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NotfallreformWie Lauterbach den Rettungsdienst retten will

Einheitliche Länder-Standards, ein höherer Digitalisierungsgrad, und mehr Befugnisse – so lässt sich die Empfehlung der Regierungskommission zur Reform des Rettungsdienstes wohl zusammenfassen. Was die Pläne im Einzelnen bedeuten.

Rettungswagen
Tobias Seeliger/stock.adobe.com
Symbolfoto

Am 7. September stellte Bundesgesundheitsminister Prof. Dr. Karl Lauterbach (SPD) in Berlin die umfassenden Reformvorschläge der Regierungskommission für den Rettungsdienst in Deutschland vor. Unterm Strich sollen die Patient*innen durch die Reform seltener in die Notaufnahme kommen, dafür aber besser versorgt werden. Hinzu kommen einheitliche Vorgaben zu Organisation, Leistungsumfang, Qualität, Befugnissen und Bezahlung des Rettungsdienstes.

Erreicht werden soll eine transparente, qualitativ hochwertige und bedarfsgerechte patientenzentrierte präklinische Notfallversorgung nach bundesweit vergleichbaren Vorgaben.

„Erreicht werden soll eine transparente, qualitativ hochwertige und bedarfsgerechte patientenzentrierte präklinische Notfallversorgung nach bundesweit vergleichbaren Vorgaben; das dient zugleich dem Ziel von Qualität und Wirtschaftlichkeit“, hieß es vom Bundesgesundheitsministerium.

In der Vergangenheit hatten sich Klagen über andauernden Stress und Personalnot bei den Rettungsdiensten gehäuft. Viele Patient*innen nutzten die Notfallnummer nicht nur bei Notfällen, sondern etwa auch bei sozialer Not oder kleineren und chronischen Erkrankungen, hieß es in einer Meldung der Deutschen Presse-Agentur (dpa). Die Ausgaben der Krankenkassen für den Rettungsdienst seien dabei 2022 auf eine Rekordsumme von 8,4 Milliarden Euro gestiegen.

Notfallversorgung darf kein Reformnotfall bleiben

Bundesgesundheitsminister Lauterbach ergänzte: „Unser Rettungsdienst braucht dringend eine Reform und klare Strukturen: einheitliche Standards, mehr Befugnisse, eine sinnvolle Vergütungssystematik. Deshalb ist es wichtig, dass die Regierungskommission dazu jetzt Empfehlungen vorgelegt hat. Diese Überlegungen werden wir in unsere Reformpläne einfließen lassen, wie wir das auch in anderen Reformfeldern tun. Im Notfall muss der Rettungsdienst schnell und zielgenau helfen. Die Notfallversorgung darf nicht weiter selbst ein Reformnotfall bleiben.“

Unser Rettungsdienst braucht dringend eine Reform und klare Strukturen: einheitliche Standards, mehr Befugnisse, eine sinnvolle Vergütungssystematik.

Prof. Karl Lauterbach
Thomas Ecke/BMG
Gesundheitsminister Prof. Karl Lauterbach (SPD).

Auch der Verband der Universitätsklinika Deutschland (VUD) begrüßt die Empfehlungen: „Die demografische Entwicklung zwingt uns, alle Strukturen unserer Gesundheitsversorgung zu überdenken. Die Krankenhäuser werden von einer Reform der Rettungsdienste profitieren, wenn zukünftig Patient*innen gezielter in die richtige Versorgungsebene geleitet und alle relevanten Patientendaten vorab übermittelt werden“, betont der Verbandsvorsitzende Prof. Jens Scholz. Krankenhausreform und Notfallreform müssten dabei unbedingt zusammen gedacht werden.

1. Regelung des Rettungsdienstes im Sozialgesetzbuch V

Der konkrete Leistungsanspruch soll in einer eigenständigen Norm im Sozialgesetzbuch V (SGB V) geregelt werden. Berücksichtigt werden sollen dabei die Leistung der Leitstelle, die Notfallversorgung vor Ort, der Notfalltransport um komplementäre Notfallversorgungsnagebote, wie pflegerische Notfallversorgung oder psychiatrisch-psychosoziale Krisenintervention.

2. Mehr Transparenz und bessere Qualitätssicherung

Festgelegt werden sollen Vorgaben für Mindestpersonalausstattung, Qualifikation und Weiterqualifizierung, Rettungsmittel.

3. Einheitliche Qualitätsstandards

Die Anforderungen an Struktur-, Prozess- und soweit möglich Ergebnisqualität sowie die Qualifikation des eingesetzten Personals in Leitstellen und der Notfallrettung sollen länderübergreifend vereinheitlicht werden. Anzustreben ist die Etablierung eines Notfallversorgungsregisters mit Kerndaten zu KV-Notdienst, Rettungsdienst, Notaufnahmen, Notfallzentren.

4. Digitales Ressourcenregister

Um Patienten besser steuern zu können soll ein digitales Echtzeit-Register über vorhandene Ressourcen aufgebaut werden.

5. Leitstellen-Organisation

Die Bundesländer sollen die Koordinierung des Rettungsdienstes straffen. Richtwert ist dafür eine Leitstelle pro einer Million Einwohner*innen.

6. Personalmanagement

Die Befugnisse von Notfallsanitäter*innen sollen ausgeweitet werden hinsichtlich Medikamentengabe sowie invasiver Maßnahmen.

Besonders qualifizierte Notfallsanitäter*innen sollen mit eigener fachgebundener Heilkundebefugnis („advanced paramedic practitioner“, Bachelor/Master-Niveau) den jetzigen Notarztdienst substituieren und die ärztlichen Spezialressourcen nur bei Bedarf anfordern müssen.

Notärzt*innen sollen nur in besonders komplexen Fällen eingesetzt werden.

7. Notfallversorgung in ländlichen Regionen

Für eine hochwertige Notfallversorgung auch in ländlichen Regionen und in Abhängigkeit der Krankenhausplanung des Bundeslandes soll der Luftrettungsdienst, insbesondere durch Ausbau von Landemöglichkeiten und Nachtbetrieb, erweitert werden.

8. Allgemeine Gesundheitskompetenz

„Erste Hilfe“-Kurse sollen in den Grund- und weiterführenden Schulen und am Arbeitsplatz angeboten werden und verpflichtend sein.

Ersthelfer-Apps sollen flächendeckend eingeführt werden.

Öffentlich zugängliche Defibrillatoren sollen flächendeckend aufgestellt werden.

9. Finanzierung des Rettungsdienstes

Krankenkassen sollen die Leistungen der Leitstelle, die Notfallversorgung vor Ort, den Notfalltransport sowie zusätzliche Dienste (wie die pflegerische Notfallversorgung) vergüten.

Die Vergütung des Rettungsdienstes sollte sich aus Vorhalte- und Leistungsanteil zusammensetzen.

Neben bundesweit geltenden Entgelten sollten regionale Anpassungsfaktoren vereinbart werden.

Die Vorschläge würden nun in Eckpunkte der Regierung einfließen, kündigte Lauterbach an. Parallel dazu werde die eigentliche Klinikreform vorangetrieben, die durch eine andere Klinikfinanzierung Schließungen der unter Finanzdruck stehenden Kliniken möglichst abwehren solle.

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