Georg Thieme Verlag KGGeorg Thieme Verlag KG
Georg Thieme Verlag KGGeorg Thieme Verlag KG

ImpfkampagneAussetzung von Astrazeneca wird für Verunsicherung sorgen

Bund und Länder haben beschlossen, dass vorsorglich nur noch Menschen über 60 Jahren uneingeschränkt mit Astrazeneca geimpft werden sollen. Kanzlerin Angela Merkel bittet um Vertrauen in die Entscheidung. 

Impfen
Insta_photos/stock.adobe.com
Symbolfoto

Bund und Länder drücken bei den Impfungen mit Astrazeneca vorsorglich auf die Bremse: Künftig sollen in Deutschland nur noch Menschen über 60 Jahren uneingeschränkt das Präparat gespritzt bekommen - außer Jüngere wollen es nach Klärung mit dem Arzt auf eigenes Risiko. Das beschlossen die Gesundheitsminister von Bund und Ländern am Abend des 30. März 2021. Berlin stoppte bereits vorher Impfungen mit Astrazeneca für Frauen unter 60 Jahren. Hintergrund sind Fälle von Blutgerinnseln (Thrombosen) in Hirnvenen. Die Änderungen bei den Impfplanungen und Auswirkungen auf das Impftempo wollen Bund, Länder und Kommunen nun gemeinsam klären. Erst Mitte März waren Astrazeneca-Impfungen nach einer mehrtägigen Impfpause und neuen Überprüfungen wieder angelaufen.

Seltene aber schwere Nebenwirkungen

Grundlage für die Entscheidung der Gesundheitsminister von Bund und Ländern war eine Empfehlung der Ständigen Impfkommission (Stiko), die auf derzeit verfügbare Daten zum Auftreten „seltener, aber sehr schwerer thromboembolischer Nebenwirkungen“ basiere. Diese seien 4 bis 16 Tage nach der Impfung ganz überwiegend bei Personen im Alter unter 60 Jahren aufgetreten. In Deutschland sind bisher 31 Fälle solcher Blutgerinnsel nach Impfungen mit Astrazeneca bekannt, wie das Paul-Ehrlich-Institut (PEI) berichtete.

In dem der Deutschen Presse-Agentur vorliegenden Beschluss der Gesundheitsminister heißt es, die Länder sollen nun auch schon 60- bis 69-Jährige für das Mittel von Astrazeneca mit in ihre Impfkampagnen einbeziehen können. Derzeit laufen generell Impfungen in den ersten beiden Prioritätsgruppen, zu denen - bezogen auf das Lebensalter - Menschen ab 70 Jahre gehören. Wenn Menschen unter 60 sich für Astrazeneca entscheiden, sollen diese Impfungen grundsätzlich in den Praxen der niedergelassenen Ärzte erfolgen.

Der Nutzen überwiegt über mögliche Risiken

Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) und Kanzlerin Angela Merkel (CDU) bekräftigen am Abend das Ziel, bis Ende des Sommers allen Bürgern ein Impfangebot zu machen. Spahn appellierte gleichwohl an alle 60-Jährigen, das Impfangebot auch wahrzunehmen. Der Impfstoff sei sehr wirksam, gerade auch bei Älteren. Auch dass verschiedene Impfstoffe zur Verfügung stünden, sei ein großes Glück, sagte Merkel. Zu ihrer Impfung mit dem Präparat sagte die Kanzlerin: „Wenn ich dran bin, lass' ich mich impfen, auch mit Astrazeneca“.

Merkel hat um Vertrauen in die Entscheidung von Bund und Ländern zur Aussetzung der Astrazeneca-Impfungen bei unter 60-Jährigen geworben. „Das alles wird Verunsicherung mit sich bringen“, sagte sie am Abend des 30. März. Doch Offenheit und Transparenz seien die beste Möglichkeit mit einer solchen Situation umzugehen. Die Alternative sei gewesen, etwas unter den Teppich zu kehren oder die Fälle ernst zu nehmen, sagte Merkel. „Und deshalb glaube ich, unter allen Abwägungen ist dies der Weg, der noch zu dem möglichst besten Vertrauen führt auf dem Weg zu einer Verwendung von Astrazeneca. Wenngleich ich die Verunsicherung nicht wegreden kann.“

SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach zeigte sich am Abend optimistisch, dass die die Entscheidung keine großen Auswirkungen auf die Impfkampagne in Deutschland haben wird. „Wir werden eine kleine Delle haben von ein paar Tagen, wo es Verwirrung gibt, aber dann wird das Impftempo wieder voll anziehen“, sagte Lauterbach in den ARD-Tagesthemen. Generell überwiege bei über 60-Jährigen der Nutzen über möglichen Risiken. „Es ist ein sehr guter Impfstoff, den ich weiter empfehlen kann“, sagte Lauterbach. Die Entscheidung der Bundesregierung sei aber richtig gewesen. Man müsse auf die neuen Daten reagieren, denn „das ist keine Kleinigkeit, über die wir hier reden.“

Verunsicherung zerstört Vertrauen in den Impfstoff

FDP-Generalsekretär Volker Wissing kritisierte derweil das Krisenmanagement der Regierung: „Dieses sprunghafte, dass die Bundesregierung an den Tag legt, führt zu Vertrauensverlust. Wir verlieren Zeit, wir zerstören das Vertrauen in die Impfung, sagte Wissing bei „Bild live“ am Abend des 30.3. Es sei „mehr als erklärungsbedürftig“, dass der Impfstoff „erst für Jüngere, dann für Ältere, dann wieder mit Risiko und plötzlich nur für Ältere“ sicher sei. Die Verunsicherung nehme von Tag zu Tag zu.

Das Bundesministerium für Gesundheit bietet eine gesonderte Seite für Fragen und Antworten zur Imfpung mit Astrazeneca.

Sortierung
  • Derzeit sind noch keine Kommentare vorhanden. Schreiben Sie den ersten Kommentar!

    Jetzt einloggen