In Deutschland würde das scharfen Protest der Medizin-Controller in den Kliniken provozieren. Die sagen, ein Upcoding finde nur bei wenigen „schwarzen Schafen“ statt.
Ich will mich nicht in die deutsche Debatte einmischen. Klar ist für mich aber: Wenn ich eine klinische Dokumentation habe, aus denen sich diese CHOP-Prozeduren − so heißen sie bei uns in der Schweiz − zweifelsfrei ableiten lassen, kann die Krankenkasse sie auch nicht mehr anzweifeln. Letztendlich sind wir als Krankenhaus in der Bringschuld, eine saubere Dokumentation zu bringen.
Was wird von den Schweizer Kassen bei den Prüfungen am häufigsten moniert?
Den Großteil stellen im Moment bei uns immer noch Diagnosen und Prozeduren dar. Primäre Fehlbelegung macht derzeit noch rund ein Viertel aus, wird aber sicherlich steigen, weil es jetzt auch in der Schweiz eine Initiative Ambulant vor Stationär gibt.
Das Schweizer Pendant zum deutschen MDK ist der Vertrauensarzt. Ist dieser unabhängig?
Nein, ist er nicht. Der Vertrauensarzt ist entweder direkt bei den Kassen angestellt oder arbeitet für Firmen, die im Auftrag der Kasse die Abrechnungen prüfen.
Das klingt nicht weniger konfliktträchtig als das deutsche System.
Die Rolle des Vertrauensarztes ist recht ambivalent. Es gibt Vertrauensärzte, mit denen der Umgang schwierig ist. Generell nehmen auch hier die Konflikte zu. So ist bei uns die Zahl der Einsprüche seit 2012 um das Sechsfache gestiegen.
Wie läuft üblicherweise der Konflikt mit dem Kostenträger?
Wenn die Kasse einen Fall beanstandet, erstellen wir ein Gegengutachten. Das kann natürlich schon auch ganz gerne mal ein bisschen hin und her gehen. Bei Kodierstreitigkeiten haben wir mit dem Bundesamt für Statistik (BfS) auch eine Schlichtungsstelle. Das Urteil des BfS ist zwar nicht rechtsgültig, aber verhältnismäßig bindend.
Wie lange kann sich so ein Streitfall hinziehen?
Teilweise dauert es lange, aber wir stehen unter einem gewissen Druck. Während in Deutschland der nicht strittige Betrag überwiesen wird, bleibt bei uns der gesamte Betrag ausstehend.
Eine Schweizer Besonderheit, die in Deutschland als Mittel zur Reform der MDK-Prüfung diskutiert wird, ist die Stichprobenprüfung.
Richtig, die sogenannte Kodierrevision ist in dieser Form tatsächlich einzigartig. Es handelt sich um eine zweite Stufe des Prüfverfahrens und ist für jedes Krankenhaus verpflichtend. Danach kommt einmal im Jahr eine externe Firma ins Haus, nimmt sich je nach Größe des Hauses 100-300 Fälle und kodiert diese nach. Grundsätzlich soll diese Firma nicht am Abrechnungsprozess beteiligt sein, sollte also nicht mit den Kostenträgern verbandelt sein. Das alles findet wie eine Wirtschaftsprüfung statt, am Schluss zeigt sich, ob ein Spital korrekt kodiert hat. Die Stichprobe sagt also etwas über die Kodier- und Abrechnungs-qualität im Haus aus.


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