
Ärztliches Personal, Pflegekräfte, Technische Angestellte, Seelsorger: Welche Schutzfaktoren können den Klinikbeschäftigten helfen, mit Belastungen wie denen während der Covid-19-Pandemie umzugehen? Das haben die Bonner Wissenschaftler mit einer Online-Befragung an den Universitätskliniken Bonn, Erlangen, Ulm, Dresden und Köln sowie weiteren deutschen Kliniken untersucht.
Als besonders wichtig stellte sich dabei das Gefühl heraus, dass das Leben sinnvoll ist und Herausforderungen verständlich eingeordnet werden können – in der Fachsprache ausgedrückt: die empfundene Kohärenz. Je ausgeprägter das Kohärenzgefühl bei den Beschäftigten war, desto seltener litten sie unter psychischen Symptomen.
Forscher empfehlen zeitnahe Information als Schutz
Für den Umgang mit künftigen Krisen wie der Covid-19-Pandemie ergeben sich daraus einige wichtige Schlussfolgerungen, erklärt Prof. Dr. Franziska Geiser, Direktorin der Klinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie am Universitätsklinikum Bonn: „Je komplexer die Situation, desto besser müssen wir kommunizieren“, betont sie.
Zwar ließen sich Unsicherheiten und auch Widersprüche, zum Beispiel bei Schutzmaßnahmen oder Behandlungsabläufen, in einer neuen Situation wie der Pandemie nicht vermeiden. Doch je besser den Beschäftigten erklärt werde, „warum dies so ist, und je mehr persönlichen Sinn sie in ihrer Arbeit erleben, desto besser können sie damit umgehen“. Zeitnahe Information sei deshalb elementar, betont Geiser. Und diese Information solle nicht in eine Richtung erfolgen: „Es ist wichtig, in einen Dialog zu treten, der auch Rückfragen und die Rückmeldung von Bedenken zulässt.“
Als weiteres Ergebnis der Studie empfiehlt Geiser, das Augenmerk nicht nur auf die Intensivstationen zu richten. In Situationen wie der Pandemie seien nicht nur sie belastet. „Wir müssen auch diejenigen stärken, die vielleicht nicht so sehr im Rampenlicht stehen, sondern als Helfer im Hintergrund häufig vergessen werden“, betont Geiser. Laut Studie litten die medizinisch-technischen Angestellten (MTA) in den Untersuchungsbereichen, der Radiologie und den Laboren am stärksten unter den psychischen Folgen der Pandemie. Und auch die Seelsorger gaben einen Anstieg der Belastung an.
Mehr als 20 Prozent mit ausgeprägten Depressions-Symptomen
Die Forschenden hatten von April bis Juli vergangenen Jahres, also während der ersten Covid-19-Pandemiewelle, Beschäftigte im Gesundheitswesen online befragt und mehr als 4300 ausgefüllte Fragebögen ausgewertet. Gut 80 Prozent der Teilnehmenden arbeiteten zum Zeitpunkt der Erhebung in Krankenhäusern, elf Prozent am Uniklinikum Bonn. Sie sollten unter anderem angeben, wie sehr sie sich aktuell und vor der Umfrage durch ihre Arbeit belastet fühlten und wie oft sie unter Depressions- und Angstsymptomen litten. Zudem wurden drei mögliche „Resilienzfaktoren“ erhoben, von denen man annimmt, dass sie gegen psychische Folgen von Stress schützen: soziale Unterstützung, Religiosität und Kohärenzgefühl.
Jeweils mehr als 20 Prozent der Befragten gaben Depressions- oder Angstsymptome in einem behandlungsbedürftigen Ausmaß an. „Die Werte liegen höher als in früheren Untersuchungen bei Ärzten und Pflegepersonal“, erklärt Geiser: „Wir können also von einer Zunahme in der Pandemie ausgehen.“





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