
Notfallsanitäter Christian Manshen blickt hinter die Kulissen der Stadt Rostock und sieht viel Leid. Er selbst gibt einem großen Publikum im Internet Einblick in seine Arbeit und macht auf Probleme aufmerksam: Ein schrilles Piepen schallt durch die Garage der Rettungswache im Rostocker Stadtteil Bramow. Erst kurz zuvor hat Manshen den kleinen schwarzen Melder von seinem Kollegen aus der Nachtschicht übernommen. Nun zeigt das Gerät einen Notfall in einem Pflegeheim an. Manshen und seine Kollegin Annabell Malchow setzen sich in ihren Rettungswagen und fahren los.
Was der Job des Notfallsanitäters mit sich bringt, darüber klärt der 34-jährige Manshen im Internet auf. Als Influencer hat er den Instagram-Kanal sami.splint mit zuletzt mehr als 32 000 Abonnenten und ist auf Tiktok unterwegs. Zusammen mit Rettungssanitäter Luis Teichmann betreibt er außerdem einen Podcast, der für den Deutschen Podcast Preis nominiert war. „Insgesamt hatten wir über zehn Millionen Hörer schon“, sagt Manshen. Auch auf Tour waren sie. Vorerst macht Manshen den Podcast aber allein weiter, weil sich Teichmann auf seine Promotion im Fach Rettungsingenieurwesen konzentrieren will.
Für uns als Johanniter ist es natürlich unfassbar gut, so einen Mehrwert zu haben durch einen Mitarbeiter.
„Für uns als Johanniter ist es natürlich unfassbar gut, so einen Mehrwert zu haben durch einen Mitarbeiter“, sagt Aileen Holm, Sprecherin der Hilfsorganisationen, zu Manshens Engagement. „Wir sind da irre stolz drauf, dass er nicht nur professioneller Retter ist bei uns, sondern diese Infos auch noch nach außen trägt.“
Psychische Belastungen im Rettungsdienst
Besonders viel Aufmerksamkeit hat Manshen mit einem mehrteiligen Video erregt, in dem er die psychische Belastung im Rettungsdienst angesprochen hat. In Anlehnung an einen Song des Disney-Films „Frozen“ sang er „Willst Du einen Einsatz fahren?“ Zum Schluss ist die Rede von einer gescheiterten Reanimation. Man sieht einen mitgenommenen Sanitäter, der offensichtlich nicht mehr arbeiten kann.
Wenn man da nicht drüber redet und das in sich reinfrisst, geht das gar nicht.
„Wenn man da nicht drüber redet und das in sich reinfrisst, geht das gar nicht“, sagt Manshen. „Ich hab' hier einen Kollegen, mit dem kannst Du über alles reden.“ Mit dem quatsche er immer nach der Schicht. Neben Freunden und Kollegen stehe auch professionelle Beratung bereit. Die habe er auch schon in Anspruch genommen.
PTBS eines Rettungssanitäters als Berufskrankheit anerkannt
Wie wichtig solche Unterstützungssysteme sind, unterstreicht auch die deutsche Interdisziplinäre Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (DIVI) in einer Mitteilung vom Dezember 2023: Vor einem halben Jahr hat das Bundessozialgericht (BSG) in Kassel die Posttraumatische-Belastungsstörung (PTBS) eines Rettungssanitäters als Berufskrankheit anerkannt. Der Gutachter des klagenden Rettungssanitäters kam zum Beispiel zu dem Ergebnis, dass dessen Risiko „fast siebenfach erhöht ist“, eine PTBS zu entwickeln.
Ende 2023 wurde die Urteilsbegründung endlich veröffentlicht – und die Entscheidung damit endgültig bestätigt. „Wir begrüßen diese wegweisende Rechtsprechung außerordentlich“, kommentierte Dr. Dominik Hinzmann, Sprecher der Sektion Perspektive Resilienz der Deutschen Interdisziplinären Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (DIVI). Das Urteil stoße hoffentlich eine generelle Debatte an, psychischen Belastungen im Gesundheitswesen besser vorzubeugen, vor allem in der Intensiv- und Notfallmedizin, mit einer signifikant hohen Abfolge dramatischer Ereignisse.





Derzeit sind noch keine Kommentare vorhanden. Schreiben Sie den ersten Kommentar!
Jetzt einloggen