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LabordiagnostikPatientennahe Schnelltests mit großem Wachstumspotenzial

Alle anderen Schnelltests für den Hausgebrauch spielen, ähnlich wie die vielen Gesundheits-Apps, eher in der Liga der Fitness-Apps und sind daher klinisch weniger relevant. Das gilt laut Peter Luppa auch für POCT, mit denen sich Leber- oder Nierenfunktionen von Zuhause aus testen lassen – eine große Rolle dürfte dabei spielen, dass sich quasi niemand auf das Ergebnis eines solchen Selbsttests verlässt, sondern das Ergebnis dann von Experten in einer Klinik überprüfen lässt. Anders ist es nicht nur bei Schwangerschaftstests, sondern offenbar auch bei HIV-Selbsttests, die seit diesem Jahr in Deutschland zugelassen und in Drogerien und Apotheken frei erhältlich sind. „Grob geschätzt sind in diesem Zeitraum etwa 30 000 Selbsttests gemacht worden“, so der Pressesprecher der Deutschen Aidshilfe, Holger Wicht, unlängst gegenüber dem Spiegel. 

POCT erkennen Infektionserreger

Allerdings dürfte sich der POCT-Markt in Zukunft auch im stationären und ambulanten Sektor neue Umsatzmöglichkeiten ausrechnen – zumindest, wenn man der neuesten Studie des Beratungsunternehmens Frost und Sullivan Glauben schenkt. Demnach wird der europäische POCT-Markt, der speziell für das Erfassen von Infektionserkrankungen derzeit 753,1 Millionen US-Dollar ausmacht, bis zum Jahr 2022 voraussichtlich auf 1,41 Milliarden US-Dollar anwachsen. Einen Grund für diesen Boom sehen die Autoren in der Entwicklung der POCT zur Infektionserregererkennung, etwa der Früherkennung von Sepsis (Blutvergiftung). „Sepsis ist die dritthäufigste Todesursache in Europa. In Deutschland und Österreich treten jährlich 79 000 Fälle auf, allein in Deutschland sterben täglich etwa 130 Patienten“, rechnet die Studie vor.

Obwohl jede Stunde Wartezeit auf die richtige Therapie die Überlebenschancen des Patienten drastisch verschlechtert, müssen Mediziner mit den derzeitigen Methoden bis zu drei Tage warten, bis sie wissen, welches Bakterium die Infektion auslöst und welche Medikamente dagegenwirken. Die Fortschritte der Mikrobiologie haben dazu geführt, dass sich Sepsissymptome heute auch mit POCT messen lassen. So bietet etwa der Hersteller Radiometer einen solchen Schnelltest, der die schnelle Diagnose und Behandlung unterstützt. Er dient der Früherkennung einer Sepsis in Notaufnahme und Intensivstation und soll die Diagnosezeit nach eigenen Angaben auf unter 21 Minuten verkürzen. „Heute können sie die Nukleinsäuren der Infektionserreger direkt analysieren, das ist erheblich genauer, mit einer unheimlich guten Spezifität. Das ist der Bereich, der jetzt gangbar gemacht wird von den POCT Geräten.

Ein echtes Zentrallabor mit einer guten Mikrobiologie stellt fast die Ausnahme in der Deutschen Kliniklandschaft dar. Daher sind gerade sie heute auf dem Vormarsch“, so der Vorsitzende der Arbeitsgruppe POCT der Deutschen Gesellschaft für Klinische Chemie und Laboratoriumsmedizin (DGKL), Peter Luppa. In Sachen Infektionserregererkennung gibt es im Zuge des mikrobiologischen Fortschritts auch POCT, mit denen sich neben Influenza, Typhus, Malaria-Erregern oder Dengue-Fieber sogar Krankenhauskeime wie MRSA und Antibiotikaresistenzen diagnostizieren lassen. Sie sind nicht nur für den Einsatz im Krankenhaus, sondern auch für Entwicklungsländer sehr hilfreich – denn dort existiert die Alternative in Form eines gut ausgestatteten Zentrallabors eher selten.

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