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Zwischen Leben und TodWarum in der Charité Psychologen auf Intensivstationen helfen

In Krisen stehen Charité-Psychologinnen auf Intensivstationen Patienten, Angehörigen und Mitarbeitenden unterstützend zur Seite. Gemeinsam mit den Unikliniken Magdeburg und Ulm erforscht die Charité den Effekt des Pilotprojekts auch wissenschaftlich.

Dr. Laurence Erdur
Charité
Die Psychologin Dr. Laurence Erdur arbeitet 20 Stunden pro Woche auf einer Intensivstation der Charité.

Für die Unterstützung von Betroffenen, Angehörigen und Mitarbeitenden hat sich der dauerhafte Einsatz von Psychologinnen auf den Intensivstationen der Charité nach drei Jahren bewährt. Nachdem das Pilotprojekt Anfang 2020 zunächst mit einer Psychologin gestartet habe, hätten mittlerweile fast alle Intensivstationen eine Psychologin fest im Team, sagt Prof. Matthias Rose, Direktor der Medizinischen Klinik mit Schwerpunkt Psychosomatik an der Charité. Insgesamt seien acht Frauen auf je einer Station tätig.

Forschungsprojekt mit den Unikliniken Magdeburg und Ulm

„Den Effekt, den wir in der klinischen Arbeit spüren, möchten wir nun auch wissenschaftlich nachweisen“, so Rose. Deswegen untersucht die Charité die Wirksamkeit des Pilotprojekts seit Anfang des Jahres in einem gemeinsamen Forschungsprojekt mit den Unikliniken in Magdeburg und Ulm. Rose ist Projektleiter des Berliner Standorts.

Dass Psychologen und Psychologinnen als feste Mitarbeitende auf Intensivstationen arbeiten, ist in Deutschland nach Charité-Angaben bislang nicht die Regel. Das Projekt wird durch den Innovationsfonds des Gemeinsamen Bundesausschusses für drei Jahre bis Ende 2025 mit insgesamt rund 1,4 Millionen Euro gefördert.

Bislang zahlt die Charité das Gehalt der Psychologinnen aus eigener Tasche – so auch das von Laurence Erdur, die seit Beginn des Projekts mit dabei ist. Die Psychologin arbeitet 20 Stunden pro Woche in der internistischen Intensivstation des Charité Campus Virchow-Klinikum. „Die Intensivstation ist ein sehr spezielles und potenziell sehr belastendes Umfeld. Es geht ja immer um Leben und Tod“, sagt Erdur. Mit den Patienten arbeite sie etwa daran, bedrohlich wirkende Situationen anders wahrzunehmen. „Das soll zum Beispiel dazu führen, dass das laute Piepen der Maschinen nicht mehr als ängstigend wahrgenommen wird, sondern als etwas, das Sicherheit schafft.“

Und auch das medizinische Personal ist dankbar, dass die Psychologin da ist.

Den Großteil ihrer Arbeit machten aber die Gespräche mit den Angehörigen aus. „Manche davon sind wirklich in einer psychischen Krise. Die können gar keinen klaren Gedanken mehr fassen.“ Daher ginge es in den Gesprächen mit Ehepartnern, Kindern oder Eltern oft erst einmal darum, Orientierung zu schaffen: Wie geht es weiter? Wie können die Angehörige entlastet werden? Wer kann sich mal um die Kinder kümmern? Und auch das medizinische Personal ist dankbar, dass Erdur da ist. „Das sind Stress-Profis“, sagt die Psychologin. Aber auch Mitarbeitende könnten an ihre Grenzen kommen.

Die vergangenen drei Jahre hätten gezeigt, dass die Arbeit der Psychologinnen von unschätzbarem Wert sei, sagt Rose. „Wir haben den Eindruck, nun genug Erfahrung gesammelt zu haben, um das Konzept auf andere Kliniken ausweiten zu können.“

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