Reha unter Corona-Bedingungen stelle so manche Klinik vor große Probleme, bestätigt Christian Wallwiener, Geschäftsführer der Unternehmensberatung WMC Healthcare in München – „vor allem aus den Reihen der kleineren Gruppen“. Der deutsche Reha-Markt ist stark fragmentiert, viele Anbieter haben nur ein bis drei Häuser. Hinzu kommt die Sorge vor einer neuen Welle: „Viele sind unsicher, ob sie das noch einmal schaffen könnten.“ Die Anbieter haben versucht, Kosten zu reduzieren und dabei teilweise auch Personal abgebaut – „vor allem in nicht-medizinischen Bereichen“, sagt Wallwiener.
Mit Blick auf die Politik halte er bei bestimmten, für die Versorgung notwendigen Angeboten auch eine Art Sicherstellungszuschlag wie bei den Krankenhäusern für denkbar – zumindest zeitweise, „denn dieser Teil der Versorgungskette darf nicht wegbrechen“. Grundsätzlich allerdings wird jetzt umso deutlicher, dass notwendige Änderungen zu wenig vorangetrieben wurden. Reha in Deutschland laufe noch zu sehr traditionell ab, sagt Wallwiener und denkt an mehr ambulante Reha und telemedizinische Lösungen. „Die neuen Angebote müssen zügiger entwickelt und umgesetzt werden – auch mit Anreizen der Kostenträger.“ Für ihn ist absehbar, „dass 20 bis 30 Prozent der stationären Kapazitäten in der Zukunft so nicht mehr bestehen, sondern stattdessen in neue Konzepte fließen könnten“.
Digitale Reha-Lösungen
Für die Branche heißt das, sie muss umdenken und auch investieren – in neue Raumstrukturen für Gruppenkonzepte zum Beispiel, aber vor allem in das Thema Digitalisierung. Für die Begrüßung der Patienten oder abendliche Vorträge etwa bieten sich digital aufbereitete Beiträge an, sagt Mediclin-Vorstandschef Volker Hippler. Zudem arbeite sein Unternehmen intensiv an digitalen Reha-Lösungen. An einem Standort mit orthopädischem Behandlungskonzept etwa sei die Therapie aufgezeichnet worden, die Patienten sehen ihre Übungen jetzt auf Bildschirmen in ihren (Einzel-)Zimmern. Derweil gehen Therapeuten von Raum zu Raum, um die therapeutischen Maßnahmen zu begleiten, beschreibt Hippler: „Diese Interaktion sorgt für ein Gruppengefühl und damit für mehr Normalität.“ Auch an Apps für die Nachbetreuung der Patienten werde gearbeitet. Wichtig sei, all das langfristig zu denken, betont Hippler: „Nur so schaffen Rehakliniken den Weg in eine neue verantwortungsvolle Normalität.“
Telemedizin in der Nachsorge steht bei Median jetzt ebenfalls auf der Agenda. „In der Krise haben wir schnell dazugelernt“, sagt André Schmidt. Zudem seien vorhandene Systeme hochgefahren worden – etwa ein App-basiertes Training, das vor der Krise nur in ausgewählten Einrichtungen im Einsatz war. Innerhalb weniger Wochen sei es in allen Median-Kliniken verfügbar gewesen. „Außerdem haben wir diverse Vortragsinhalte als Videos auf unserer Onlineplattform für Patienten bereitgestellt“, erklärt Schmidt: „Hiervon werden wir auch dauerhaft profitieren.“
Verstärkte Zusammenarbeit
Mittelfristig gelte es jetzt, Rentenversicherungsträger und Krankenkassen von den neuen Ideen zu überzeugen, betont Mediclin-Chef Hippler. Mit der bisherigen Vergütung weiterzuarbeiten, sei jedenfalls keine Lösung. Für sein Unternehmen habe es sich zudem bewährt, nicht zu viel anzubieten, sondern sich auf einige Stärken zu konzentrieren. Mediclin fokussiere sich in seinen 36 Kliniken auf die Themen Herz, Kopf, Alter und Bewegung – und setze auf die Kombination von Akut- und Rehabilitationskliniken, sagt Hippler: „Davon profitieren wir jetzt.“
Auch VNR-Vorstand Hemken sieht bei aller Brisanz der Lage etwas Positives. Die Pandemie habe die Branche „aus dem Nischendasein mehr in die Öffentlichkeit gerückt“, sagt er. Dabei erlebte er die Zusammenarbeit mit anderen Geschäftsführern und den Verbänden „als sehr positiv“ – gerade als es darum ging, den Rettungsschirm auf die Reha auszudehnen: „Wir haben bewiesen, dass wir eine Stimme haben und zusammenstehen – und das wird auch erhalten bleiben.“
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