat das Gesetz zur Bekämpfung von Korruption im Gesundheitswesen in Kraft. Anhand von drei exemplarisch ausgewählten Konstellationen zeigen wir auf, welche strafrechtlichen Risiken bei der Vertragsgestaltung zu bedenken sind – und geben Hinweise, wie im Fall eines Ermittlungsverfahrens agiert werden kann.

Justiz
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Symbolbild

Im Juni 2016 wurden mit dem Gesetz zur Bekämpfung von Korruption im Gesundheitswesen u. a. die Paragrafen 299a ff. in das Strafgesetzbuch (StGB) eingeführt. Stehen Institutionen des Gesundheitswesens, insbesondere Krankenhäuser, seitdem im Fadenkreuz der Ermittlungsbehörden? Bislang halten sich die erwarteten Auswirkungen der „neuen“ Strafnormen auf den Krankenhaussektor in Grenzen: Bundesweit sind nur einige wenige Verfahren bekannt.

Trotzdem sollte alles dafür getan werden, einen potenziellen „General(anfangs)verdacht“ gar nicht erst entstehen zu lassen. Zunächst gilt es, bestehende Risiken durch Präventivmaßnahmen zu erkennen und zu identifizieren. Strafrechtliche Risiken bestehen regelmäßig in drei Bereichen: Beim Einsatz von Honorarärzten, bei der persönlichen Leistungserbringung – insbesondere im Rahmen einer Wahlleistungsvereinbarung oder einer Ermächtigung – und bei Kooperationen.

Das „Honorararztmodell“

Aus strafrechtlicher Sicht ist zunächst die sozialversicherungsrechtliche Status-bewertung des im Krankenhaus tätigen Arztes bedeutend, dessen nebenberufliche Tätigkeit und Vergütung auf einer individuellen (Honorar)Vereinbarung basiert. Nach Ansicht der überwiegenden Sozialgerichte handelt es sich beim Honorararzt regelmäßig um einen anhängig Beschäftigten, da er in die Aufgaben und den Arbeitsablauf der Klinik eingliedert ist. Vor diesem Hintergrund ziehen derartige Kooperationen neben dem Risiko der Nachzahlung von Sozialversicherungsbeiträgen auch das Risiko einer strafrechtlichen Verantwortlichkeit wegen des Vorenthaltens und Veruntreuens von Arbeitsentgelt gemäß Paragraf 266a StGB nach sich.

In strafrechtlicher Hinsicht kann zudem die zwischen Krankenhausträger und Honorararzt vereinbarte Vergütung in den Fokus rücken, wenn diese unangemessen hoch ist. Dann wird geprüft, ob eine sogenannte „Unrechtsvereinbarung“ vorliegt, also ob als Gegenleistung eine Bevorzugung im Wettbewerb erwartet wird.

Wenn der Arzt von einer bestimmten Behandlungsmethode, Verordnung oder Überweisung einen finanziellen Vorteil hat, liegt der Verdacht nahe, dass seine ärztliche Unabhängigkeit beeinflusst wird, womit dann eine Unrechtsvereinbarung unterstellt wird. Im Raum steht demnach eine strafrechtliche Verantwortlichkeit beider Seiten wegen der Bestechung bzw. Bestechlichkeit im Gesundheitswesen (Paragrafen 299a, 299b StGB).

Aus den genannten Gründen empfehlen wir, von dem Einsatz von Honorarärzten zurückhaltend Gebrauch zu machen. Mit einer (Teil-)Anstellung des betreffenden Arztes kann das strafrechtliche Risiko zumindest gesenkt werden. Die Frage einer angemessenen Vergütung bleibt aber im Hinblick auf eine Strafbarkeit gemäß Paragrafen 299a ff. StGB bestehen.

Persönliche Leistungserbringung

Die persönliche Leistungserbringung ist das zentrale Merkmal freiberuflicher Tätigkeit und prägt das Berufsbild des Arztes als Vertrauensperson des Patienten. Entsprechend bedeutend ist es auch bei der Abrechnung: Ein (Krankenhaus-)Arzt erklärt – laut Rechtsprechung – schon durch den Abrechnungsvorgang schlüssig, dass die eigene Berechtigung sowie die Voraussetzungen einer zulässigen Abrechnung vorliegen. Handelt es sich tatsächlich um nicht selbst erbrachte Leistungen, besteht das Risiko der strafrechtlichen Verantwortlichkeit wegen (gegebenenfalls gewerbsmäßigen und in großer Zahl verwirklichten) Abrechnungsbetrugs.

Der Krankenhausträger sollte die für ihn tätigen Ärzte auf das Gebot zur persönlichen Leistungserbringung aufmerksam machen – und immer wieder diesbezüglich sensibilisieren. Dies gilt unabhängig von der Stellung des Arztes als angestellter und persönlich ermächtigter Arzt im Krankenhaus, einem Medizinischen Versorgungszentrum (MVZ) oder auch als Wahl- oder Belegarzt.

Risiko Kooperationen

Die Kooperationsmöglichkeiten eines Krankenhausträgers sind vielfältig und werden insbesondere unter dem Aspekt der unerlaubten Zuweisung gegen Entgelt geprüft. Es ist nicht gestattet, für die Zuweisung von Patienten ein Entgelt oder andere Vorteile zu fordern, sich versprechen oder gewähren zu lassen bzw. selbst zu versprechen oder zu gewähren. Sichert etwa der Hörakustiker dem Arzt einen gewissen Geldbetrag für jede positive Patientenempfehlung zu, liegt hierin ein Verstoß gegen berufs-, sozial- und strafrechtliche Vorschriften.

Kooperationen mit pharmazeutischen Unternehmen oder Großhändlern sind mit Blick auf den medizinischen Fortschritt gewünscht. Allerdings sind gewisse „Spielregeln“ bei Zuwendungen zu beachten. Insbesondere das unentgeltliche oder verbilligte Fortbildungs-Sponsoring ist eine in der Praxis häufig vorkommende Zuwendung. Deren Zulässigkeit steht nichts entgegen, solange es sich um wissenschaftliche Fort- und Weiterbildungsveranstaltungen handelt. Hat die Veranstaltung aber „Luxuscharakter“, wird eine wirtschaftliche Vorteilsgewährung und unlautere Beeinflussung des Arztes unterstellt. Generell gilt auch hier, dass Leistung und Gegenleistung in einem angemessenen Verhältnis zueinander stehen müssen.

Dies gilt unabhängig davon, ob zuvor eine Genehmigung des Dienstherrn vorliegt. Krankenhäuser sollten ihre Kooperationen auf den Prüfstand stellen. Die im Rahmen der Anti-Korruptionsbekämpfung von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze sind das Äquivalenz-, Transparenz-, Trennungs- und Dokumentationsprinzip. Dabei handelt es sich um Prinzipien, deren Einhaltung regelmäßig die Risiken einer strafrechtlichen Verantwortlichkeit verringern, da sie den Strafverfolgungsbehörden zeigt, dass es nichts zu verheimlichen gibt.

Das Ermittlungsverfahren

Wenn der Staatsanwalt klingelt, sollte man allerdings vorbereitet sein! In diesem Zusammenhang gilt, dass eine juristische Person, wie eine Krankenhausträgergesellschaft, nicht strafrechtlich belangt werden kann. Die strafrechtliche Verantwortlichkeit knüpft ausschließlich an die persönliche Schuld des Einzelnen – z. B. Geschäftsführer oder Ärzte – an. Folgende ausdrücklich nicht abschließende Hinweise können im Rahmen eines Ermittlungsverfahrens als Ausnahmesituation hilfreich sein und eine erste Orientierung geben: Als Beschuldigter besteht keine Verpflichtung, einer polizeilichen Vorladung nachzukommen – Ladungen von Zeugen durch polizeiliche Ermittlungspersonen der Staatsanwaltschaft sind hingegen obligatorisch.

Eine Vorladung durch einen Richter oder Staatsanwalt ist für Beschuldigte oder Zeugen gleichermaßen verpflichtend. Bei einer Durchsuchung handelt es sich um eine Ermittlungsmaßnahme der Staatsanwaltschaft, durch die (weitere) Beweise gesichert werden sollen. Damit Sie sich in einem solchen Fall richtig verhalten, haben wir für Sie eine entsprechende Checkliste zusammengestellt

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